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nicht, wie er geſagt hatte, mit zwei ſeiner Genoſſen.
Von da näherte ich mich behutſam der Hütte Leos, nahm
mich aber wohl in Acht, bis in den Bereich ſeiner Kette
zu kommen; er bemerkte mich und knurrte wohl fünf
Minuten ohne Athem zu holen.
Sandy Gim hatte eine alte Lieblingsmolodie gehabt,
„des Landmanus Freuoe“, die ich uur von ihm gehört
hatte. Ich fing leiſe an das Lied zu pfeifen, gerade ſo,
wie es Gim immer gethan hatte. Leos Knurren wurde
immer ſchwächer, bis er endlich ganz ſtill war; er ſchien
nachzuden ken.
(Schluß folgt).
Ferdinand Freiligrath.
Deuiſchland trauert am Grabe eines ſeiner edelſten
Söhne, der zugleich einer der ausgezeichnetſten ſeiner
Poeten war. Es hat in Ferdinand Freiligrath einen
Mann verloren, wie es keinen beſſeren zu verlieren hatte,
einen Mann, in dem ſich jene ſeltenen Gaben der Natur,
Talent und Charakter in vollendetfter Harmonie verein-
ten. Man weiß, wie Freiligrath in ſeiner Jugend auf
konſervativer Seite ſtand und wie ehrenvoll er ſeinen
Uebergang zur liberalen Partei vollzog. Man weiß,
wie er, im Begriff, einer Einladung des Amerikaners
Longfellow über den Ozean zu folgen, durch die März-
bewegung von 1848 nach Deutſchland zurückgeführt wurde
und nun an die Spitze der demokratiſchen Partei in
Düſſeldorf trat. Wegen des Gedichtes „Die Todten an
die Lebenden“ angeklogt, ſah er ſich nach kurzer Unter-
ſuchungshaft im October 1848 freigeſprochen, und ging
dann nach Köln, um an der „Neuen rhein. Zeitung“
theilzunehmen. Erneuerte politiſche Anklagen trieben ihn
1851 wieder nach London, wo er ſeitdem in geſicherter
bürgerlicher Stellung lebte. Schon ſeine erſten Gedichte
die in kleinen weſtphäliſchen Blättern, dem „Morgen-
blatt“ und dem „Deutſchen Muſenalmanach“ (1837) er-
ſchienen und von Chamiſſo gut empfohlen wurden, mach-
ten Freiligrath's Namen ſehr vortheilhaft bekannt.
1838 erſchien die erſte Sammlung ſeiner „Gedichte“,
welche 1864 die 22. Auflage erlebt hatte. Freiligrath's
poetiſches Talent bewegt ſich im Algemeinen in einem
zwar beſchränkten, aber um ſo ſchärfer abgegrenzten
Kreiſe und mehr im Gebiete der beſchreibenden Poeſie
als in dem der rein lyriſchen Empfindung oder des Ge-
dankens. Seine Gedichte, zu denen er die Stoffe gern
aus der Romantik fremder Zonen und Wunder ſchöpft,
find zum großen Theil Malereien von kühner Zeichnung,
kecker Auffafſung und brennendem Kolorit. Sie üben
einen eigenttümlichen, exotiſchen Zauber, der durch eine
friſche, bilderreiche mit ſeltener Virtuoſität behandelte
Sprache und wirkſame Effekte der Strophik noch unter-
ſtützt wird. Wenn dabei auch manches Bizarre oder
Manierirte mit unterläuft, bleibt Freiligrath doch im-
mer durch die energiſche Lebendigkeit ſeiner Phantaſie,
die Glut und Pracht der Ausführung und Plaſtik der
Darſtellung unter den lyriſchen Dichtern Deutſchlands
eine durchaus eigenthümliche Erſcheinung. Dieſelbe Glut
erfüllt auch ſeine politiſchen Gedichte und ſpricht, neben
den äußeren Thatſachen, laut für die Ehrlichkeit ſeiner
Ueberzengung. Die rubeloſe Leidenſchaftlichkeit derſelben
beeinträchtigt freilich oft die poetiſche Schönheit. Voll-
kommen Herr der Sprache und Meiſter der rhythmifchen
Form, war Freiligrath zugleich ein vortrefflicher und
feinfühlender Ueberſetzer. Das herrliche Gedicht, das er
1866 in tiefem Schmerz über den deutſchen Bruderkrieg
in die Welt ſandte, und ſeine edlen Geſänge von 1870
und 1874 ſind wohl Jedermann noch in triſcher Erin-
nerung. Einer ſeiner Söhne diente damals als freiwil-
liger Krankenpfleger im deutſchen Heere. Ganz Deutſch-
land, ohne Unterſchied der Parteien, wird ſich der Trauer
um den edlen Todten anſchließen.
Vermiſchtes.
Richt mißverſtehen.) Roffini hatte einſt
Heine Einladung zu Tiſch bei einer Dame angenommen,
deren Diners auf die allerökonomiſchſte Weiſe einge-
richtet waren. Die Mahlzeit, an welcher der berühmte
Componiſt Theil nahm, machte keine Ausnahme von der
allgemeinen Regel und er fard beinahe bungrig von
der Tafel auf. — Hoffentlich werden Sie mir bald
wieder die Ehre ſchenken, bei wir zu ſpeiſen? ſagte
die Dame beim Abſchied zu ihm. — Sogleich noch ein-
mal, wenn Sie befehlen, verſetzte Roſſini.
(Ueber die kulturhiſtoriſche Bedeu-
tung) und Wichtigkeit der Anzeigen belehrt uns
der „American Stationer“! er ſagt: „Wer Geſchäfte
machen will, ohne es durch Anzeigen bekannt zu machen,
verfährt wie der jonge Mann, welcher ein hübſches
Mädchen liebt und ihm im Dunkeln Handküſſe zuwirft.
Er weiß wohl, was er thut, aber ſonſt Niemand.“
(Don Carlos) hat das Schloß Orleans bei
Twickenham in der Nähe von London angekauſt, welches
einſt dem König Louis Ph lipp gehörte.
(Amerikaniſche Bankerotte.) In den
Vereinigten Staaten haben 1724 Geſchäfte
im vergangenen Jahre Bankerott gemacht. Davon fallen
235 Bankerotte auf die Eiſen⸗Induſtrie, 247 auf die
Kaufleute, 167 auf die Woll⸗ und Seidenwaaren⸗In-
duſtrie, 121 auf die Weinhändler, 140 auf die Im-
porteure und Fabrikanten fremder Artikel, 97 auf die
Kohlenhändler, 40 auf die Schuh⸗ und Sttfelfabrikan-
ten; die andern auf verſchiedene Geſchäftszweige.
nicht, wie er geſagt hatte, mit zwei ſeiner Genoſſen.
Von da näherte ich mich behutſam der Hütte Leos, nahm
mich aber wohl in Acht, bis in den Bereich ſeiner Kette
zu kommen; er bemerkte mich und knurrte wohl fünf
Minuten ohne Athem zu holen.
Sandy Gim hatte eine alte Lieblingsmolodie gehabt,
„des Landmanus Freuoe“, die ich uur von ihm gehört
hatte. Ich fing leiſe an das Lied zu pfeifen, gerade ſo,
wie es Gim immer gethan hatte. Leos Knurren wurde
immer ſchwächer, bis er endlich ganz ſtill war; er ſchien
nachzuden ken.
(Schluß folgt).
Ferdinand Freiligrath.
Deuiſchland trauert am Grabe eines ſeiner edelſten
Söhne, der zugleich einer der ausgezeichnetſten ſeiner
Poeten war. Es hat in Ferdinand Freiligrath einen
Mann verloren, wie es keinen beſſeren zu verlieren hatte,
einen Mann, in dem ſich jene ſeltenen Gaben der Natur,
Talent und Charakter in vollendetfter Harmonie verein-
ten. Man weiß, wie Freiligrath in ſeiner Jugend auf
konſervativer Seite ſtand und wie ehrenvoll er ſeinen
Uebergang zur liberalen Partei vollzog. Man weiß,
wie er, im Begriff, einer Einladung des Amerikaners
Longfellow über den Ozean zu folgen, durch die März-
bewegung von 1848 nach Deutſchland zurückgeführt wurde
und nun an die Spitze der demokratiſchen Partei in
Düſſeldorf trat. Wegen des Gedichtes „Die Todten an
die Lebenden“ angeklogt, ſah er ſich nach kurzer Unter-
ſuchungshaft im October 1848 freigeſprochen, und ging
dann nach Köln, um an der „Neuen rhein. Zeitung“
theilzunehmen. Erneuerte politiſche Anklagen trieben ihn
1851 wieder nach London, wo er ſeitdem in geſicherter
bürgerlicher Stellung lebte. Schon ſeine erſten Gedichte
die in kleinen weſtphäliſchen Blättern, dem „Morgen-
blatt“ und dem „Deutſchen Muſenalmanach“ (1837) er-
ſchienen und von Chamiſſo gut empfohlen wurden, mach-
ten Freiligrath's Namen ſehr vortheilhaft bekannt.
1838 erſchien die erſte Sammlung ſeiner „Gedichte“,
welche 1864 die 22. Auflage erlebt hatte. Freiligrath's
poetiſches Talent bewegt ſich im Algemeinen in einem
zwar beſchränkten, aber um ſo ſchärfer abgegrenzten
Kreiſe und mehr im Gebiete der beſchreibenden Poeſie
als in dem der rein lyriſchen Empfindung oder des Ge-
dankens. Seine Gedichte, zu denen er die Stoffe gern
aus der Romantik fremder Zonen und Wunder ſchöpft,
find zum großen Theil Malereien von kühner Zeichnung,
kecker Auffafſung und brennendem Kolorit. Sie üben
einen eigenttümlichen, exotiſchen Zauber, der durch eine
friſche, bilderreiche mit ſeltener Virtuoſität behandelte
Sprache und wirkſame Effekte der Strophik noch unter-
ſtützt wird. Wenn dabei auch manches Bizarre oder
Manierirte mit unterläuft, bleibt Freiligrath doch im-
mer durch die energiſche Lebendigkeit ſeiner Phantaſie,
die Glut und Pracht der Ausführung und Plaſtik der
Darſtellung unter den lyriſchen Dichtern Deutſchlands
eine durchaus eigenthümliche Erſcheinung. Dieſelbe Glut
erfüllt auch ſeine politiſchen Gedichte und ſpricht, neben
den äußeren Thatſachen, laut für die Ehrlichkeit ſeiner
Ueberzengung. Die rubeloſe Leidenſchaftlichkeit derſelben
beeinträchtigt freilich oft die poetiſche Schönheit. Voll-
kommen Herr der Sprache und Meiſter der rhythmifchen
Form, war Freiligrath zugleich ein vortrefflicher und
feinfühlender Ueberſetzer. Das herrliche Gedicht, das er
1866 in tiefem Schmerz über den deutſchen Bruderkrieg
in die Welt ſandte, und ſeine edlen Geſänge von 1870
und 1874 ſind wohl Jedermann noch in triſcher Erin-
nerung. Einer ſeiner Söhne diente damals als freiwil-
liger Krankenpfleger im deutſchen Heere. Ganz Deutſch-
land, ohne Unterſchied der Parteien, wird ſich der Trauer
um den edlen Todten anſchließen.
Vermiſchtes.
Richt mißverſtehen.) Roffini hatte einſt
Heine Einladung zu Tiſch bei einer Dame angenommen,
deren Diners auf die allerökonomiſchſte Weiſe einge-
richtet waren. Die Mahlzeit, an welcher der berühmte
Componiſt Theil nahm, machte keine Ausnahme von der
allgemeinen Regel und er fard beinahe bungrig von
der Tafel auf. — Hoffentlich werden Sie mir bald
wieder die Ehre ſchenken, bei wir zu ſpeiſen? ſagte
die Dame beim Abſchied zu ihm. — Sogleich noch ein-
mal, wenn Sie befehlen, verſetzte Roſſini.
(Ueber die kulturhiſtoriſche Bedeu-
tung) und Wichtigkeit der Anzeigen belehrt uns
der „American Stationer“! er ſagt: „Wer Geſchäfte
machen will, ohne es durch Anzeigen bekannt zu machen,
verfährt wie der jonge Mann, welcher ein hübſches
Mädchen liebt und ihm im Dunkeln Handküſſe zuwirft.
Er weiß wohl, was er thut, aber ſonſt Niemand.“
(Don Carlos) hat das Schloß Orleans bei
Twickenham in der Nähe von London angekauſt, welches
einſt dem König Louis Ph lipp gehörte.
(Amerikaniſche Bankerotte.) In den
Vereinigten Staaten haben 1724 Geſchäfte
im vergangenen Jahre Bankerott gemacht. Davon fallen
235 Bankerotte auf die Eiſen⸗Induſtrie, 247 auf die
Kaufleute, 167 auf die Woll⸗ und Seidenwaaren⸗In-
duſtrie, 121 auf die Weinhändler, 140 auf die Im-
porteure und Fabrikanten fremder Artikel, 97 auf die
Kohlenhändler, 40 auf die Schuh⸗ und Sttfelfabrikan-
ten; die andern auf verſchiedene Geſchäftszweige.