DER KAMPF UM BISMARCK
VON
KARL SCHEFFLER
in grosser Aufwand, schmählich!
ist verthan."
Es giebt in dem Spektakel-
stück, das „Wettbewerb für ein Bis-
marck-National-Denkmal" heisst,
weder ein Werk noch einePersön-
I lichkeit, wofür man unbedingt ein-
treten könnte. Das Ganze ist ein Wirrwarr von
Übereifer, Resignation, Intrigen, Entrüstung, Pro-
test, Unreife und falscher Organisation. Das Ganze
scheint nur inszeniert zu sein, um der Zeit zu zeigen
was sie nicht kann.
Woher stammt die Idee dieses „Nationaldenk-
mals"? Aus einem Drang der Nation nach Helden-
verehrung oder aus der Gestaltungssehnsucht ge-
nialer Bildner? Keineswegs. Sie geht zurück auf
ein kleines Ortskomitee in Bingerbrück, das eine
Riesenattraktion im Stil des gegenüberliegenden
Niederwalddenkmals haben wollte und dessen Seele,
wie man hört, ein ingeniöser Gastwirt war.*
Es geriet diese Idee einem fern von Madrid
* Dieser Wirt, der ehemalige Besitzer der Elisenhöhe, hat
lebenden ehrgeizigen Kunstprofessor in die Hände,
schwoll pathetisch an, riss im Industriebezirk ein be-
trächtliches Kapital mit sich fort, wurde zuerst
rheinisch und dann deutschnational, führte zur
Konstituierung von repräsentativen und arbeitenden
Ausschüssen und verdichtete sich in ein Preisaus-
schreiben für alle deutschen Künstler. Für alle, mit
Ausnahme der besten. Man beging nämlich, im
Bestreben, recht viele klangvolle Namen in der
Jury zu vereinigenden Geniestreich, eben die Künst-
ler zu Juroren zu machen, die zuerst für eine solche
Aufgabe in Frage kommen: Tuaillon, Gaul, Klinger,
Th. Fischer, Ludwig Hoffmann. Fügt man diesen
Namen noch die von Adolf Hildebrand (der, wie
es heisst, auch Juror sein sollte, aber abgelehnt hat),
von Lederer und Peter Behrens hinzu, so bleibt
kaum ein ernst zu nehmender Bewerber ungenannt.
Statt unter solchen Künstlern einen beschränkten
Wettbewerb mit fester Entschädigung auszuschrei-
sich selbst als Anreger der „Nationalidee" bezeichnet, in einem
Brief, worin er, von „modernen Raubrittern" sprechend, gegen
andere Denkmalsinteressenten protestiert, die das Denkmal aut
einen benachbarten Bery; haben wollten.
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VON
KARL SCHEFFLER
in grosser Aufwand, schmählich!
ist verthan."
Es giebt in dem Spektakel-
stück, das „Wettbewerb für ein Bis-
marck-National-Denkmal" heisst,
weder ein Werk noch einePersön-
I lichkeit, wofür man unbedingt ein-
treten könnte. Das Ganze ist ein Wirrwarr von
Übereifer, Resignation, Intrigen, Entrüstung, Pro-
test, Unreife und falscher Organisation. Das Ganze
scheint nur inszeniert zu sein, um der Zeit zu zeigen
was sie nicht kann.
Woher stammt die Idee dieses „Nationaldenk-
mals"? Aus einem Drang der Nation nach Helden-
verehrung oder aus der Gestaltungssehnsucht ge-
nialer Bildner? Keineswegs. Sie geht zurück auf
ein kleines Ortskomitee in Bingerbrück, das eine
Riesenattraktion im Stil des gegenüberliegenden
Niederwalddenkmals haben wollte und dessen Seele,
wie man hört, ein ingeniöser Gastwirt war.*
Es geriet diese Idee einem fern von Madrid
* Dieser Wirt, der ehemalige Besitzer der Elisenhöhe, hat
lebenden ehrgeizigen Kunstprofessor in die Hände,
schwoll pathetisch an, riss im Industriebezirk ein be-
trächtliches Kapital mit sich fort, wurde zuerst
rheinisch und dann deutschnational, führte zur
Konstituierung von repräsentativen und arbeitenden
Ausschüssen und verdichtete sich in ein Preisaus-
schreiben für alle deutschen Künstler. Für alle, mit
Ausnahme der besten. Man beging nämlich, im
Bestreben, recht viele klangvolle Namen in der
Jury zu vereinigenden Geniestreich, eben die Künst-
ler zu Juroren zu machen, die zuerst für eine solche
Aufgabe in Frage kommen: Tuaillon, Gaul, Klinger,
Th. Fischer, Ludwig Hoffmann. Fügt man diesen
Namen noch die von Adolf Hildebrand (der, wie
es heisst, auch Juror sein sollte, aber abgelehnt hat),
von Lederer und Peter Behrens hinzu, so bleibt
kaum ein ernst zu nehmender Bewerber ungenannt.
Statt unter solchen Künstlern einen beschränkten
Wettbewerb mit fester Entschädigung auszuschrei-
sich selbst als Anreger der „Nationalidee" bezeichnet, in einem
Brief, worin er, von „modernen Raubrittern" sprechend, gegen
andere Denkmalsinteressenten protestiert, die das Denkmal aut
einen benachbarten Bery; haben wollten.
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