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Heidelberger Volksblatt (9) — 1876

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Nr. 18 - Nr- 25 (4. März - 29. März)
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D'r Nagglmaier

Unſer große neie Heiſer
an d'r Blanke ſchmunzle,
ſchreibt mer d'r Mannemer
„Lorenz“. Unſer Schtadt-
rooth hätt'n ke greeßer
Vergniege mache kenne, als
die Blankebeem zum Dod
zu verurdheile, die de Leit
die Ausſicht zu'n verſchberrt
hawe. Dann e nei Haus
is ſo eitl wie e Frauen-
zimmer — es will bedracht
ſein! — Bin ich nit hibſch
gebaut? Haw ich ke ſcheen
Reckl an? Un ſo weiter.
Korz: Was em e jung
hibſch Meedl mit de Aage
froogt, wann ma an eener
verbeigeht, deß froogt eem
aach e hibſch nei Haus mit
de Fenſchterſchbigglſcheiwe,
wann ma davor ſchtehn
bleibt. — De Arweits⸗ = ů —
lohn, den die Schtadt for's Umhacke d'r Blankebeem be-
zable muß, hätt ſe iwerigens ſchbaare kenne, wann ſe noch
e biſſl gewart haͤtt. Der große Arweiter mit d'r S chtorm-
kapp, der am Sunndagoowend die greeſchte Beem im
Schloßgarte wie Schtrohhalme umzeworfe, wär aach mit
denne alte morſche Kaſchtanniebeem in d'r Blanke fertig
worre, ohne die Rechnung dafor zu mache. Hott'r doch
ſogar wein Fraa, die gewiß e zäh Leewe hott, am Sunn-
dagoowend mit'm Henkkerwl am Arm, nit mehr wie drei-
mool an die Wand g'ſchmiſſe, ſo daß ſe, wie ſe heem-
kumme is, g'ſagt hott: Ich ſollt doch ſchnell mein Te-
ſchtament mache, die Welt gingt unner! — Unneethige
Schreiwerei, ſag ich. Ich leeg mich uff's Ohr, dann
kann's kumme, wie's will. — De annere Morge ſchteht
mein Fraa ſchunn an meim Bett, ua ſegt: ſchteh uff,
un geb mer mein Markgeld! — Deß war mer dann
deß ſicherſchte Anzeiche, daß die Welt noch g'ſchtanne
hott! Jawohlche! So lang die Weiwer noch unſer Geld
uff de Mark trage kenne, geht vie Welt nit unner, Män-
ner! So viel ſchteht feſcht! — Der eewige Siedweſt-
wind, der uns alle Dag Reege un nei Hochwaſſer bringt,
hätt iwerigens jetzt die heekſcht Zeit, emool uff e anneri
Seit zu ſchbringe. Dann wonaus vor Waſſer! Hawe
mer's doch jetzt ſchunn im Keller. Wann mein Fraa
Bohne hole will, ziehgt ſe immer e paar Rohrſchtiffl
vun mer an. So traurig mein Holz im Keller rum-
ſchwimmt, ſo koomiſch nimmt ſich mein Fraa in de Waſ-
ſerſchtiffl vorm Sauerkrautſchtenner aus. — Noch iwler
ſinn iwerigens unſer Bäcker dran, die die Backſchtubb
im Keller hawe, un jetzt uff'm Holzgeriſcht mib'm Schie-
ber vor d'r Backoffedyier rumballanſire miſſe! — Ja
Männer! 's is Anfangs Alles iwl dran. Aach unſere
deitſche „Reſervatrechtler“ ſcheints ball widder an de Hals

zu gehn. Bekanntlich will's Reich all unſer Eiſebahne
in de Sack ſchtecke! Unſer deitſche Reſervatrechtler wehre
ſich awer bereits wie die Feind drum, was die Klaͤddera-
mah veranlaßt, ſich wie folgt driwer luſchtig zu
mache:
Was willſt Du thun —
Zum Heil der Unterthanen,
Wenn Bismark wollt' erwerben für's Reich
Die bairiſchen Eiſenbahnen? —
So fraagt ein Schwarzer mit pfiffgem Geſicht;
Doch Pfretzſchner erhebt ſich ſtolz und ſpricht:
Dann weiſen wir — mein Wort darauf —
Entrüſtet zurück den ſchnöden Kauf
Denn höher als Reiches⸗Staatsrecht
Steht unſer Reſervatrecht. —
Was willſt Du thun — antworte Du! —
Wirſt Du die Bahnen verhandeln?
Soll nicht auf eigenen Bahnen in Ruh
Der Schwab mehr fahren und wandeln? —
Der Landbot' ſragt, Her Mittnacht ſpricht:
Wir geben preis die Bahnen nicht;
Wir gehen die eigenen Wege ſtill;
Und wer uns vergewaltigen will,
Oem werd ich die Wege weiſen!
DOas ſchwör' ich auf Blut und Eiſen!
Was willſt Ou thun, Miniſter — ſprich
Ohn' Furcht vor Widerſachern,
Wenn dieſe Frage tritt an Dich —
Wirſt Du die Bahnen verſchacher?
Oer Landbot' fragt, Herr Frieſen ſpricht:
Ich gebe dem Reich die Bahnen nicht,
Weil ich — ihr kennt ja meinen Sinn —
Erſt Sachſe und dann Deutſcher bin:
Und feſt auf meine Theses
Beſteh' ich! Eiherrcheſes!
Was willſt Du thun? Hilf Excellenz,
Die Läftermäuler ſtopfen!
Gibſt Du für Baden den Conſens,
Die Bahnen zu verklopfen? —
Der Landbot' fragt: Herr Turban ſpricht
Und zieht in Falten ſein Geſicht: ö
Je nun — ſo dann — doch wenn — die weil —
Die Sach hat ja noch keine Eil:
Geduld drum! Laßt für morgen
Den badiſchen Herrgott ſorgen!
Und was ſagft Du, o Kanzler, heut?
Du wirſt Dich äußern müſſen!
Sprich, wie gefallen Dir die Leut'
Mit ſolchen Herzergüſſen? — ö
Der Spötter fragt, der Kanzler ſpricht:
's iſt halt die alte böſe Geſchicht':
„A biſſle Lieb und a biſſle Treu,
Und a biſſle Falſchheit war allweil dabei!“
Doch enden wird, auf Ehre,
Einmal die alte Miſere.

antworte ſogleich —

—. Druck, Verlag und für die Redaction verantwortlic: G. Geiſendörfer.
 
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