6⁰
deitſche Weltgegende, wie mer in d'r Zeitung leeſe. Un
uff jeden Brief, uff jed Telegramm e Antwort zu gewe!
Heeß ich e Arweit g'ſchafft uff'n Geburtsdag! Un jetzt
kumm ich, im Naame d'r ganze „freehliche Palz, Gott
erhalts“, aach noch hinnenooch un gratlier! Per Exempl:
Unſer badiſcher Landsmann meeg noch fufzig Johr, trotz
„einſchmeichelnder Gicht“, ſo fortſinge un zwar nit alleen
ſor fideele Zechbrieder, ſondern aach for unſer hibſch
G'ſchlecht! Ja! Dann wie mer wiſſe, hott'r bis dato
nit alleen alte Ritterdrinklieder g'ſchriewe, ſondern aach
uns Weiwer un Meedle vun Roſe un Dorne verzählt!
D'r Victor Scheffel g'heert alſo nit alleen dem ſoge-
nannte ſchtarte, ſondern eewefogut aach dem ſogenannte
ſchwache un zarte G'ſchlecht! Un dernderwege erlaabt
lich heit aach eeni im Unnerrock, die alt Bittermaulin,
unſerm Jubilar zum „fufzigſchte Johr uff'm Kerbholz“
ihra beſchte Glickwunſch nooch d'r Reſidenz zu ſchicke.
Alſo wie geredd, ſo gebabblt, Herr Scheffel:
Ganz hinnenooch vun alle Gratulante,
Kumnên noch die Meedle, Weiwer un die Dante,
Un gratulire aus d'r ganze Palz,
Un kiſſe Dich un fall'n d'r um de Hals!
Noch ſufzig ſo, Herr Joſeph Victor Scheffl
— Bardon! Deß von bring ich in's Vermoos nit —
Noch fufzig ſo, beim volle Glas un Leffel,
Un noch recht oft fideel bein „Piff“ un Schnitt“.
Aach uff die „Flaſch“ meintwege nit verzicht,
Dann 's is im „Leewe häßlich eingericht!l
For eich, ihr Herrn, daß ey'd'r's eich verſeht,
E volles Glas gleich widder lerr doſchteht.!
Doch aach viel g'ſchriewe noch dabei un g'ſunge,
Mir haw'n ken Aanere der uns ſo gelunge
Vum Jonas ſingt beim Werrth im Wallfiſchbauch,
Der un bozahlt un — g'ſoffe wie'en Schlauch
Un ſo'n „Elkehard“ un ſo'n „Drumbeter ö
Vun/ Säckinge“ ſchreibt, glaaw ich, aach nit Jeder,
Ja, meiner Seel, 's wär ſchad geweßt davor,
Wenn Du als Advokat gemacht Dein Moor!
Dann hätt der Lump, der Herr von Rodenſtein
Um de verſoffene Kopp ke Glorieſchein! —
Alſo mir gradulire aus d'r ganze Palz!
D'r Scheffl eſſ' noch manchen Scheffel Salz!
Un brech dazu noch mancher Flaſch de Hals!
Dann norre ſo, deß lump'ge Leewe, halt's
„Behüt Dich Gott!“ un fallt d'r grad was ein u
So was for unſern Schlag, am Necker un am i9.
Oo ſchreibs! — mir ricke's aach dann in die Zeitung ein,
Un drinke druff e Gläsl Pälzer Wein! .
Uff ie Gratulatlon hott jetzt d'r Dichter Scheffel fol-
gend Briefl an die Mannemer Baas g'ſchriewe, Leitcher:
Liebe Mannheimer Stadtbas!
Ich denk' wir dürfen Du zu einander ſagen, denn
wir ſind über die Fünfzig hinaus. Aber gefreut hat's
mich doch, daß Da im Sonntagsſtaat und ſogar mit
Goldbrocat „zum Fünfzigſchte uff'm Kerbyolz“ ein gut
lieb Glickwunſchwort für mich gebracht haſt. Denn Ju-
biltren iſt ein ſchwer Stück Arbeit und der Judbilar
braucht Troſt. Es find aber drei ſchöne und wahrhaft
troſtreiche Tröſte aus der Pfalz zu dem Feſt an mich
gekommen, die ich allen Pfälzern nie vergeſſen werd',
und ich bitt Dich, wenn Du beim Kaffee auf das „Ju-
biläumzeppflechte“ zu reden kommſt, der ganzen Pfalz
für ihre Mitſchuld meinen Gruß zu ſagen, denn:
1) wär' die Räuberhöhl' in Mannheim nicht ſchon
vor 20 Jahren meinen Liedern eine gnte Gonnerin ge-
weſen, ſo hätten ſie ihren Weg in's „Weitere“ nicht ſo
ſchnell gefunden. ö ö
2) hätt' die alte Räubergarde von dannemals, Vin-
cenz Lachner und der ſtarke Baß vom alten Ditt mit
dem Perkeo und Enderle von Ketſch und Anderem die
Karlsruher Feſtverſammlung an 19. Februar in der
Turnhalle nicht ſo prachtvoll erheitert, ſo wär's hier
vielleicht „geräuſchloſer“ geblieben.
3), aber, und daran ſind die überrheiniſchen Lands-
leute ſchuld, hätten wir die „Männer von Neuſtadt uud
Deidesheim, — wenn Du mit dem Eduard Witter in
Neuſtadt darauf zu reden kommſt, ſo ſag's ihm nur —
nicht ebenſo wie einſt fünfundzwanzig, diesmal zum Ju-
biläum „volle fünfzig“ aufgezählt, und zwar „edel-
ſten 1865er Prälzer Ehrengabenwein“ in ſchlankhalſigen
blau und ſübern verkorkten Flaſchen, ſo häit ich heut'
einer Abſchiednehmenden Wiener Feſtdeputation nicht be-
merklich machen können, daß zwiſchen Ascalon, wo kein
Prophet geehrt wird, und der „fröhlichen Pfalz, Gott
erhalts“ ein Unterſchied iſt. —
Derſelbige Ezrenwein ſoll aber noch lang vorhalten
und ſo Du zum Caffé und lufrigen Gebabbel einmal
herüber kommſt, ſo zeig ich der alten Bitiermaulin gern
Etliches von den vielen ſchönen Feſtgaben, Albümern,
Bildern, Schauſtücken, bis zu Krügen und Pocalen von
einer „jedem Zeitalter haſſenswürdigen Größe“ und
kork' dann wieder eine von den blaufilbern geſiegelten
Fünfzig auf und ſag Euch Allen nochmals mit gerührtem
Herzen meinen innigen Dank. ö ö
Und wenn ich Euch, Verleger und Drucker, tüchtig
in Athem gehalten habe, ſo bedenket, daß „daß auch hat
ſchnaufen müſſen“
Euer und aller Pfälzer Gönner und Freunde
ganz ergebener Jubilarius
Joſeph Victor von Scheffel.
Carlsruhe, 22. Februar 1876.
Zur gefl. Beachtung.
Die Abonnenten vom „Heidelber ger Volks-
blatt“ erhalten den täglich erſcheinenden „Neuen
Hiridelberger Anzeiger“ gratis zugeſtellt.
Druck, Verlag und für die Redaction verantwortlich: G. Getſend drfer.
deitſche Weltgegende, wie mer in d'r Zeitung leeſe. Un
uff jeden Brief, uff jed Telegramm e Antwort zu gewe!
Heeß ich e Arweit g'ſchafft uff'n Geburtsdag! Un jetzt
kumm ich, im Naame d'r ganze „freehliche Palz, Gott
erhalts“, aach noch hinnenooch un gratlier! Per Exempl:
Unſer badiſcher Landsmann meeg noch fufzig Johr, trotz
„einſchmeichelnder Gicht“, ſo fortſinge un zwar nit alleen
ſor fideele Zechbrieder, ſondern aach for unſer hibſch
G'ſchlecht! Ja! Dann wie mer wiſſe, hott'r bis dato
nit alleen alte Ritterdrinklieder g'ſchriewe, ſondern aach
uns Weiwer un Meedle vun Roſe un Dorne verzählt!
D'r Victor Scheffel g'heert alſo nit alleen dem ſoge-
nannte ſchtarte, ſondern eewefogut aach dem ſogenannte
ſchwache un zarte G'ſchlecht! Un dernderwege erlaabt
lich heit aach eeni im Unnerrock, die alt Bittermaulin,
unſerm Jubilar zum „fufzigſchte Johr uff'm Kerbholz“
ihra beſchte Glickwunſch nooch d'r Reſidenz zu ſchicke.
Alſo wie geredd, ſo gebabblt, Herr Scheffel:
Ganz hinnenooch vun alle Gratulante,
Kumnên noch die Meedle, Weiwer un die Dante,
Un gratulire aus d'r ganze Palz,
Un kiſſe Dich un fall'n d'r um de Hals!
Noch ſufzig ſo, Herr Joſeph Victor Scheffl
— Bardon! Deß von bring ich in's Vermoos nit —
Noch fufzig ſo, beim volle Glas un Leffel,
Un noch recht oft fideel bein „Piff“ un Schnitt“.
Aach uff die „Flaſch“ meintwege nit verzicht,
Dann 's is im „Leewe häßlich eingericht!l
For eich, ihr Herrn, daß ey'd'r's eich verſeht,
E volles Glas gleich widder lerr doſchteht.!
Doch aach viel g'ſchriewe noch dabei un g'ſunge,
Mir haw'n ken Aanere der uns ſo gelunge
Vum Jonas ſingt beim Werrth im Wallfiſchbauch,
Der un bozahlt un — g'ſoffe wie'en Schlauch
Un ſo'n „Elkehard“ un ſo'n „Drumbeter ö
Vun/ Säckinge“ ſchreibt, glaaw ich, aach nit Jeder,
Ja, meiner Seel, 's wär ſchad geweßt davor,
Wenn Du als Advokat gemacht Dein Moor!
Dann hätt der Lump, der Herr von Rodenſtein
Um de verſoffene Kopp ke Glorieſchein! —
Alſo mir gradulire aus d'r ganze Palz!
D'r Scheffl eſſ' noch manchen Scheffel Salz!
Un brech dazu noch mancher Flaſch de Hals!
Dann norre ſo, deß lump'ge Leewe, halt's
„Behüt Dich Gott!“ un fallt d'r grad was ein u
So was for unſern Schlag, am Necker un am i9.
Oo ſchreibs! — mir ricke's aach dann in die Zeitung ein,
Un drinke druff e Gläsl Pälzer Wein! .
Uff ie Gratulatlon hott jetzt d'r Dichter Scheffel fol-
gend Briefl an die Mannemer Baas g'ſchriewe, Leitcher:
Liebe Mannheimer Stadtbas!
Ich denk' wir dürfen Du zu einander ſagen, denn
wir ſind über die Fünfzig hinaus. Aber gefreut hat's
mich doch, daß Da im Sonntagsſtaat und ſogar mit
Goldbrocat „zum Fünfzigſchte uff'm Kerbyolz“ ein gut
lieb Glickwunſchwort für mich gebracht haſt. Denn Ju-
biltren iſt ein ſchwer Stück Arbeit und der Judbilar
braucht Troſt. Es find aber drei ſchöne und wahrhaft
troſtreiche Tröſte aus der Pfalz zu dem Feſt an mich
gekommen, die ich allen Pfälzern nie vergeſſen werd',
und ich bitt Dich, wenn Du beim Kaffee auf das „Ju-
biläumzeppflechte“ zu reden kommſt, der ganzen Pfalz
für ihre Mitſchuld meinen Gruß zu ſagen, denn:
1) wär' die Räuberhöhl' in Mannheim nicht ſchon
vor 20 Jahren meinen Liedern eine gnte Gonnerin ge-
weſen, ſo hätten ſie ihren Weg in's „Weitere“ nicht ſo
ſchnell gefunden. ö ö
2) hätt' die alte Räubergarde von dannemals, Vin-
cenz Lachner und der ſtarke Baß vom alten Ditt mit
dem Perkeo und Enderle von Ketſch und Anderem die
Karlsruher Feſtverſammlung an 19. Februar in der
Turnhalle nicht ſo prachtvoll erheitert, ſo wär's hier
vielleicht „geräuſchloſer“ geblieben.
3), aber, und daran ſind die überrheiniſchen Lands-
leute ſchuld, hätten wir die „Männer von Neuſtadt uud
Deidesheim, — wenn Du mit dem Eduard Witter in
Neuſtadt darauf zu reden kommſt, ſo ſag's ihm nur —
nicht ebenſo wie einſt fünfundzwanzig, diesmal zum Ju-
biläum „volle fünfzig“ aufgezählt, und zwar „edel-
ſten 1865er Prälzer Ehrengabenwein“ in ſchlankhalſigen
blau und ſübern verkorkten Flaſchen, ſo häit ich heut'
einer Abſchiednehmenden Wiener Feſtdeputation nicht be-
merklich machen können, daß zwiſchen Ascalon, wo kein
Prophet geehrt wird, und der „fröhlichen Pfalz, Gott
erhalts“ ein Unterſchied iſt. —
Derſelbige Ezrenwein ſoll aber noch lang vorhalten
und ſo Du zum Caffé und lufrigen Gebabbel einmal
herüber kommſt, ſo zeig ich der alten Bitiermaulin gern
Etliches von den vielen ſchönen Feſtgaben, Albümern,
Bildern, Schauſtücken, bis zu Krügen und Pocalen von
einer „jedem Zeitalter haſſenswürdigen Größe“ und
kork' dann wieder eine von den blaufilbern geſiegelten
Fünfzig auf und ſag Euch Allen nochmals mit gerührtem
Herzen meinen innigen Dank. ö ö
Und wenn ich Euch, Verleger und Drucker, tüchtig
in Athem gehalten habe, ſo bedenket, daß „daß auch hat
ſchnaufen müſſen“
Euer und aller Pfälzer Gönner und Freunde
ganz ergebener Jubilarius
Joſeph Victor von Scheffel.
Carlsruhe, 22. Februar 1876.
Zur gefl. Beachtung.
Die Abonnenten vom „Heidelber ger Volks-
blatt“ erhalten den täglich erſcheinenden „Neuen
Hiridelberger Anzeiger“ gratis zugeſtellt.
Druck, Verlag und für die Redaction verantwortlich: G. Getſend drfer.