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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Heilbut, Emil: Etwas über die symbolistische Bewegung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0051

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von kserman kselferich.

Z5

und deren Inhalt eine ganz ähnliche Wirkung übt wie Rossettis Figuren. Und Wolter Crane ist ein jüngeres,
sehr frisches, sehr beachtenswertes Element, freilich in der Farbe ohne die Feinheit, ohne die Harmonie seiner
älteren Brüder, in der Erfindung aber reich und schön. Burne Jones, von dem wir Gelegenheit hatten des
öftern zu sprechen, ist ihm in der Harmonie unendlich überlegen und in dem Reize mancher seiner primitiven
Zeichnungen von Figuren in Landschaften und in manchen seiner Kopfstndien, die die Meisterschaft alter Künstler
dem Ausdruck der Modernität gesellen, ebenfalls.

Man kann unmöglich von Vorbildern der Symbolisten in England sprechen, ohne Whistlers zu gedenken,
der so lange dort gelebt hat. Zwar würde Whistler selbst sich kaum dahin erklären, daß er ein Symbolist sei.
Aber das führt uns nur auf eine ganz allgemein zu nehmende, und wie wir glauben, lehrreiche Erscheinung,
die nämlich, daß wir stets uns überzeugen müssen, wie prekär unsere Klassifizierungen sind. Wir sagen von
Whistler, er sei ein Symbolist. Warum? Nun, seine Farben sprechen dafür. Er zieht gewisse Farben ans

Dir Schäferin, von Lharles Sxrague Pearce.

den Farben der Welt heraus und bevorzugt sie. Und es liegt etwas Träumendes, Sinnendes, Weltfernes und
insofern der Welt Entgegengesetztes in dem Ausdruck seiner Bilder. Die Titel seiner Bilder beweisen das Erste:
„Harmonie in Blau und Silber", „Harmonie in Schwarz und Gold" nennt er zum Beispiel einige Bilder.
Und der Ausdruck seiner Bilder ist so unzweideutig, daß man keines Hinweises bedarf. Aber wieso er wieder
kein Symbolist ist, läßt sich auch leicht zeigen. Seine Werke sind so vollständig malerisch, daß sie sich ohne
Stockung den Meisterwerken der alten Kunst beigesellen lassen. Warum also sie symbolistisch nennen? Sie
haben symbolistische Elemente, gehören aber ebensosehr in allgemeines Gebiet. Diese Erwägung führt uns
weiter. Wir haben bei Liebermann bemerkt, wie man ihn in verschiedenen Epochen verschieden einrangiert hat.
Als man den Naturalismus bei uns begründete, teilten wir Liebermann den Naturalisten zu. Und da sich
der Naturalismus jetzt als Kunsttheorie zu zersetzen beginnt, heben wir das in Liebermann hervor, was dem theo-
retischen Naturalismus nicht entspricht und erhalten uns so Liebermann lebendig, obwohl wir die Formeln,
unter denen wir ihn zuerst ansahen, verlassen. Dies beweist nicht allein die Zerbrechlichkeit, sondern die große
Mangelhaftigkeit der Theorien. Theorien sind ja nicht Selbstzweck, sie dienen nur, um uns die Künstler
zu erklären, und sie sind kein entsprechendes Abbild des Künstlers. Sie sind nicht wie eine Form, in die der
 
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