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Heidelberger Volksblatt (9) — 1876

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Nr. 9 - Nr. 16 (2. Februar - 26. Februar)
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ſo arm iſt, wie es ſcheint — wenigſtens nicht ſein braucht“,

murmelte ſie vor ſich hin. „Ich fürchte, er iſt ein Aben-
teurer, wie ſie aus Böhmen oft genug herüberkommen.“
„Ich verſtehe Dich nicht!“ Obgleich daran gewöhnt,
u ſchweigen, wenn die Mutter ihr unverſtändliche Dinge

prach, war Benigna von ihren Worten doch zu über-

raſcht, um auch jetzt ſtumm zu verharren.
Jene wendete ſich ab und ſagte kaum hoͤrbar: „Der
Ritter von Vohtal! Ein Wort nur koſtet's und — Dich
Aumgibt Wohlleben. Es war Wahnſinn und zugleich Fre-
vel an Dir, daß ich Alles ablehnte.“
Einen Moment leuchtete es wie ein Freudenſchimmer
über Benigna's Antlitz. Er erloſch jedoch ſogleich. Lang-
on verſetzte ſie: „Wenn Wohlleben Dich erheitern
nute —“
Heftig ablehnendes Kopfſchütteln der Mutter unter-
brach ſie. ö ö
„Mich reizt es nicht. Habe ich mich je über die
Armuth beklagt? Daß Du keinen Lohn nahmſt für die
Pflege Engelbrechta's lobe ich — dieſe war ja einfach
Deine Pflicht. Denke alſo nicht weiter daran.“
Das Chaos im Innern der Frau ſchien ſich einiger-
maßen zu ordnen. Sie wurde offenbar ruhiger, wie
ſtets nach einer Aeußerung Benigna's, die Zufriedenheit
mit ihrem Geſchick bekundete.
„Gott!“ Ein finſteres Lächeln überflog ihr Geſicht.
Aber ſie kleidete es nicht in Worte, was ſie dachte.
Erſt nach einer Pauſe fragte ſie beklommen und
zögernd: „Du warſt im Hauſe als er ankam. „Haſt
Du — ihn geſehen?“

Benigna bejahte durch eine Kopfbewegung, während

ein lichtes Roth in ihre Wangen ſtieg. Daß er ſie für
ſeine Tochter gehalten, mochte ſie nicht erwähnen — es
hätte die Mutter vielleicht gekränkt.
Feſt hefteten deren Augen ſich auf ſie.
— wie gefällt er Dir ?“
Die Wahrheit ließ ſich nicht umgehen, da ſie dar-
nach gefragt worden. „Gut, Mutter“, antwörtete ſie
hafiß na urcſer err Hend
„O natürlich!“ er Ausruf war ihr gegen ihren
Willen entſchlüpft. Tief ſenkte fie den Kepf um den
Ausdruck ihres Geſichtes zu verbergen und preßte feſt
die Hände ineinander. „Er iſt an meinem Unglück
ſchuld!“ ſtöhnte ſie verzweiflungsvoll.
A„Nicht abſichtlich, nicht einmal wiſſentlich, Mutter,
Dir ziemt alſo kein Groll“,
er K. Hupfh auch gelitten.“
rampfhaft lachte ſie auf. „Nicht abſichtlich, nicht
wiſſentlich —-? Hahaha! Das m meelic wahrl
Der Eintritt eines Engernſteiniſchen Dieners been-

dete die Unterhaltung. Er brachte Leckerbiſſen v
zeitsſchmauſe. ſenen Lon

„Und wie

(Fortſetzung folgt.)

Lſtrl. pro Abend zur Miethe offerirt.

mahnte das Mädchen. „Und

Bermiſchtes.

(Ein uuntzbringen des Thier.) Jamrach,
der große Händler mit wilden Thieren in Lon don, hat
neulich ein ſehr gutes Geſchäft gemacht. Als die „Reiſe
um die Welt in 80 Tagen“ im Theater Port St. Mar-
tin in Paris zur Auffüͤhrung kommen ſollte, wendete ſich
M. Larochelle, der Director des Theaters, an Herrn
Jamrach um eiuen Elephanten, der auf den Brettern
figuriren ſollte. Ein kleiner Elephant wurde für 240
Lſtrl. zum Kaufe, oder gegen eine Entſchädigung von 2
M. Larochelle
lehnte es ab, den Elephanten zu kaufen, da er nicht
wußte, was damit anzufangen, wenn das Stück ſeine
Anziehungskraft verloren habe, und er willigte ein, die
2 Lſtrl. pro Tag zu zahlen. Aber viel beſſer würde er
daran gethan haben, wenn er die Beſtie ſofort gekauft
hätte, denn die „Reiſe um die Welt“ wurde hinterein-
ander 400 Male gegeben, ſo daß Herr Jamrach für das

miethweiſe Ueberlaſſen des Elephanten 800 Hſtrl. ein-

ſtrich.

(Gibtes einen Teufelodernicht?) Dem
gerichtlichen Ausſchuß des geheimen Rathes in England,
der höchſten Berufungsinſtanz für alle Kirchenangelegen-
heiten, liegt gegenwärtig ein Fall zur Entſcheidung vor,
der für die Menſchen ſowohl wie — für den Teufel von
gleich großer Wichtigkeit iſt. Ein Herr Jenkins in Lon-
don, ein Pfarrkind des hochw. Herrn Flavel Smith
Cook, war nach tiefem Studium zu der Ueberzeugung ge-
langt, daß die Perſönlichkeit des Teufels mit Hörner,
Schwanz, Pferdefuß und ſonſtigem Zubehör in das Reich
der Mithe zu verweiſen ſei und hatte dieſer Ueberzeu-
gung in Schrift und Wort offen Ausdruck gegeben. Auch
die Ausſagen ſeiner Frau ließen dem Pſarrherrn keinen
Zweifel über Herrn Jenkins' Ketzerei und er beſchloß,
demſelben das Abendmahl zu verweigern, bis Herr Jen-
kins dem Teufel die Genugthung widerfahren laſſen, zum
Glauben an ſeine höͤlliſche Perſönlichkeit zurückzukehren.
Alle niederen Inſtanzen haben für den Pfarrherrn und
für die Perſon des Teufels entſchieden. Was wird der
gerichtliche Ausſchuß des geheimen Staatsrathes thun?
Wird er den Glauben an eine ſataniſche Majeſtät für
nothwendig befinden? Und welchem Teufel wird er den
Vorzug geben? Dem gemeinen, volksthümlichen, ſchwefel-
dunſtigen Teufel mit den Fledermaus⸗Schwingen, oder
dem poetiſchen Teufel des Milton? Oder wird er ſich
mehr zu dem uns geläufigen Mephiſtopheles hinneigen,‚
und damit eine Art Mittelweg einſchlagen? Die naͤchſte
Zukunft muß die Beantwortung dieſer Fragen bringen,
und der Teufel, wenn ihm die Anſichten der Menſchheit
nicht gleichgiltig ſind, kann nicht ohne Unruhe dem Ur-
theilsſpruche entgegenſehen.
 
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