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Brauer, Ludolph [Hrsg.]; Mendelssohn Bartholdy, Albrecht [Hrsg.]; Meyer, Adolf [Hrsg.]
Forschungsinstitute, ihre Geschichte, Organisation und Ziele (2. Band) — Hamburg: Paul Hartung Verlag, 1930

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Betz, Albert: Das Kaiser Wilhelm-Institut für Strömungsforschung, verbunden mit der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.57254#0267

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Seit dem Ende der Inflation hat das Institut wieder neuen Aufschwung genom-
men. Im Juli 1925 konnte die Anstalt, die bisher im wesentlichen auf Windkanal-
versuche, insbesondere für flugtechnische Zwecke, beschränkt war, zu einem das
ganze Gebiet der Strömungsvorgänge umfassenden Forschungsinstitut erweitert
werden. Das Projekt einer solchen Erweiterung des Instituts und seiner Aufgaben
bestand bereits vor dem Kriege. Es war dann auch mehrmals seiner Verwirklichung
nahe, wurde aber immer wieder durch die Ungunst der Zeitverhältnisse vereitelt.
Als Prof. Prandtl im Jahre 1923 einen Ruf an die Technische Hochschule
München erhielt, gelang es endlich den Bemühungen der Kaiser Wilhelm-Gesell-
schaft, die erforderlichen Baugelder für dieses Projekt zur Hälfte vom Reich, zur
Hälfte von einem privaten Gönner zu erhalten.
Das Laboratoriumsgebäude für diesen neuen, der allgemeinen Strömungs-
forschung dienenden Teil des Instituts enthält in zwei Geschossen übereinander ein
Wasserlaboratorium und ein Luftlaboratorium; an beide grenzt ein durch zwei Ge-
schosse gehender Apparateraum. Im Vorderhaus befindet sich noch außer Verwal-
tungsräumen, einem Hörsaal und einer Werkstätte ein „rotierendes Laboratorium“.
Da die Inanspruchnahme des Instituts, insbesondere der Windkanalanlagen,
durch Industrie und Behörden nach Beendigung der Inflation außerordentlich zu-
nahm, machte sich bald ein dringendes Bedürfnis nach weiteren Anlagen geltend.
Es war daher dankbar zu begrüßen, daß das Reichsverkehrsministerium Mittel zum
Bau eines neuen Windkanals zur Verfügung stellte. Dieser wurde in den Jahren
1926/27 erbaut. Bei seiner Konstruktion wurden hauptsächlich die besonderen An-
forderungen berücksichtigt, die sich bei der Untersuchung von Flugzeugpropellern
ergeben. Der Strahldurchmesser ist durch Verwendung verschiedener Düsen in den
Grenzen von etwa 1 m bis 1,5 m veränderlich. Dabei ergibt die eingebaute Leistung
von rund 200 PS Windgeschwindigkeiten von etwa 50 m/sek bei der größten und
etwa 75 m/sek bei der kleinsten Düse. Außerdem besteht bei dieser Anlage die Mög-
lichkeit, den ganzen Windkanal luftdicht abzuschließen und auf etwa x/4 Atmo-
sphäre zu evakuieren, so daß die Versuche in verdünnter Luft stattfinden können.
Dies ist für manche Versuche erwünscht und bietet außerdem die Möglichkeit, die
Geschwindigkeit bei gleichbleibender Motorleistung noch weiter zu erhöhen (auf
etwa 120 m/sek). Diese hohen Windgeschwindigkeiten sind für manche Propeller-
versuche nötig, da die Spitzengeschwindigkeit der Propefierflügel vielfach in der
Nähe der Schallgeschwindigkeit (330 m/sek) liegt und hierbei besondere Erschei-
nungen auftreten, die nur durch Herstellung der wahren Flug- und Umfangs-
geschwindigkeiten erforscht werden können.
Wie schon aus dieser geschichtlichen Entwicklung hervorgeht, liegt das Schwer-
gewicht der Forschung auf flugtechnischem Gebiete. Die hier auftretenden Auf-
gaben haben sich aber im Laufe der Zeit ziemlich verändert. In der allerersten Zeit
interessierten hauptsächlich die Luftschiffe. Aber bald überwogen die bei Flug-
zeugen auftretenden Fragen. Hier war es zunächst die Untersuchung der Flügel-
eigenschaften — Auftrieb, Widerstand und Kraftangriffspunkt —, die das Haupt-
arbeitsgebiet der Anstalt ausmachte. Insbesondere während des Krieges konzen-
trierte sich das Interesse auf dieses wichtige Gebiet im Zusammenhang mit der
starken Bewertung, die die praktischen Forderungen großer Steiggeschwindigkeit
und großer Gipfelhöhe erfuhren. Lleute hat das Interesse an Flügelmessungen

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