Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

DOI Artikel:
Relling, ...: Die Große Berliner Kunstausstellung, [2]
DOI Artikel:
Crane, Walter: Kunst und Volkstum, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0373

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2Y6

Die Große Berliner Kunstausstellung. Don Dr. Relling. — Kunst und Dalkstum.

Schulen zu merken, wie die Lust, Historisches in den
schillernden und prunkenden Gewändern der Vergangenheit
und auch wieder in riesigen Formaten zu malen, wieder
erwacht scheint. Ich konstatiere einstweilen das Symptom,
ohne zunächst daraus Schlüsse ziehen zu wollen. Bei

den Franzosen der Champs Elysees stellt auch M. Mun-
kacsy aus. Aber gerade in der französischen Gesell-
schaft, wo man so nahe und deutlich sieht, wo er herkommt,
erscheint er nicht gut und nicht selbständig.

(Ein Schlnßartikel im nächsten Hefte.)


Aunst und VolKFtum?

Don Walter Lrane.

n unfern Tagen der politischen Kämpfe, da heftige Ge-
bnrtswehen die Lösung der sozialen Frage verkünden,
jetzt, da die Ritter der Arbeit sich enger und enger zu-
sammenschließen und ihre Massen organisieren zum ent-
scheidenden Ansturm gegen die scharfverteidigte Hochburg
des Kapitals, jetzt, da nur Krieg und Kriegsgeschrei die
Lüfte erschüttert, inmitten all der Wirrnisse dieses Zu-
sammenstoßes, die es vielen unserer Mitbürger kaum ge-
statten, das nackte Dasein durchzubringen —- in einem
derartigen Moment von Kunst sprechen zu wollen, das
mag auf den ersten Blick hin traun gar seltsam er-
scheinen.

Nun, es kommt eben darauf an, was wir eigentlich
unter dem Begriff „Kunst" verstehen. Verstehen wir
darunter den tollen Trödelplnndcr und das gemeine Be-
hagen eines im eigenen Golde erstickten Reichtums, einer-
verrückt gewordenen Modelauue — jene Schminken und
Schönheitspflästerchen, mit denen man sich bemüht, das
Antlitz unserer modernen Gesellschaft zu glätten und
hcrauszuputzen, damit mir ja all jene tausend Runzeln
und Fältchcn verborgen bleiben, welche eine zu offene
Sprache predigen würden? Verstehen wir darunter jenen
erbärmlichen Lohnsklaven eines aufgeblasenen Protzen-
tums, dessen Launen und Hirnverbranntheiten es zu

schmeicheln gilt — einen Hanswurst also der Komödie,
stets zur Hand mit billigen Narrenpossen, gezwungen um
Beifall, sei es auch nur gerade augenblicklichen, zu betteln,
damit der arme Teufel mir nicht verhungern muß? Oder
verstehen wir endlich darunter die Notierungen des Welt-
marktes — gilt uns ein fabelhafter Preis als Maßstab,
beurteilen wir den Wert eines Kunstwerkes darnach, ob
man es auch mit Gold aufwiegt, während es vielleicht
der eigene Schöpfer für jedes Schmachangebot verschleudern
mußte? — Verstehen wir das unter Kunst? — Oder
verstehen wir nicht vielmehr darunter jenen süßen,
rührenden Zauber, der uns gleichsam aus uns selbst
hcrauslöst, jenen Genius der Schönheit und Harmonie,
welcher jedwed Ding weiht, das sein Hauch streifet,
welcher weder Klassen noch Kasten kennt, welcher eine
die Allmenschheit umschlingende Sprache Predigt, welcher
da ein Freund der Freiheit und Brüderlichkeit, welcher
Ordnung stellt an Stelle der Zerrissenheit, Milde an
Stelle der Gewalt; der kein Gegenstand des Privatbesitzcs
ist, nein der uns allen gehört, dessen Wert und Wichtig-
keit sich weder in Goldeswert ansdrücken, noch durch
Goldesmacht beeinflussen läßt, sondern der lediglich be-
gründet ist auf menschenwürdigen und also auch noch zu
Hoffnungen berechtigenden Daseinsbedingungen eines
Volkes? — Verstehen wir nicht das unter Kunst? —
Jene Erscheinung nämlich, die sich uns auf Schritt und
Tritt aufdrüngt, die uns entgegentritt in Gestalt unserer
Schaufel, unserer Pflugschar mit ihren der Zweck-
mäßigkeit mit liebevoller Sorgfalt angepaßten
Kurven und Konstruktionslinien; jenes Prinzip,
von dem jeder, sei es auch der einfachste, selbst-
verständlichste und alltäglichste Gebrauchsartikel
unseres Lebens und Wirkens durchdrungen ist,
durchdrungen, bald mit der Absichtlichkeit einer
zweckbcwußtcn und wohlberechnctcn Ausschmückung
unserer Wohnungen, bald in der mehr zufälligen
Anordnung des Gusses, des Schnitzwerks, des
Musters unserer Möbel, vom Präsentierbrett
mit der Wasserkaraffe dort auf dem Tisch bis
hin zu jener Tapete an der Wand.

Solche einfachen, schlichten, oftmals ganz
übersehenen Dinge haben, ohne daß wir es eigent-
lich recht ahnen, einen gar gewaltigen Einfluß
auf uns, wenn wir uns nämlich in unserer Um-
gebung glücklich fühlen sollen, Gemüt und der
Begriff Heim, mit all ihren zarten, echt mensch-
lichen Bedürfnissen sind ja mehr oder weniger
von ihnen abhängig. Dies gilt vielleicht selbst
von unseren Tagen mit ihren riesigen Massen-
guartieren und deren heute kommenden und
morgen wieder gehenden Einquartierung auf der

Aus dem demnächst in deutscher Bearbeitung erscheinenden
Werke: »IKe Ltaiins ok Decorative Krt«.

Adam und Eva. Dan Max Htetsckmann.

Intern. Runstausst. xsyö des Vereins bild. Aünstler (Secession) zu München.
 
Annotationen