Trot fort und ſteckte die Hände zwiſchen ſeine Kniege-
lenke, „als ich zum erſten Male Gold graben ging.
Wir waren unſerer Drei. Sandy Gim, Billy Alf und
ich. Wo wir kampirten, ſah es traurig genug aus. Ta-
bal und Thee war nicht für Gold zu erlangen; bis
zur nächſten Station mußten wir laufen, in welcher nur
Schafe gezüchtet werden, um uns etwas zu verſchaffen.
Wir banden den Schäfer und ſein altes Weib, ſchlach-
teten die noͤthigen Schafe, nahmen an Mehl, Zucker und
Thee was wir brauchten, fanden ſelbſt den verborgen ge-
haltenen Tabak, packten Alles auf drei oder vier gute
Pferde, die wir im Stalle ausgeſucht hatten, natürlich
ohne Sattel und Zaumzeug zu vergeſſen, und wollten nun
luſtig zurückreiten. Billy Alf, ein roher Kerl, wollte die
Alte 1edtſchlagen. Sandy Gim und ich ſchworen ihm, daß
wir ihm eine Kugel durch den Kopf jagen wollten, wenn
er's thäte. Er ließ es aus Furcht vor uns; ſolch ein ab-
gebrühter Hallunke wie Billy Alf iſt auf der ganzen Welt
noch nicht dageweſoen! (Fortſ. folgt.)
Halluzination eines Lokomotivführers.
(Von ihm ſelbſt erzählt.)
Nach einer Fahrt von acht Stunden, die ich des
Tages über unter dem Einfluſſe eines ſtarken Herbſt-
ſturmes mit meiner Lokomotive vollbrachte, kam ich in
der Station R. . an. Hier ſollte ich wie gewöhnlich
über Nacht verweilen und der von wir geführte Zug
Nr. 5 von eiger andern Maſchine bis zu der noch 24
Meilen entfernten Reſidenz geführt werden. Eben wollte
ich auf das andere Geleiſe fahren, als mir der Sta-
tionsvorſtand Folgendes zu wiſſen gab: Die Reſerve-
maſchine habe den vor uns verkehrenden Poftzug, deſſen
Lokomotive ſchadhaft wur de, weiter befördern müſſen;
der andere Maſchinenführer aber, der mich ablöſen ſollte,
liege ſeit Kurzem mit heftigem Fieber darnieder. Ich
müſſe alſo den Zug bis zur Endftation führen. — Ich
mußte mich in die Pflichten meines mühſeligen Berufes
fügen, nahm Kohlen und Waſſer und in 10 Minuten
ging es weiter.
Bald wurde es finſter. Wir fuhren ſechs Meilen
in der Stunde dem rauhen Nordweſtwinde entgegen. Die
Lichter der Wächterhäuſer und der kleinen Stationen
flogen an uns vorüber. — Auf dieſer Strecke gab es
bedeutende Steigungen und Gefälle, es bedurfte daher
meinerſeits der geſpannteſten Aufmerkſamkeit, umſomehr,
da ich dieſelbe ſeit einiger Zeit nicht befahren hatte. —
Im vollen Bewußtſein meiner großen Verantwortlichkeit
that ich mein Möglichſtes, doch fühlte ich mich nach drei-
ſtündiger Fahrt ſehr ermüdet. Hauptſächlich waren es
meine Kopfnerven, die vom Einfluſſe des Windes und
dem abwechſelnden Sehen nach dem Manometer und der
Fahrzeittabelle bei dem Lampenlichte und dem Ausſpähen
in die Nacht, der Lichtfignale wegen, aufs Höchſte ſchmerz-
lich angeſpannt wurden. — Die vorletzte Station wurde
durchfahren. Noch zehn Minuten und wir hatten u
Ziel erreicht. hatten unſer
83
Ich ſah auf meinen Chronometer; er zeigte 11 Uhr
35 Minuten. Der Manometer zeigte die nöthige Span-
nung des Dampfes, das Waſſer im Keſſel hatte den
richtigen Stand. Ich beſchleunigte etwas die Fahrge-
ſchwindigkeit, da wir nun ebenes Terrain hatten und ich
gegen das Ende unſerer Fahrt ohnedies mit geringerer
Schnelligkeit vorwärts durfte.
Nun kamen wir durch den großen Thiergarten, durch
welchen die Bahn auf einem drei Klafter hohen Damme
dahinzieht. Da kam es mir piötzlich vor, als ob ich
auf der vor mir befindlichen geraden Strecke einige
Stücke Wild ſähe. Mein Erſtes war, den Dampf ab-
zuſperren und da mir das Wild immer näher zu kom-
men ſchien, gab ich das Signal zum Bremſen des Zuges.
Mein Heizer, dem ich hiervon Mittheilung machte und
auch ihn aufforderte, genau auszuſehen, ſagte mir, es
wäre unmöglich, etwas zu bemerken. Nun ging es von
Neuem eine Strecke weiter, da ſchien es mir, als ob
ganze Rudeln Wild in den ſonderbarſten Geſtalten über
den Damm zögen. Immer wurde das Wild größer und
immer ſchien mir ſeine Zahl bedeutender. Ich wollte
das Haltſignal geben; doch mein Heizer, der immer ein
ſehr verläßlicher Menſch war, ſazte, er könne keinerlei
Hinderniſſe ſehen, die Lichtſignale wären überall in Ordnung.
So ging es denn weiter. Jetzt mußten wir an die
große Gitterbrücke kommen. Da ſchien es mir, als wenn
wir auf einem unrichtigen Gelriſe wären und ſchon in
einigen Secunden über die Böſchung in den Strom ſtür-
zen müßten. Der Angſtſchweiß rann von meiner Stirne.
Jeden Moment war ich auf die Kataſtrophe gefaßt; es
über fiel mich ein Zittern, welches mich körperlich und
geiſtig lähmte. Da plötzlich ein ſtarkes Rauſchen —
und wir waren auf der Brücke, deren Gitter beim Durch-
laufen des Zuges einen wahren Hexentanz aufführten.
— Als ſie überſchritten war, ſah ich deutlich zu meiner
Rechten die Stellſcheibe, welche mit dem rothen Licht
uns Halt gebot: ich konnte mich jedoch nicht rühren!
Ein verzweiflungsvoller Seufzer entrang ſich miiner
Bruft. Da ſtieß mich der Heizer an, da er glaubte,
ich häötte das Signal nicht geſehen. Ich fuhr zuſam-
men, ſchloß den Dampf ab, es wurde gebremſt, der Zug
ſtand. — Nach Kurzem fuhren wir in den Bahnhof ein.
— Da ſah ich Alle ausſteigen, die Herren und Damen,
und dachte mir: Ihr habt wohl keine Ahnung, was
Euer Lokomotivführer die letzten zehn Minuten ausge-
ſtanden hat!
Tags darauf wurde ich vom Betriebsleiter belobt
und erhielt eine Belohnung, die ich aber redlich mit
meinem Heizer theilte. Mehrere Tage mußte ich mich
jedoch erholen, um wieder dienfitauglich zu ſein. Der
Bahnarzt fürchtete anfänglich eine Gehirnentzündung.
So kann es eben auch der ſtärkſten Natur bei Ueber-
anſtrengungen ergehen.
Es ſind nun zehn Jahre ſeitdem vergangen. Ich
hatte viel vom Ungemache des Wetters zu dulden, manche
finſtere Nacht durchfahren; doch eine ſolche Nacht, wie
dieſe hatte ich — Gott ſei Dank — nicht mehr gehabt.
lenke, „als ich zum erſten Male Gold graben ging.
Wir waren unſerer Drei. Sandy Gim, Billy Alf und
ich. Wo wir kampirten, ſah es traurig genug aus. Ta-
bal und Thee war nicht für Gold zu erlangen; bis
zur nächſten Station mußten wir laufen, in welcher nur
Schafe gezüchtet werden, um uns etwas zu verſchaffen.
Wir banden den Schäfer und ſein altes Weib, ſchlach-
teten die noͤthigen Schafe, nahmen an Mehl, Zucker und
Thee was wir brauchten, fanden ſelbſt den verborgen ge-
haltenen Tabak, packten Alles auf drei oder vier gute
Pferde, die wir im Stalle ausgeſucht hatten, natürlich
ohne Sattel und Zaumzeug zu vergeſſen, und wollten nun
luſtig zurückreiten. Billy Alf, ein roher Kerl, wollte die
Alte 1edtſchlagen. Sandy Gim und ich ſchworen ihm, daß
wir ihm eine Kugel durch den Kopf jagen wollten, wenn
er's thäte. Er ließ es aus Furcht vor uns; ſolch ein ab-
gebrühter Hallunke wie Billy Alf iſt auf der ganzen Welt
noch nicht dageweſoen! (Fortſ. folgt.)
Halluzination eines Lokomotivführers.
(Von ihm ſelbſt erzählt.)
Nach einer Fahrt von acht Stunden, die ich des
Tages über unter dem Einfluſſe eines ſtarken Herbſt-
ſturmes mit meiner Lokomotive vollbrachte, kam ich in
der Station R. . an. Hier ſollte ich wie gewöhnlich
über Nacht verweilen und der von wir geführte Zug
Nr. 5 von eiger andern Maſchine bis zu der noch 24
Meilen entfernten Reſidenz geführt werden. Eben wollte
ich auf das andere Geleiſe fahren, als mir der Sta-
tionsvorſtand Folgendes zu wiſſen gab: Die Reſerve-
maſchine habe den vor uns verkehrenden Poftzug, deſſen
Lokomotive ſchadhaft wur de, weiter befördern müſſen;
der andere Maſchinenführer aber, der mich ablöſen ſollte,
liege ſeit Kurzem mit heftigem Fieber darnieder. Ich
müſſe alſo den Zug bis zur Endftation führen. — Ich
mußte mich in die Pflichten meines mühſeligen Berufes
fügen, nahm Kohlen und Waſſer und in 10 Minuten
ging es weiter.
Bald wurde es finſter. Wir fuhren ſechs Meilen
in der Stunde dem rauhen Nordweſtwinde entgegen. Die
Lichter der Wächterhäuſer und der kleinen Stationen
flogen an uns vorüber. — Auf dieſer Strecke gab es
bedeutende Steigungen und Gefälle, es bedurfte daher
meinerſeits der geſpannteſten Aufmerkſamkeit, umſomehr,
da ich dieſelbe ſeit einiger Zeit nicht befahren hatte. —
Im vollen Bewußtſein meiner großen Verantwortlichkeit
that ich mein Möglichſtes, doch fühlte ich mich nach drei-
ſtündiger Fahrt ſehr ermüdet. Hauptſächlich waren es
meine Kopfnerven, die vom Einfluſſe des Windes und
dem abwechſelnden Sehen nach dem Manometer und der
Fahrzeittabelle bei dem Lampenlichte und dem Ausſpähen
in die Nacht, der Lichtfignale wegen, aufs Höchſte ſchmerz-
lich angeſpannt wurden. — Die vorletzte Station wurde
durchfahren. Noch zehn Minuten und wir hatten u
Ziel erreicht. hatten unſer
83
Ich ſah auf meinen Chronometer; er zeigte 11 Uhr
35 Minuten. Der Manometer zeigte die nöthige Span-
nung des Dampfes, das Waſſer im Keſſel hatte den
richtigen Stand. Ich beſchleunigte etwas die Fahrge-
ſchwindigkeit, da wir nun ebenes Terrain hatten und ich
gegen das Ende unſerer Fahrt ohnedies mit geringerer
Schnelligkeit vorwärts durfte.
Nun kamen wir durch den großen Thiergarten, durch
welchen die Bahn auf einem drei Klafter hohen Damme
dahinzieht. Da kam es mir piötzlich vor, als ob ich
auf der vor mir befindlichen geraden Strecke einige
Stücke Wild ſähe. Mein Erſtes war, den Dampf ab-
zuſperren und da mir das Wild immer näher zu kom-
men ſchien, gab ich das Signal zum Bremſen des Zuges.
Mein Heizer, dem ich hiervon Mittheilung machte und
auch ihn aufforderte, genau auszuſehen, ſagte mir, es
wäre unmöglich, etwas zu bemerken. Nun ging es von
Neuem eine Strecke weiter, da ſchien es mir, als ob
ganze Rudeln Wild in den ſonderbarſten Geſtalten über
den Damm zögen. Immer wurde das Wild größer und
immer ſchien mir ſeine Zahl bedeutender. Ich wollte
das Haltſignal geben; doch mein Heizer, der immer ein
ſehr verläßlicher Menſch war, ſazte, er könne keinerlei
Hinderniſſe ſehen, die Lichtſignale wären überall in Ordnung.
So ging es denn weiter. Jetzt mußten wir an die
große Gitterbrücke kommen. Da ſchien es mir, als wenn
wir auf einem unrichtigen Gelriſe wären und ſchon in
einigen Secunden über die Böſchung in den Strom ſtür-
zen müßten. Der Angſtſchweiß rann von meiner Stirne.
Jeden Moment war ich auf die Kataſtrophe gefaßt; es
über fiel mich ein Zittern, welches mich körperlich und
geiſtig lähmte. Da plötzlich ein ſtarkes Rauſchen —
und wir waren auf der Brücke, deren Gitter beim Durch-
laufen des Zuges einen wahren Hexentanz aufführten.
— Als ſie überſchritten war, ſah ich deutlich zu meiner
Rechten die Stellſcheibe, welche mit dem rothen Licht
uns Halt gebot: ich konnte mich jedoch nicht rühren!
Ein verzweiflungsvoller Seufzer entrang ſich miiner
Bruft. Da ſtieß mich der Heizer an, da er glaubte,
ich häötte das Signal nicht geſehen. Ich fuhr zuſam-
men, ſchloß den Dampf ab, es wurde gebremſt, der Zug
ſtand. — Nach Kurzem fuhren wir in den Bahnhof ein.
— Da ſah ich Alle ausſteigen, die Herren und Damen,
und dachte mir: Ihr habt wohl keine Ahnung, was
Euer Lokomotivführer die letzten zehn Minuten ausge-
ſtanden hat!
Tags darauf wurde ich vom Betriebsleiter belobt
und erhielt eine Belohnung, die ich aber redlich mit
meinem Heizer theilte. Mehrere Tage mußte ich mich
jedoch erholen, um wieder dienfitauglich zu ſein. Der
Bahnarzt fürchtete anfänglich eine Gehirnentzündung.
So kann es eben auch der ſtärkſten Natur bei Ueber-
anſtrengungen ergehen.
Es ſind nun zehn Jahre ſeitdem vergangen. Ich
hatte viel vom Ungemache des Wetters zu dulden, manche
finſtere Nacht durchfahren; doch eine ſolche Nacht, wie
dieſe hatte ich — Gott ſei Dank — nicht mehr gehabt.