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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Heilbut, Emil: Etwas über die symbolistische Bewegung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0052

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Etwas über die symbolistische Bewegung.

Künstler gegossen ist. Daß wir die Künstler verstehen, darauf kommt es an, und die Theorien, wenn sie auch als
Selbstzweck erfunden werden, werden von uns benutzt, um als ein Gerüst zu dienen, an dem wir zu den
Künstlern hinaufgelangen, zu ihrer nächsten Betrachtung gelangen zu können hoffen. Die Künstler
bleiben, die Konstruktionen zerfallen — und dann errichtet man andere. So bleibt ein Künstler der gleiche,
wird aber in verschiedenen Epochen verschiedene Konstruktionen vor sich aufgerichtet finden. Keine Konstruktion
stimmt genau für ihn, eben weil er ein Künstler und das heißt ein Einzelwesen ist; aber viele Konstruktionen
können etwas an ihm erklären, denn er hat mannigfache Eigenschaften und kann einer Gemeinschaft von Gläubigen

ein Idol, und kann einer anderen Gemein-
schaft wegen solcher Eigenschaften, die sie
an ihm genießen kann, in einer Nebenlinie
verehrenswert sein. Woraus die Lehre zu
entnehmen ist, daß es in der Kunst aufs
Talent ankommt und gar nicht auf Prin-
zipien. Die Prinzipienreiter lassen es ihre
Aufgabe sein, die Talente, so gut es geht,
und es geht immer, wenn man mit einem
L peu prs5 zufrieden ist, — in ihre Prin-
zipien einzureihen. „Gieb uns Talent"
müssen darum alle Kunstjünger beten,
denen es um Dauer ihres Wirkens zu thun
ist; und es ist ganz einerlei in welcher
Richtung.

In einer gewissen Zeit wird man die
Symbolisten, als Begriff gefaßt, nicht mehr
gelten lassen. Aber jene Künstler, die mit
den symbolistischen Ideen viel Gemein-
sames und dabei ein großes Talent hatten,
dauern fort. Wie können wir denn eigent-
lich Millet erklären? Finden wir ihn er-
klärt, indem wir ihn einen Naturalisten
heißen? ganz und gar nicht. Man nannte
ihn in seiner Zeit einen Naturalisten, weil
man ihn so am ehesten fassen, begrenzen,
bezeichnen konnte. Aber unser Respekt und
unsere Liebe lehren uns, daß Millet eben
nur Millet ist, daß Velazquez Velaz-
quez ist, daß Fra Angelico nur mit
Fra Angelico verglichen werden kann, und
daß Idealisten, Realisten, Naturalisten
immer nur beliebige Parteigänger sind,
die ein Tag verweht.

Nach dieser Abschweifung, die selbst-
verständlich ebenso die Symbolisten trifft,
kehren wir zu den weiteren Vorbildern und
Mitgliedern der Gruppe, die uns jetzt be-
schäftigt, zurück und gelangen nach Frankreich.

Dort muß man, in der älteren Gene-
ration, auf Puvis de Chavannes Hinweisen,
den man bei uns genügend kennt, sodaß
ich nicht zu verweilen brauche, und auf Moreau, der ziemlich unbekannt ist, weil er sich von Ausstellungen
am liebsten fern hält. Er ist so wie die englischen Meister mehr von einer latenten als heldenhaften
Intensität ä 1a Böcklin. Er ist intensiv in seiner Farbe, wenn er die Erfindung von Kostbarkeiten liebt,
Leyern, die mit Edelsteinen besetzt sind, bei seinen Bildern aus der griechischen Welt, Königsthrone
mit finster-reichem Luxus, in leuchtenden Hallen mit seltsamer Architektur, bei seinen Bildern aus der
Welt der Bibel. Grasset ist ein Meister des Ornaments wie Morris in England. Auch bei ihm ist das
Ornament inhaltvoll, beziehungsreich, symbolisch. Das Ornament, aus einem bestimmten Material gezogen,
giebt bei ihm eine bestimmte Idee, z. B. daß er, wenn er Lilien zeichnet, durch die Linienführung, die er giebfi





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Allegorie, von Wilhelm Steinhaufen.
 
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