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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 10.1918

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Heft 5/6
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Der Kunstmarkt - Versteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24428#0106

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DER KUNSTMÄRKT — Versteigerungen

Bevorftehende Verweigerungen

DIE VERSTEIGERUNG DER SAMM-
LUNG WILHELM GUMPRECHT Mit

der Sammlung Wilhelm Gumprechts, die am
21./22. März durch P. CASSIRER und HUGO HEL-
BING in BERLIN verfteigert werden wird, ver-
fchwindet eine der eigenartigften Sammlungen
aus der Welt, eine Sammlung, wie fie nur ein
Sammler von Geblüt, der dazu ein Kauz war,
erstellen konnte. Das zeigt fich freilich nicht
in den Bildern, fondern im Kunftgewerbe; unter
den Bildern herrfchen die „foliden“, oft groß-
artig mufeumsartigen Stücke. Zeitlich zuerft [teilt
ein mächtiger lebensgroßer Männerkopf des
Flemaller Meifters, von [tärkftem Ausdruck. Daran
fchließt [ich ein dem Jan Scorel zugefchriebenes
Bildnis einer jungen Frau, das 1533 datiert ift,
eine Dar[tellung des Chri[tuskindes mit einer
Weintraube vom Mei[ter des Todes Mariä, ein
niederländifdies Männerbildnis von 1545 und,
faft als einziges italienifches Stück (neben einem
entzückend feinen Guardi) ein florentinifdhes
Frauenbildnis aus dem 15. Jahrhundert, für das
man einen recht hohen Namen herausgreifen
möchte, [o reizend ift es.

Den größten Raum nehmen die Holländer ein,
und hier führt Frans Hals und [eine Schule.
Von ihm felbft findet man ein kleines männliches
Bildnis feiner lebten Zeit, ein breit und groß
erfaßter Kopf. Seinem Schüler van Velfen, der
nicht nur in Privatfammlungen ein [eltner Gaft
ift, ift ein Gefellfchaftsbild zugefchrieben. Dem
gleichen Kreife fteht Duijfter nahe, von dem
Gumprecht eine prickelnde Vorftudie einer Figur
der Wachtftube des Louvre befaß. Auch Bild-
niffe find noch weitere vorhanden: vor allem
ein prachtvolles kleines männliches Bildnis von
Terborch, ein Frauenbildnis Moreelfes, zwei
Bildniffe, die Jakob Köninck figniert pnd, und
endlich eine alte Frau mit einer nicht ganz fieberen
Maesfchen Bezeichnung, die die neuere Forfchung
dem Adriaen Oftade gibt. Auch unter den Land-
fchaften find feltene Stücke zu verzeichnen. So
eine Winterlandfchaft des Seemalers Hendrik
Dubbels, eine große Landfchaft von Jan van
Reffe!, eine weitere von Ifaak von Oftade, zwei
Flachlandfchaften des Jan Vermeer van Haarlem,
ein Wouvermann, ein fehr fchöner Salomon
Ruijsdael, Arbeiten von J. v. Goijen und S. de
Vlieger. Unter den Stilleben feien zwei Arbeiten
von Simon Luttichius und ein Hermen Steenwijck
mit lebensgroßer Figur genannt.

Die füdlichen Niederlande vertreten zwei
Brouwer, die Raucher und die Trinker, eine
Landfchaft des Teniers und männliches Bildnis.

Sonderbarere Dinge bergen die anderen Ab-
teilungen. Zwar gibt fich die Plaftik noch ernft-
haft genug, mit der romanifchen Madonna zwi-
fchen Engeln, dem ftreng-gefpannten frühbur-
gundifchen Pulthalter und der niederdeutfehen
Madonna um 1400. Dazu gefelien fich noch als
gleichfalls ernfte Stücke hoher Kunft die als
Riemenfchneider angefprochene heilige Katha-
rina fowie der gleichfalls Riemenfchneider ge-
gebene Johannes, den die neuere Forfchung
indeffen lieber dem jüngeren Jörg Syrlin zu-
geteilt fehen möchte, endlich die Brüffeler Gruppe
von Kleinfkulpturen von der Wende des 15. Jahr-
hunderts, eine Anna felbdritt, eine Maria mit
Kind und eine lefende weibliche Heilige. Aber
bereits in der niederländifchen butternden Frau
und noch mehr in dem St. Crispinus meldet fich
die Bizarrerie, die die Porzellanfammlung Gump-
rechts gefchaffen hat. Neben dem üblichen
deutfehen Steingut, mit dem er feiner Zeit den
Tribut zahlte, und einigen ftarkfarbigen Delfter
Gefäßen enthält die Sammlung Tiere, perßfehe
Fayencekamele und andere Tierwefen, chineßfche
Hunde, Delfter Bajazzi und einen Dieb am Pranger
aus Fayence, und dann endlich die reiche Samm-
lung der Porzellanzwerge, die den Hauptbeftand
der Abteilung ausmachen, aus allen möglichen
Fabriken, Meißen und Wien, Höchft und Venedig.
Hier ift einmal wieder die Äuflöfung doppelt
beklagenswert, weil, wie die Dinge nun einmal
liegen, eine höchft perfönliche Auswahl zum
leblofen Sammelobjekt teilweife äußerlich inter-
effierter Kreife werden wird.

AMSTERDAM Auf den 12. März hat die
Firma Ä. MAK ihre zweite Amfterdamer Ver-
weigerung angefetjt, in der Werke neuerer Meifter
ausgeboten werden füllen. Unter ihnen wird
vor allem Jofef Israels vertreten fein mit fechs
belangreichen Bildern, die alle längere Zeit als
Leihgaben in Mufeen gehangen haben, wovon
fünf in Groningen, das fechfte, „Am Spinnrad“,
im ftädtifchen Mufeum in Amfterdam. Außerdem
follen Werke von M. Bauer, Ä. Mauve, Ifaac Is-
raels, J. S. Kever, Willem und Jacob Maris,
L. Äpol, W. Witfen, J. Weißenbruch u. a. ver-
kauft werden. O. H.

BERLIN Am 19. März 1918 findet unter Lei-
tung von RUDOLPH LEPKE und HUGO HEL-
BING im Lepkefchen Haufe die Verfteigerung
der Gemäldegalerie des Barons Albert
von Oppenheim-Köln ftatt, über die wir
ausführlich in unferem vorigen Hefte berichtet
haben. Für den Mai kündigen PAUL CASSIRER
und HUGO HELBING die Verfteigerung der be-

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