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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Springer, Jaro: Die 1895er Jahres-Ausstellung der Münchener Secession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0366

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Die > syser Iabres-Ausstellung der Dkürichener Secession.

brutaler Sinnlichkeit ist diese Sphinx.

Solche Auffassung ist ja bei Stuck
nichts Neues, aber so überzeugend
ist er doch noch nicht in der Dar-
stellung der Naturgewalten gewesen.

Naturgewalten sind ihm auch die
Centauren, die Böcklin in die mo-
derne Kunst eingeführt hat, die aber
nächst diesem keiner so glücklich ver-
wendet als wie Stuck. Stucks
Centauren sind anders geartet als
die Böcklins. Sie sind wilder und
brutaler, es fehlt ihnen das Bur-
leske und Rüplige, das die Cen-
tauren der Böcklinschen Rasse haben.

Stucks hier ausgestellter Centauren-
kampf „Die Rivalen" (Abbildung Idyll. von Richard Riemerschmid.

im nächsten Heft) , verglichen mit Intern. Kunstausst. 1.895 des Vereins bild. Künstler (Secession) zu München.

einem der Centaurenkämpfe Böck-
lins, etwa mit dem, der jetzt gleichzeitig im Glaspalast hängt, lehrt am besten die Unterschiede kennen. Ebenso
erscheint der Centaur als Liebhaber bei Stuck anders als bei Böcklin. Auch ein solches Bild hat Stuck aus-
gestellt. Es zeigt einen gewaltigen Centauren, der sich ein Weißes nacktes Weibchen gefangen hat, es festhält
und im sicheren Bewußtsein seiner männlichen Kraft es geil anlacht. Stuck steht auch darin selbständig neben
Böcklin, mit dem er so vieles gar nicht einmal gemein hat. Aber er steht natürlich nicht über ihm. Denn
Arnold Böcklin ist doch der eine und einzige, der das 19. Jahrhundert als Künstler überragt, wie Rem-

brandt das 17. Er ist immer ganz Maler und ein solcher, dem die Phantasie
in glühenden Farben entströmt. Das Bild „Venus genitrix" (siehe Vollbild
dieses Heftes) ist ein Triptychon. Im Mittelbild Venus im dunkelblauen
Mantel mit hellbläulichem, weich beschattetem Fleisch über Hellen Wolken
schwebend und einen Triangel schlagend. Der linke Flügel ist geteilt, oben ein
Liebespaar im Freien kosend, unten Amor am Brunnen mit seinen Pfeilen
beschäftigt. Auf der rechten Seite das Bild der Familie, ein Mann Früchte
vom Baum brechend und eine Frau mit dem Kind an der Brust, dahinter eine
italienische Stadt in Heller Sonne daliegend. Das Bild ist in den bedeutsamen
Beziehungen zwischen den einzelnen Teilen von so feinem Geist, wie ihn
Böcklin doch selten zu geben Pflegt. Und unvermindert erscheint daneben die
lebendige Kraft seiner Farben.

Dann noch ein anderes älteres Bild Böcklins, „Odysseus und Kalypso".
Der Vieldulder steht, ganz in einen blauen Mantel gehüllt, abgewendet auf
dem braunen Felsen, in Sehnsucht über das Meer blickend, und vorn sitzt die
Schöne, die ihn so lange gefesselt hielt, auf einem roten Mantel, der den
frischen nackten Leib in verlockendem Reiz zeigt. Und dann noch die „Nacht",
ein Weib im roten Mantel mit einem Füllhorn im Arm über der nächtlichen
Landschaft schwebend, weiter der Kopf einer weinenden „Maria Magdalena",
eine neue „Burg am Meer" — so viele es sind, in jedem Bilde erscheint er-
neu und jung. Fritz von Uhde hat zwei Bilder ausgestellt, ein drittes,
das der Katalog anfführt, wird erst nach Schluß der Pariser Salons zur
Ausstellung kommen. Nicht, um ihm etwa einen Platz in einer Art Rang-
ordnung anzuweisen, wird er erst jetzt hier genannt. Er ist der Vater der
Secession und ihr führender Meister. Aber es ist natürlich, daß es mehr lockt,
den jüngeren Leuten nachzugehen, die um ihn herum aufgekommen, als gerade
ihm, dem reifen Meister, dessen Ruf und einzige Bedeutung längst feststeht.
Ihn nach Böcklin zu betrachten, reizt. Uhde ist gewiß im heutigen Sinne der
Modernere, Nervösere, auch als Maler Edelmann und von souveränem Em-
pfinden. Aber Böcklin ist der intensivere und gewiß der naivere Künstler.
Im großen Bilde malte Uhde die Knechte, die um „Christi Rock" würfeln.
Der eine stützt sich auf eine mächtige Lanze, die aufrecht auf den Boden

Lallablüken.

Von Margarete v. Kurowski.
Intern. Aunstausft. 1.895 des Vereins bild.
Künstler (Secession) zu München.
 
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