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Heidelberger Volksblatt (9) — 1876

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Nr. 26 - Nr. 34 (1. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44635#0114

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D'r Nagglmaier.
Gottes Wunder, was
hott mein Fraa ang'ſchtellt,
Männer! 's Volk Iſrael
beleidigt! Dief gekränkt!
Es ſchreit um Rache im
alte Heidlberger Anzeiger.
Es will'r de Bro dkorb
hercher henke! Un was hott
ſe eigendlich ang'ſchtellt?
Nix! Sie hott e nei Buch
geleſe! Aus dem neie Buch
hott ſe e Schtellche zum all-
gemeine Beſchte gewe, deß
„unſere Leit“ nit g'falle
hoit — deß is Alles! —
So leicht kann ma heitzu-
dag em Volk Iſrael uff
die Atzlagge drete. E
Glick, daß unſer Herrgott,
der dafor g'ſorgt hott, deß-
die Beem nit in de Himm!
wachſe, aach dofor gedhan
hott, daß „unſer Leit“ ohne —
richterlich Urdheil bis dato noch Keen uffg'denkt hawe,
ſunſcht dhät mein geliebti Ehhärft ſchun bamble, ſo viel
ich an allem merk. D'r Deifl weeß awer adch, wie uff
eenmool mein Fraa vum Gemiesmark uff de Büchermark
kunmemt. Uff de ganz ſelwe Gedanke is aach eener vun
„unſere Leit“ kumme, der die Woch an mein Fraa fol-
gend Briefl g'ſchriewe, an dem 's Beſchte deß is, daß'r
die ganz G'ſchicht, die mein Fraa an 'ſchtellt, vun d'r
pälzer Schnookeſeit anfaßt, un dernderwege gew ich's
hiermtt widder zum allgemeine Beſchte. Awer noer
dernderwege. Cener vun „unſere Leit“ ſchreidt alſo
folgende:
Offener Brief an die Nagglmaiern!
Was macht Ste for Sache? Is Sie meſchukke
worre? Fangt do mir nix, dir nix en Schbetakel mit
„unſer Leur'“ an?! Wann ich Ihr roothe derf, ſo
bleibt Sie en annermool beim Leiſchte un führt uns
ſtatt uff de Büchermark uff de Gemüsmark un ſchennt
ſoviel Sie will uff die theur Butter un ſunſcht noch was,
immer gſcheidter als dem getaafte Jud Glagau und
dem ewige Berliner Privatdocent Düring wie en
Papagai nochzuplappere.
Sie un ich hawe nix bei dem Gründungsſchwindel
verlore, wann awer reiche beſchnittene un unbeſchntttene
Leut' liewer zehn Prozent, ſtatt fünfe nemme un ihr
Geld vun Rechtswege dabei verliere, was liegt Ihr
dran? He?! ö
Ihr Artikel vum Samſtag kummt mir vor wie en
ſcheeler Kaffe, der zwee Seite hott: e gute un e ſchlechte;
die gut is, daß keen Cichorie un die ſchlecht', daß keen
Kaffe drin is — die gut Seit' in Ihrem Gepappel is,
daß Sie ſelwer nit dran glaabt un die ſchlecht, daß

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keen Witz drin is, im Gegetheil, Sie hott mir mein
Schawesnochmittag verdorwe un ſo muß Sie ſich gfalle
loße, wann ich Ihr zum Schluß zuruf: „Wer recht
hot, die Germanial, der Merkur, der Düring oder der
Glagau? — — Ich weeß 's nit —
Awer ſchier möcht's mich bedünken
Daß Sie alle mit einander ſt. . .
Alſo wie g'ſagt, Männer! Der Brief hott mer g'falle,
weil'r vun eem vun „unſere Lei:“ is, dem's allem An-
ſchein nooch nit ſo „gruſſelt“, wie dem im alte Heidl-
berger Anzeiger, der gleich vor Angſcht kreiſcht: loßt die
Nagglmaiern verhungere! Un dann haw ich'n zum all-
gemeine Beſchte gewe, weil ma Keem, der ſich ange-
griffe fiehlt, s Wort abſchneide ſoll. Gleiches Recht for
Alle! Wer jetzt Recht hott, d'r Glagau, odder d'r
Heidlberger Briefſ chreiwer is wohl meiner Fraa,
wie mie, Korianner! Ich ſag alſo: Brieft alles, un b'halt
's Beſchte, Männer! — Bei der Gelegenbeit meegt ich
awer de Verleger vum Heidlberger neie Anzeiger noch
erſuche, jo nit de Kopp henke zu loſſe. Dann es dirft'm,
falls'r cach vun keem vun „unſere Leit“ mehr e In-
ſerat kriche ſollt, wie'm im alte Anzeiger vun dem
„Jude, dem es gruſelt“ zwiſche de Zeile angedroht werd,
trotzallemdem nit fehle. For allefallſige kinftige Inſerate-
licke in ſeim „Anzeiger“, geb ich'es per Exempl ſchun
heit folgende moderne Bekanntmachunge uff:
— Einige ſolide Herrſchaften können bei uns nachfragen, ob
wir bei ihnen in Dienſt treten wollen. Ohne gute Zeugniſſe
braucht ſich keine zu melden. ö
Hulda Stallmeier. Roſamunde Zeugſtiefel. Leonore Chignon.
— Eine Stube, mit Ausſicht nach dem gegenüberliegenden
Zimmer meiner Tochter, iſt preiswürdig an einen ältlichen Herrn
der den ganzen Tag nicht zu Hauſe ſein darf, abzugeben. Nä-
heres bei Eleonore Drachenſtein.
— Ein geſetztes Frauenzimmer wünſcht ihre Lage zu ver-
beſſern. ö Näheres im Pfarrhäusl.
— Eine goldene Uhrkette iſt wegen Mangels an Raum bil-
ligſt zu verkaufen. Näheres bei Nic. Durſt.
Ein Chemiker ſucht Beſchäftigung in einer Brauerei.
Näheres in ſeinem Laboratorium.
— Eine geſalzene Zunge erlaſſe zu billigem Preiſe. Nä-
heres bei meiner Frau. Joſeph Friedlich.
— Neue Körbe habe wieder erhalten und empfehle ſolch
allen Heirathsluſtigen zur geneigten Abnahme.
Emil Pech, Candidat.
— Wegem geſchwollenem Finger iſt ein Siegelring bil-
lig zu verkaufen. Näheres bei Peter Leim.
— Da ich den „Fünfzig“ nahe, und mich endlich verheira-
then will, ſo ſuche ich einen erfahrenen Mann, der mich von
dieſer Uebereilung abhält.. Hage Stolz.
— Eine Gefellſchaftsdame, welche zugleich als Kammer-
jungfer, Stubenmädchen, Köchin und Hausknecht zu verwenden iſt,
kann ſogleich eintreten bei Räthin Thee.
EEin tüchtiger Commis, der deutſch, franzöſiſch, englich, ita-
lieniſch, ſpaniſch, ruſſiſch, polniſch, ſchwediſch, däniſch, griechiſch
chineſiſch und lappländiſch ſpricht und correſpondirt, kann als
Volontär bei mir eintreten.

Joſeph Zähbach, Comptoirbeſitze

Druck, Verlag und für die Redaction verantwortlic: G. Geiſendorfer.
 
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