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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Tschudi, Hugo von: Die Jahrhundert-Ausstellung der französischen Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0045

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DER FRANZOSISCHEN KUNST

Kohlenzeichnungen zu erwähnen, der Künst- Kindergesicht sind trefflich charakterisiert und
ler in seinem Atelier (s. S. 36) und eine fein gestimmt die grauen und blauen Töne der
Kopfstudie zu den Demoiselles au bord de Gewänder und das rote Fleisch. Aufder„Heim-
la Seine. kehr vom Felde" (s. S. 41) baut sich die Gruppe
Es war im Jahre 1849, als Millet mit der auf einem Esel reitenden Frau, die ein
Kind und Kegel seinen Einzug in das Maler- Mann mit dem Arbeitszeug und drei Schafe
dorf am Saum des Waldes von Fontainebleau begleiten, monumental vor dem bläulich grünen
hielt, wo er jene Bilder malen sollte, die Abendhimmel auf, an dem ein Stern erglimmt,
ihm, spät freilich, den Weltruhm schufen. Aehnlich wirkungsvoll steht die Silhouette des
Schon fünfunddreissigjährig war er und hatte „homme ä la houe" (s. S. 39), der mit erhobenem
eine reiche, wenn auch wenig befriedigende Arm seinen Kittel anzieht, vor dem rötlichen
Thätigkeit hinter sich. Dieser früheren Dämmerschein. Die „Barriere", ein Holz-
Zeit noch gehört ein kleines Bildchen an, gatter, das vom dunklen Gebüsch der Hecke
„les etoiles hTantes", Frauengestalten mit lang- umrahmt, den Blick auf die helle Land-
wehenden Gewändern, deren helle Körper schaft frei lässt, beschliesst die Reihe der
an dem stumpfblauen Firmament hinziehen, ausgestellten Bilder. Das ist gewiss nicht
und wohl auch das etwas absichtlich vor einen viel für einen Mann, der unter den vielen
bewegten Himmel gestellte nicht sehr glück- Grössen der modernen französischen Malerei
liehe Porträt eines Marineoffiziers. Ein echter als ein ganz Grosser dasteht. Warum hat
Millet aber ist das 1860 gemalte lebensgrosse es die Ausstellungsleitung nicht möglich ge-
Brustbild einer Bäuerin, die ihr Kind füttert macht, wenigstens Millets populärstes Bild,
(s. S. 40). Der stumpfe Ausdruck der jungen den Angelus, dessen Rückkauf aus amerika-
Mutter, die den Löffel anbläst, den die schwere nischem Besitz vor Jahren Paris so emotio-
Arbeitshand sorgsam hält, die Spannung in dem nierte, zu zeigen, da es doch zur selben Zeit

GUSTAVE COURBET (1819-1877) GETREIDE-SIEBERINNEN

(Weltausstellung 1855)

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