des jungen Mannes ein kaum hörbares „Schach“ ver-
nehmbar wurde.
Robespierre, den Kepf in die linke Hand geſtützt,
beftete ſeine großen glänzenden Augen auf den gegen-
überſitzenden Spieler. Er begegnete den aufgeſchlagenen
Wimpern des jungen Mannes, erſchrack ſichtlich über-
deſſen Blick — warum oder weßwegen? konnte er ſich
vielleicht ſelbſt nicht erklären.
Noch einige Züge und „gewonnen“, jauchzten die
Zuſchauer. ö
Der räthſelhafte junge Mann gewann die Partie.
„Gut,“ prach Robespierre. ö
„Sehr gut“, doch ſpielen wir die zweite. ö
Abermals begannen die Figuren des Schachs in mo-
derirtem Tempo ihre Schritte oder Sprünge.
Der junge Mann ſchien jetzt gefaßter, mit noch
mehr Aufmerkſamkeit zu ſpielen. Jedermann war in
athemloſer Erwartung, wie es jetzt wohl enden würde,
als zu Aller Erſtaunen und Troſt, nach kaum zehn Mi-
nuten dauerndem Spiele, der junge Mann, diesmal mit
lauter Stimme, ein „Matt“ vernehmen ließ.
Das Geſicht Robespierre's verdunkelte glühender
Zorn, doch mit bemeiſterter Kraft frug er:
„Eigentlich, was iſt der Preis, um den wir geſpielt
und den ſie gewonnen?“ ö
Thränen in den Augen, entgegnete in langſam her-
vorgepreßten Worten der junge ſchöne Mann:
„Der Preis iſt ein Menſchenleben und ich habe das-
ſelbe gewonnen!“ ſprach er ükerſtürzend leidenſchaftlich
weiter, „und Sie müſſen es mir ſo ſchnell als wöglich
geben, ſonſt iſt es Gewinn des Herkers“
Nach dieſen erregten Worten zog der junge Mann
aus der Seitentaſche einen Hinrichtungsbefehl gegen den
jungen Grafen Luigi G .., dem nur die Unterſchrift
Robespierre's noch mangelte.
Gleichzeitig überreichte er ein bereits verfertigtes
Begnadigungsinſtrument und bittet Rebespierre um
Anullirung des Vrhafts⸗ und um Beſtätigung des Be-
guadigungsbefehls.
Mechanuiſch unterſchreibt Robespierre und überreicht
mit folgenden Worten den Begnadigungsbefehl:
„So, doch nun möchte ich Ihren Namen wiſſen,
Bürger 2“ ö ö
„Sagen Sie lieber Bürgerin“, war die Antwort des
räthſelhaften Jünglings. „Ich bin ein Weib, heiße
Marietta C.. . und bin die nun glückliche Braut des
durch Schachſpiel gewonnenen Grafen Luigi W.
Sie eilte der Thüre zu, dort blieb ſie jedoch ſtehen,
heftete noch einen eigenthümlichen Blick auf Robespierre,
ein kurzer Dank „Gott mit allen“ war der Gruß der
Schönen und leichteren Schrittes enteilte fie dem Kaffee-
hauſe, in dem ſte ein verlorenes Leben zurückgewonnen
hatte.
Die Eröffunng der Weltausſtlellang in
ö Philabelphia.
Ueber die am 10. d. M. ſtattegefundene Eröffnung
der Weltausſtellung zu Philadelphia geben die Kabeltele-
gramme recht ausführliche Nachrichten. Das Wetter
war in der letzten Zeit ſo regneriſch geweſ n, daß der
Boden der Alleen und halbgepflaſterten Straßen auf
dem Ausſtellungsgrunde und in dem ihn umgebenden
Park zu einer faſt ungangbaren Moraß maſſe aufge-
weicht war. Dieſer Umſtand, ſowie das Fehlen aller
jener kleinen Reſtaurants, Pavillions und ſonſtiger Pri-
vatgebäude, welche die Ausſtellungshallen ſpiter mit
einem anmuthigen Gürtel umkleiden ſollen, verl'eh dem
Ganzen etwas Unfertiges, Halbvoll udetes. In ſo fern
war freilich das feuchte Wetter dem Unternehmen zu
Gute gekommen, als es die Veßetation dvefördert und die
ganze Landſchaft rings umher mit dem Liebreiz eines
frühzeitigen Sommers umkleidet hatte. Auch zeigte ſich
die Sonne freuaduch, den ein öberans klarer und heiterer
Tag verlieh der Eröff aungsfeierlichkeit etnen beſonderen
Glanz. Schon früh Morgens läuteten alle Glocken der
Stadt und alle öff ntlichen wie Pridatgebäuze prangten
in einem Flaggenſchuuck, wie die Stadt der Q äker ihn
wohl ſchwerlich noch jemals geſehen. Die Independence
Hall, das hervorragendſte Bauwerk der Stadt, zeigte
nicht reniger als 4000 Ellen Flaggen in den Farben
oller Natlonen; auch das gegerüber liegende Repräſen-
tantenhaus hatte gegen 200 Fahnen an ſeinen verſchie-
denen Feuftern und Balkonen angebracht. Gegen 7½
Uhr ſetzte ſich ein militäriſcher Feſtzug, beſtehend aus
Infanterie, Kavallerte, Artillerie und Marine⸗Soldaten
der Vereinigten Staaten ſowie der Einzelſtaaten Penn-
ſylvanten und Moſſachuſets, nach der Wohauns des
Präſidenten Herrn Cvi ds in Bewegung Von dort ſchloſ-
ſen ſich in offeren Wazen der Präfident Grant, Herr
Childs, der Staatsſecretär Fiſh, der Gonverneur Har-
tranft von Penuſylvanien ſowie das ganze Cabinet dem
uge an. Um 10½ Uhr erreichte derſelbe das Aus-
ſtellungsfeld. So weit das Auge reichte, war deſſelbe
von einer unzählbaren Menſchenmenge umlagert, welche
tbeils aus Philadelphia, theils vermittelſt der zahlreichen
Extrazüge aus anderen Srädten herbeigeeilt war. Zwi-
ſchen dem Houptausſt llunasgebäude und der Kunſtgalerie
waren zwei Plattformen mit terraſſenformig anſteigenden
Sitzen errichtet worden, die eine für die Ehrengäſte, die
ondere für den Chor von 1000 Sängern. Auf der
Ehrengallerie befanden ſich unter Anderen die Mitglie-
der des diplomatiſchen Co ps, die Congreß⸗Mitglicder,
die Gouverneure der Einzelnaaten, die einbeim ſchen und
auswärtigen Ausſtellungs commiſfionen nebft den Rich-
tern, die fremden Conſuln und in einer beſondern Loge
auch der Kaiſer und die Kaiſerin von Brafilien. Das
Erſcheinen des Pröſidenten wurde mit lebhaftem Beifall
begrüßt. Die Feierlichkeit begann damit, daß ein Or-
cheſter von 160 Perſonen die Nationalhymne aller Aus-
nehmbar wurde.
Robespierre, den Kepf in die linke Hand geſtützt,
beftete ſeine großen glänzenden Augen auf den gegen-
überſitzenden Spieler. Er begegnete den aufgeſchlagenen
Wimpern des jungen Mannes, erſchrack ſichtlich über-
deſſen Blick — warum oder weßwegen? konnte er ſich
vielleicht ſelbſt nicht erklären.
Noch einige Züge und „gewonnen“, jauchzten die
Zuſchauer. ö
Der räthſelhafte junge Mann gewann die Partie.
„Gut,“ prach Robespierre. ö
„Sehr gut“, doch ſpielen wir die zweite. ö
Abermals begannen die Figuren des Schachs in mo-
derirtem Tempo ihre Schritte oder Sprünge.
Der junge Mann ſchien jetzt gefaßter, mit noch
mehr Aufmerkſamkeit zu ſpielen. Jedermann war in
athemloſer Erwartung, wie es jetzt wohl enden würde,
als zu Aller Erſtaunen und Troſt, nach kaum zehn Mi-
nuten dauerndem Spiele, der junge Mann, diesmal mit
lauter Stimme, ein „Matt“ vernehmen ließ.
Das Geſicht Robespierre's verdunkelte glühender
Zorn, doch mit bemeiſterter Kraft frug er:
„Eigentlich, was iſt der Preis, um den wir geſpielt
und den ſie gewonnen?“ ö
Thränen in den Augen, entgegnete in langſam her-
vorgepreßten Worten der junge ſchöne Mann:
„Der Preis iſt ein Menſchenleben und ich habe das-
ſelbe gewonnen!“ ſprach er ükerſtürzend leidenſchaftlich
weiter, „und Sie müſſen es mir ſo ſchnell als wöglich
geben, ſonſt iſt es Gewinn des Herkers“
Nach dieſen erregten Worten zog der junge Mann
aus der Seitentaſche einen Hinrichtungsbefehl gegen den
jungen Grafen Luigi G .., dem nur die Unterſchrift
Robespierre's noch mangelte.
Gleichzeitig überreichte er ein bereits verfertigtes
Begnadigungsinſtrument und bittet Rebespierre um
Anullirung des Vrhafts⸗ und um Beſtätigung des Be-
guadigungsbefehls.
Mechanuiſch unterſchreibt Robespierre und überreicht
mit folgenden Worten den Begnadigungsbefehl:
„So, doch nun möchte ich Ihren Namen wiſſen,
Bürger 2“ ö ö
„Sagen Sie lieber Bürgerin“, war die Antwort des
räthſelhaften Jünglings. „Ich bin ein Weib, heiße
Marietta C.. . und bin die nun glückliche Braut des
durch Schachſpiel gewonnenen Grafen Luigi W.
Sie eilte der Thüre zu, dort blieb ſie jedoch ſtehen,
heftete noch einen eigenthümlichen Blick auf Robespierre,
ein kurzer Dank „Gott mit allen“ war der Gruß der
Schönen und leichteren Schrittes enteilte fie dem Kaffee-
hauſe, in dem ſte ein verlorenes Leben zurückgewonnen
hatte.
Die Eröffunng der Weltausſtlellang in
ö Philabelphia.
Ueber die am 10. d. M. ſtattegefundene Eröffnung
der Weltausſtellung zu Philadelphia geben die Kabeltele-
gramme recht ausführliche Nachrichten. Das Wetter
war in der letzten Zeit ſo regneriſch geweſ n, daß der
Boden der Alleen und halbgepflaſterten Straßen auf
dem Ausſtellungsgrunde und in dem ihn umgebenden
Park zu einer faſt ungangbaren Moraß maſſe aufge-
weicht war. Dieſer Umſtand, ſowie das Fehlen aller
jener kleinen Reſtaurants, Pavillions und ſonſtiger Pri-
vatgebäude, welche die Ausſtellungshallen ſpiter mit
einem anmuthigen Gürtel umkleiden ſollen, verl'eh dem
Ganzen etwas Unfertiges, Halbvoll udetes. In ſo fern
war freilich das feuchte Wetter dem Unternehmen zu
Gute gekommen, als es die Veßetation dvefördert und die
ganze Landſchaft rings umher mit dem Liebreiz eines
frühzeitigen Sommers umkleidet hatte. Auch zeigte ſich
die Sonne freuaduch, den ein öberans klarer und heiterer
Tag verlieh der Eröff aungsfeierlichkeit etnen beſonderen
Glanz. Schon früh Morgens läuteten alle Glocken der
Stadt und alle öff ntlichen wie Pridatgebäuze prangten
in einem Flaggenſchuuck, wie die Stadt der Q äker ihn
wohl ſchwerlich noch jemals geſehen. Die Independence
Hall, das hervorragendſte Bauwerk der Stadt, zeigte
nicht reniger als 4000 Ellen Flaggen in den Farben
oller Natlonen; auch das gegerüber liegende Repräſen-
tantenhaus hatte gegen 200 Fahnen an ſeinen verſchie-
denen Feuftern und Balkonen angebracht. Gegen 7½
Uhr ſetzte ſich ein militäriſcher Feſtzug, beſtehend aus
Infanterie, Kavallerte, Artillerie und Marine⸗Soldaten
der Vereinigten Staaten ſowie der Einzelſtaaten Penn-
ſylvanten und Moſſachuſets, nach der Wohauns des
Präſidenten Herrn Cvi ds in Bewegung Von dort ſchloſ-
ſen ſich in offeren Wazen der Präfident Grant, Herr
Childs, der Staatsſecretär Fiſh, der Gonverneur Har-
tranft von Penuſylvanien ſowie das ganze Cabinet dem
uge an. Um 10½ Uhr erreichte derſelbe das Aus-
ſtellungsfeld. So weit das Auge reichte, war deſſelbe
von einer unzählbaren Menſchenmenge umlagert, welche
tbeils aus Philadelphia, theils vermittelſt der zahlreichen
Extrazüge aus anderen Srädten herbeigeeilt war. Zwi-
ſchen dem Houptausſt llunasgebäude und der Kunſtgalerie
waren zwei Plattformen mit terraſſenformig anſteigenden
Sitzen errichtet worden, die eine für die Ehrengäſte, die
ondere für den Chor von 1000 Sängern. Auf der
Ehrengallerie befanden ſich unter Anderen die Mitglie-
der des diplomatiſchen Co ps, die Congreß⸗Mitglicder,
die Gouverneure der Einzelnaaten, die einbeim ſchen und
auswärtigen Ausſtellungs commiſfionen nebft den Rich-
tern, die fremden Conſuln und in einer beſondern Loge
auch der Kaiſer und die Kaiſerin von Brafilien. Das
Erſcheinen des Pröſidenten wurde mit lebhaftem Beifall
begrüßt. Die Feierlichkeit begann damit, daß ein Or-
cheſter von 160 Perſonen die Nationalhymne aller Aus-