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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Szana, Thomas von: Ein ungarischer Bildhauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0230

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Ein ungarischer Bildhauer.

Denkmal des Königs Wakkhias Lvrvinns. von Johann Fadrusz.

Sin unnarischer Bildhauer.

von Thomas

Johann Fadrusz, der junge ungarische Bildhauer,
^ schwingt sich ebenso wie sein berühmter Lands-
mann Michael Munkäcsy vom schlichten, anspruchs-
losen Handwerker mit großer Schnelligkeit z'um bekannten
Künstler hinauf. Noch vor einigen Jahren verdiente er
sich in seiner Vaterstadt, in Preßburg, in der Werk-
stätte eines Schlossermeisters sein tägliches Brot. Das
Handwerk war eben nicht leicht zu nennen.

Da — es war im Jahre 1883 — geschah es,
daß man in Preßburg eine Kunstausstellung ver-
anstaltete zum Nutzen eines Hummel-Denkmal-Fonds; das
Denkmal sollte das Werk Viktor Tilgners werden,
jenes Künstlers, welcher ebenfalls dieser Stadt entstammt.
Der Ausstellungssekretär war schon mitten in der
Placierung der eingelangten Kunstobjekte, als zu ihm
ein junger Mann trat in vernachlässigten Kleidern, jedoch
mit glänzendem Auge und schwärmerischen Blick. Gar-
furchtsam trug er die Bitte vor, daß auch er ge-
sonnen wäre, etwas auszustellen. Es war ein Ahasverus-
Kopf, knapp vor der Vollendung.

Dem Ausstellungssekretär fiel das sichere Auftreten
des jungen Mannes auf, und als er nach einigen Tagen
in einem abseits gelegenen Stadtteile das im Entstehen
begriffene Werk erblickte, gewährte er mit Vergnügen
die Ausstellung der ersten Arbeit des jungen Naturalisten.
Das Bildwerk erregte allgemeines Aufsehen, und die
Kunstliebhaber begannen sich für die Vergangenheit des
jungen Mannes zu interessieren. Da erfuhren sie, daß

von Szana.

Fadrusz das Kind armer Eltern sei; er war Schlosser-
lehrling, Soldat, Schwimmeister in Prag, Schüler eines
ungarischen Kunstschnitzerei-Jnstitutes, und jetzt arbeitete
er wieder für geringen Tagelohn in der Werkstätte eines
Schlossermeisters.

Seine neuen Freunde konnten cs nicht zulassen,
daß er mit solchen Arbeiten sein schönes Talent töte;
sie empfahlen ihn aufs wärmste dem Bildhauer Tilgner,
und der Wiener Meister nahm, als er eine von den
Fadruszschen Holzschnitzereien sah, den jungen Mann
freudig in sein Atelier auf. Fadrusz beobachtete andert-
halb Jahre hindurch an der Seite dieses bedeutenden
Künstlers die Geheimnisse des Porträtierens, der Charak-
terisierung, der vornehmen Gestaltung und des malerischen
Effektes. Er arbeitete viel, hauptsächlich an Porträts,
und das Gelingen dieser Arbeiten veranlaßte die Preß-
burger Sparkasse dem jungen Kunstjünger eine jährliche
Stipendie von 600 Gulden zu gewähren. Mit dieser
Unterstützung kehrte der junge Mann nach Wien zurück,
wo er an der Hochschule für Bildende Künste Schüler
von Hellmer wurde. Dieser entwickelte in ihm den
starken Realismus der Anatomie wie den monumentalen
Sinn.

Gestützt auf die in Wien eroberten Kenntnisse
arbeitete Fadrusz jahrelang in seiner Vaterstadt, ohne daß
es ihm gelungen wäre, sich aus dem Halbdunkel empor-
zuschwingen. Seine Porträts und kleineren selbstän-
digen Kompositionen, für welche er kaum nennenswerte
 
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