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Heidelberger Volksblatt (9) — 1876

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Nr. 9 - Nr. 16 (2. Februar - 26. Februar)
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36

D'r Nagglmaier.

E keſchtlich Schtylbreeb-
che vumme Ultramontane,
Männer! D'r Redacteer
d'r Werzburger Zeitung
hott neemlich kerzlich fol-
gend ſchmeichelhaft Briefl
zug'ſchickt kricht, natirlich
anonym. Es folgt hier-
mit zur allgemeine Er-
bauung un laut: „Gelobt
ſei Jeſus Chriſtus! In
Ewigkeit! Amen! An den
Redacteur und liberalen
Sauhund, Freimaurer,
Stinkpreuß, Jüd, Doktor,
Schlageter! Sie lumpi-
ger Menſch, Atom von
einem Wurm, erfrechen ſich
in Ihrem Saublatt im-
mer unſere hochwürdige
römiſche katholiſche Geiſt-
lichkeit anzugreifen, weil ö
ſie feſt und unerſchütterü = S
lich zu unſerem geliebten heiligen Vater ſtehn. Es iſt
eine infame Lüge und Niederträchtigkeit zu ſagen, unſere
hochwürdige Geiſtlichkeit müſſe geläu'ert werden, damit
ſie nicht mehr und mehr in die Fußtapfen der ſchlechten
Beiſpiele trete. Ihr liberalen Eſel ſeid es, die ſolche
nichtsnutzige Lüge in die Welt ſagen. Aber wartet nur,
wir werden Euch verſtockten Sündern noch das Fell ver-
ſohlen! Euer ſogenanntes „deutſches jüdtſches Reich“
wird noch der Teufel holen, von dem es kommt und zu
dem es zurückkehren wird. Ihr elende Sodomiter habt
im Jahr 1870 die edle franzöſiſche Nation durch Be-
trug und Verrath niedergeworfen, aber ſie wirr's „Euch
preuhziſchen Hundeſeelen“ wieder zurückgeben. Noch lebt
der allmächtige Gott, er wird Euch ſchon eintränken, die
Ihr nur an die lebendige Affenſeele glaubt. Ihnen aber

ſchlagen wir noch eines Tages Ihre giftige Zunge zum

Rachen hinunter, daß ſie bis in den Magen hinabfährt.
Sie Judas Iſchariot, der Sie den Herrn Jeſu tagtäg-
lich mehr als 30 Mal verrathen. Sie wollen das „hei-
lige Herz Jeſu“ 4 4 angreifen ??? O, Sie nieder-
trächtiger Böͤſewicht und gottloſer Sünder! Sie elender,
winziger Knirps, der Sie kaum über den Tiſch ſehen
können, Sie wollen in den Himmel ſehen! Sie wollen
das Herz unſeres Heilandes, das für uns am Kreuze
gelitten und geblutet, in das lodomitiſche Weltgetümmel
herabziehen! Das wird Ihnen Belzebub nicht gelingen,
dafür Sie aber die Strafe des Himmels treffen. Noch
haben wir in Baiern chriſtliche Männer genug, die es
mit Euch teufliſchem Geſindel aufzunehmen vermögen.
Wir fürchten uns nicht vor Euch, denn Euer Reich iſt
das Reich des Tenfels und hat nichts mit Gott zu
thun. Ihr werdet nicht nur in der Hölle dereinſt bra-

ten, ſondern auch hier auf Erden. Unſer heiliger Vater
Pius, dem Gott ſo ſichtlich die Herrſchaft über die irdi-
ſche Welt in die Hand gegeben hat, wird doch noch den
Triumph erleben, dieſes „ſanatiſche deutſche Reich“ zu
ſeinen Füßen liegen zu ſehen, dann lommt aber die Strafe
für Euch Hundeſeelen, ob Ihr nun „aieriſche Stink-
preuße“ oder echte „Satanspreuße“ ſeid. Das „heilige
Herz Jeſu“ wird dann triumphiren, dann es wird nicht
mehr dieſes „teufliche Gelichter“ ſeiner frommen Heerde
unficher machen ſehen. Der Satan hole Sie einſtweilen,
in der Hoffnung, daß Sie 20 Jahre Zuchthaus bekom-
men für Ihre Frevel! Dies wünſcht Ihnen von Her-
zen Ein Ultramontaner.“ *
Deutlicher kann ma gewiß nit redde, Männer! Es
is e Glick, daß unſer liewer Herrgott dafor g'ſorgt, daß
die Beem un die Ultramontane nit bis in de Himml
wachſe! — Soviel for heit for die Männer! — For
die Weiwer herrgege haw ich folgend hibſch Gedichtl
uffgegawlt. Was ich mit ſage will, kann ſich e jedi
an de finf Finger abzähle. Es laut:

Vertrieb ich voll Verbiſſenheit
Die Magd mit zorn'gen Flüchen,
Mit größerer Befliſſenheit
Umſorgt mich doch Mariechen.
Sie mahlt den Kaffee Loth fuͤr Loth
Und hurtig kreist das Rädchen.
Ja, oft gibt's warmes Abendbrod.
Und — Alles ohne Mädchen!

Sie waltet emſig ſpät und früh,
Sie läßt an Nichts es fehlen.
Ach, jüngſt ſah ich Kartoffeln ſie
Höchſteigenhändig ſchälen.
Sie kocht das Rindfleiſch mir fuͤrwahr
Kein Suschen, Lieſel, Käthchen.
Nie frag' ich mehr: Warum nicht gar?
Und — Alles ohne Mädchen!

Mag Mittag den Salaten ſie
Die letzte Oelung ſpenden —
Ach, oder mag den Braten ſie,
Verſtändnißmäßig wenden,
Sie all ihr Schaffen mich begluͤckt,
So liebt kein Fauſt ſein Oretchen.
Erſt heut' hat Haſen ſie geſpickt!
Und — Alles ohne Maͤdchen!

D'rum drängt es mich, dem Lieb zum Lohn
Dies Jubellied zu ſingen
Ich ſah ja zwei Cylinder ſchon
Vor lauter Freude ſpringen!

Beim Morgenro.h, beim Lampenſchein,
Die Wirthſchaft geht am Fädchen.
„Nicht jede Hausfrau hält ſo reln “.
Und — Alles ohne Mädchen

Druck, Verlag und für die Redactton verantwortlich: G. Geiſendörfer.
 
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