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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 12.1896-1897

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Schumann, Paul: Die Dresdner Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.12050#0424

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Die Orepdner Aunstklu^stettung.

von Paul Lchuniaiiil.

ie diesjährige Internationale Kunstausstellung in
Dresden hat eine besondere Bedeutung. Sieht man
von den drei Internationalen Aquarell-Ausstellungen ab,
welche die freie Dresdner Künstlerschaft ins Leben ge-
rufen hat, so hatten die Dresdner Kunstausstellungen,
soweit wir sie zurückverfolgen können, nur örtliche Be-
deutung. Sie wurden von der Akademie nach der alten
Schablone ohne besondere Anstrengungen veranstaltet;
jedem Fortschritt war man grundsätzlich abgeneigt. Nie-
mand legte den Ausstellungen höheren Wert bei. Dies ist
nun gründlich anders geworden. In der Akademie sind
neue Männer ans Ruder gekommen, welche im Verein mit
der Secession, den Museumsvor-
ständen und den sonstigen kunst-
freundlichen Elementen der Stadt
fest das Ziel ins Auge faßten,

Dresden die Stellung als Kunst-
stadt zurückzuerobern, die unter
der eigennützigen Gewaltherrschaft
des Klassizismus verloren ge-
gangen war. Die Ausstellung
giebt von dem erfolgreichen Streben
der Dresdner Künstlerkräfte einen
glänzenden Beweis. Wir sind über-
zeugt, daß die Grundsätze, die dabei
befolgt wurden, auch für die Zu-
kunft maßgebend sein müssen und
sein werden, und zwar unbedingt
für alle Städte, die nicht wie etwa
München den größten Teil ihrer
Ausstellungen aus eigenen künst-
lerischen Erzeugnissen bestreiten
können. Es wird übrigens in
Dresden gern zugestanden, daß
der Erfolg der Ausstellung in
erster Linie mit den Erfahrungen
zu denken ist, welche der Vor-
sitzende des Ausschusses Professor
Gotthard Kuehl als Mitglied der
Münchener Secession bei deren Ausstellungen zu sammeln
in der Lage war. Und wenn die Ausstellungen der
Münchener Secession durch die diesjährige Dresdner viel-
leicht überboten werden, so liegt dies einmal an dem
Zusammenwirken so zahlreicher vorzüglicher Kunstkräfte,
wie Baurat Wallot, Architekten Gräbner, Frölich und
Weidner, Maler Kuehl, Bantzer, Bildhauer Robert
Diez u. v. a., die mit seltener Hingebung ihr Bestes
geleistet haben, anderseits an den herrlichen Räumen und
den großen Geldmitteln, welche Stadt und Staat in Er-
wägung der Wichtigkeit der ganzen Sache so bereitwillig
zur Verfügung gestellt haben.

Der erste Grundsatz war: Beschränkung und Aus-
wahl. Man ließ es nicht auf den Zufall ankommen,
wieviel und welche Kunstwerke etwa auf die allgemeine
Aufforderung hin einlaufen würden, sondern sendete in
die einzelnen Kunststädte und Länder Vertreter mit dem
bestimmten Auftrag, je so und soviel Kunstwerke aus-
zuwählen. Es wurde je ein Saal bestimmt für Spanien
und Portugal, Holland,^Belgien, Nordamerika, Dänemark
und Skandinavien, Frankreich, England und Schottland,
München, Düsseldorf, Berlin, Wien, Karlsruhe mit

Weimar und Norddeutschland vereint und Dresden; diese
Einteilung ist im ganzen auch innegehalten worden. Alle
Gemäldesäle haben vorzügliches, wohl abgeblendetes Ober-
licht, der Fußboden ist überall mit Teppichen belegt, die
Wände sind mit Rupfen teils in stumpfem Rot, teils in
stumpfem Graugrün bekleidet, die Gemälde sind meist nur
in einer Reihe, höchstens aber in zwei Reihen überein-
ander gehängt, jedes kommt aufs beste zur Geltung; und
so ist es schon ein Vergnügen, überhaupt nur in diesen
behaglichen Sälen, die mit soviel Geschmack hergestellt sind,
umherzuwandeln.

Zu den Gemäldesälen kommt aber weiter ein pracht-
voller Repräsentationssaal, eine ge-
räumige, gewölbte Halle mit hohem
Seitenlicht, die von Wallot in
klassischer Weise zur Aufnahme von
Bildwerken eingerichtet worden ist.
Die Wände ringsum sind mit
dunkelgrünen Tannenzweigen dicht
bedeckt, die Bildwerke in Marmor,
Gips oder Bronze stehen vor diesem
ungemein geeigneten ruhigenHinter-
gründe zwischen grünen Pflanzen
mit künstlerischem Feingefühl an-
geordnet, so daß auch hier wieder
jedes zur Geltung kommt und zwar
besser als wir es jemals gesehen
haben. Die Mitte des Raumes
nimmt ein Wasserbecken mit Fischen
ein, aus dem dauernd die Wasser-
strahlen emporschießen, auf wohl-
geebneten Kieswegen wandelt man
in diesem prächtigen Wintergarten
umher, in dem vermöge der
grünen Gaze, welche die hohen
Fenster bedeckt, ein feines mildes
Licht herrscht. Einen Pracht-
vollen Abschluß erhält die
Halle durch einen großartigen
Baldachinaufbau in Grün und Goldbrokat, zu dem
Treppenstufen emporführen und aus dem eine geflügelte
Ruhmesgöttin gleich der Nike des Paionios hernieder-
schwebt (gebildet und bemalt von Hösel). Flankiert wird
sie von den auf hohen Postamenten stehenden, farbigen
Maisonschen Reichsherolden, hinter denen schwere Teppiche
in böcklinblauem Sammt angebracht sind; auf den Balu-
straden sitzen reizvolle Putten. Hierzu kommen endlich
zwölf lange schwerseidene Banner, die im Saale verteilt
die zwölf Nationen vertreten, deren Kunstwerke die Aus-
stellung bilden. Die gesamte Halle ist mit wahrhaft vor-
nehmen Geschmack, in gediegener Pracht und ohne alle
Ueberladung zu einem Repräsentationsraum ersten Ranges
umgeschaffen worden, und dabei ist doch der andere Zweck
der Anlage völlig erfüllt, nämlich einen Raum zu schaffen,
welcher die Fülle hervorragender plastischer Kunstwerke,
die hier stehen, aufs wirksamste zur Geltung bringen
sollte. Nicht minder gilt das letztere von einem zweiten
großen quadratischen Saal, den Robert Diez mit sicherem
Verständnis angeordnet hat. Nächstdem fesselt uns ein
Lesezimmer in vollem Rot, mit gelblackierten Möbeln im
Zopfstil, weißer Decke mit freihändig gebildeten feinen

Plakat der Dresdner Kunstausstellung.
 
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