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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 3
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Chronik / Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0186

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In welcher Weise die Ahnung des Rechten selbst in
Malern der mittleren Linie um 1855 schon aufstieg,
das zeigt die Stelle aus einem Briefe von Louis Gurlitt,
den sein Sohn, Ludwig Gurlitt, uns freundlichst zur Ver-
fügung stellt. Es enthält dieser Brief einen Bericht des
bekannten Landschafters über die grosse Pariser Kunst-
ausstellung von 1855 an seine Frau. „Ich habe mir vor-
genommen", schreibt er, „nicht mehr auszugehen, und
den Abend ruhig mit Dir zu verplaudern, um einmal von
dem immerwährenden Trubel auszuruhen, der einem den
Kopf ganz wirr macht. Ich sehe so viel Interessantes
und Lehrreiches in meinem Fache, dass ich wünschte,
es auf längere Zeit verteilen zu können. Es ist kaum
möglich, aus diesen massenhaften Eindrücken sich das-
jenige anzueignen, was fördern könnte. Der eine Ein-
druck wird vom nächsten verdrängt. Fast täglich
gehe ich von 9 Uhr bis 1 Uhr in die Gemäldeausstellung
und glaube nun doch schon so viel Überblick über die
5000 Bilder gewonnen zu haben, dass mir nichts sehr
Bedeutendes oder in seiner Weise Interessantes fremd
ist. Manches, was mir zuerst missfiel, ist in meiner
Gunst gestiegen, anderes habe ich jetzt weniger gern.
Die Art, wie die französischen Landschafter malen, ist
nach meiner Meinung in Deutschland unmöglich. Ich
für meine Person würde glauben, in einem fort Ent-
schuldigungen über die Schmiererei machen zu müssen,
wenn mich jemand beim Malen eines solchen Bildes im
Atelier überraschte. Aber es ist nicht zu leugnen; sieht
man die Bilder im gewissen Abstand, so kommt durch
das Zusammenstellen der verschiedenen, nahebei oft
sehr unharmonische Töne, in dem Hin- und Herschmie-
ren der Farben eine Wirkung heraus, so lebendig, wie
die deutschen Bilder sie nicht haben. Einiges, soweit
es meine Kunst- und Naturanschauung zulässt, werde

ich mir anzueignen suchen. Ob ich es aber in einem
kleinen Atelier werde ertragen und möglich machen,
daran zweifle ich sehr. Denn die Bilder machen eigent-
lich erst die rechte Wirkung auf zwölf bis zwanzig
Schritt, während wir neben der Dekorationswirkung aus
weitem Abstände dem Beschauer auch die Freude an
der Durchführung der Details geben möchten, die auch
von den Liebhabern verlangt wird. Hier geht das Publi-
kum willig auf die Art seiner Künstler ein . . ."

Leo Popper, der in diesen Heften gelegentlich mit-
gearbeitet hat, ist, kaum fünfundzwanzigjährig, gestor-
ben. Er war ein begabter junger Bildhauer, dessen Ziele
mit denen Maillols Berührungspunkte hatten. Da er
aber als Künstler noch ein Suchender war, wurde es ihm
zuweilen Bedürfnis, sich mit der Kunst auch theoretisch-
literarisch auseinanderzusetzen. Er that es mit soviel
Redlichkeit, Originalität und österreichisch gefärbter
Anmut, dass man unwillkürlich zu grösseren Hoffnungen
noch gereizt wurde. Die Art zum Beispiel, wie er eine
innere Verwandtschaft zwischen Peter Breughel d. Ä.
und Cezanne entdeckt hat (siehe „Kunst und Künstler"
Bd. VIII Seite 590) gehört zum feinsten, was von jün-
geren Schriftstellern über Kunst geschrieben worden ist.
Es scheint das Schicksal aller Beardsleyartigen Naturen
zu sein, ein frühreifes Formgefühl mit einem frühen
Tod bezahlen zu müssen.

BUKTIONSNACHRICHTEN

BERLIN
Bei Keller und Reiner findet am
, Dezember die Versteigerung
der Sammlung des Kapitänleut-
nants Kuthe-Berlin statt. Die
Sammlung erhält ihren Charakter vor allem durch eine
Reihe von Skizzen und kleineren Bildern Liebermanns;
ferner enthält die Sammlung einen sehr frühen Pissarro
(1850), einen schönen Courbet, interessante Bilder klei-
neren Formats von Cezanne, Renoir, van Gogh usw. -
Die Graphikauktion bei Max Perl brachte einige be-
merkenswerte Preise: Otto Greiner, die Hexenschule
Mk. 475; Max Klinger, Selbstbildnis, Rad. Mk. 6o,,
Opus VI, ein Handschuh, Mk. 905; Opus XIII, vom
Tode Mk. 3200 und Mk. 2300; Louis Legrand, Char-

les VI Mk. 820, les bars Mk.88o, course de danseMk.910;
F. Rops, feminies Mk. 385 ; M. N. Whistler, fishing boat
iMk. 410; A. Zorn, Antonin Proust Mk. 315 usw. —

Die bei der Auktion Gerhardt bei Lepke erzielten
Preise teilen wir im einzelnen nicht mit. Das Gesamt-
ergebnis des ersten Teils waren 572419 Alk.; das des
zweiten Teils 353 935 Mk.

FRANKFURT A. M.

Bei Rudolf Batigel finden im Dezember folgende
Auktionen statt: 12.—13. Gemälde und Antiquitäten,
14. —15. Graphik (Sammlung Stieler, Stuttgart), am 20.
Gemälde und Kunstsachen.

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