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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Springer, Jaro: Die 1895er Jahres-Ausstellung der Münchener Secession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0367

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von Jaro Zxringer.

2Sl

gestellt das Bild in der Mitte teilt. Links die Gruppe der Würfler, dabei die prächtige Figur eines Ge-
panzerten, der sich vorbeugt. Rechts neben dem, der den roten Mantel, wie um die Spiellust zu steigern,
ausgebreitet hochhält, die schöne Figur einer Frau, die in echt weiblicher Bewegung mit den Fingern leise den
Stoff des Mantel prüft. Das Bild ist im ganzen in dunklen Farben gehalten und erhält durch die hellere
Kleidung der Frau und den glitzernden Panzer des Vorgebeugteu auf jeder Seite einen bestimmten koloristischen
Accent. Das klüglich erwogene Kolorit giebt, wie ich meine, diesem unter den übrigen Bildern Uhdes hohen
Wert. Das zweite Bild Uhdes behandelt den „Ritt der heiligen drei Könige nach Bethlehem". Dem Stern,
der am Abendhimmel glänzt, folgend, reiten sie einen Abhang hinunter und sehen vor sich im Hellen Licht
erstrahlend die heilige Stätte der Geburt Christi. Ich glaube aber nicht, daß Uhde etwa ihm noch Wider-
strebende durch dieses Bild gewinnen wird. „Die singenden Musen" von Wilhelm Bolz sind in den schattigen
Farben gehalten, die seinen Bildern so feine Wirkungen verleihen. Die Musen, rot, violett und grün gekleidet,
singen im Tanzreigen auf einer dunklen Wiese, hinter der sich eine lichte, von der Sonne beschienene Anhöhe
erhebt. Auch Max Slevogt gehört zu den jüngern Münchenern, die auf dieser Ausstellung angenehm über-
raschen. Zunächst hat er ein bestes Porträt eines Herrn mit (der Dargestellte wird es nicht übel nehmen)
roter Nase ausgestellt. Dann ein Menschenpaar, Prächtig gemalte Akte, besonders der Mann und schließlich
einen „Tanz der Salome" (Abbildung im nächsten Hefte) in bunter Färbung. Das alte Thema ist recht
modern variiert, und die halbnackte Tänzerin im rotem Gewand mit ihren wollüstigen Bewegungen erinnert an
die Vorführungen der ckanss cko ventrs im Pariser Montagne Russe. Der Alte hinten im gelben Rock, der
vor Aufregung zittert und mit klapprigen Händen Beifall klatscht, ist eine prächtig erfundene Figur. Im
grellen Farbenspiel ist das Bild von anreizender Wirkung. Slevogt erinnert in dieser betonten Sinnlichkeit,
aber nur hierin, an Albert Keller, der auf der diesjährigen Ausstellung leider gänzlich fehlt.

Unter den Porträtisten der Secession ringt sich Leo Samberger, so wenig er das auch anfangs zu
versprechen schien, immer mehr empor. Die Nachahmung Lenbachs wird man ihm vor diesen letzten Bildern
doch nicht mehr mit Recht vorwerfen dürfen. Gewiß kommt er von Lenbach her, aber er ist jetzt doch, ich
will nicht sagen über sein Muster hinausgekvmmen, aber von seinem Einfluß frei geworden und zu einer ihm
eigenen Ausdrucksweise gekommen, die nur in wenigem noch an Lenbachs Dialektfärbung anklingt. Stucks
Bildnis (Abbildung ans Seite 289) möchte ich von den drei ausgestellten besonders feiern. Einer, der im
vorigen Jahre, als einer der besten unter den Secessionisten, starb, Bruno Piglhein, ist mit einem nach-
gelassenen Bild wohl zum letztenmal auf dieser Ausstellung vertreten. Es ist das leider nicht ganz vollendete
Bildnis seiner schönen Frau, in der lässigen Haltung, dem sinnenden Ausdruck, den sanften Farben, die Piglhein
in den letzten Jahren seinen weiblichen Porträts gern
gab, und womit er so reizvolle Wesen von zärtlicher Hin-
gabe zu schaffen wußte. Eine ähnliche Stimmung hat
F. M. Bredt seinem Damenporträt mit dem Titel „ver-
klungene Lieder" gegeben, eine Stimmung, die namentlich
durch die Färbung angeschlagen und gehalten wird. Die
Dame von einnehmendster Schönheit ist in grünen Sammet
gekleidet, der die Weißen Arme und das geöffnete blonde
Haar fein abhebt. Das große Doppelporträt zweier jungen
Damen in Pastell von I. B. Scherer (Abbildung auf
Seite 298) ist recht pikant gemacht. Kräftigere Wirkungen
erzielen in ihren Bildnissen Olga von Boznanska,
deren schwarzgekleidete Dame auf hellgrauem Grund von
sprechender-Lebendigkeit erscheint, Ernestine Schultze-
Naumburg (schwarz und rot), Hans B. Wieland
(violett und hellgrau) (Abbildung auf Seite 302j, Max
von Sehdewitz (eine Dame von freilich wenig anmutiger
Erscheinung, aber mit klugem Gesicht). Und dann möchte
ich noch eine kleine Porträtstudie von Carl Guss ow er-
wähnen (Abbildung im nächsten Hefte). Ein junges
Mädchen in rosaviolettem Kleid neben einem blauen Stuhl
stehend auf grauem Grund, ein äußerst fein und zart ge-
stimmtes Bildchen. Besser noch gefällt mir das Land-
schastsbild Gussows, „Dämmerung", ein Liebespaar am
Rande eines Waldes, der schon im Abendschatten liegt,
auf eine Stadt zuschauend. Gussow lebt erst seit wenigen MkuiLnnrrlPikal in Lübeck, von Gottb. Auekl.
Jahren in München, früher war er in Berlin einer Intern. Aunstau-st. i89s de-verein-biid. nunMer (Scceffwn) zu mün»en.

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