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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 6
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Lichtwark, Alfred: Der Sammler, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0300

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Kunsthändlers Lepke noch mitgegangen. Für fran-
zösische Impressionisten gab es, soviel mir bekannt,
nur einen gleichzeitigen Sammler in Deutschland,
den verstorbenen Dr. Bernstein in Berlin. Als er
zu Anfang der achtziger Jahre seine Sammlung bei
Gurlitt ausstellte, standen Künstler und Laien ratlos
davor. Nur einer hatte schon Anschluss, das war
Max Klinger. Wie stände es um unsere Entwick-
lung, hätte es damals noch mehr deutsche Sammler
für die Impressionisten gegeben in Berlin, München,
Dresden, Düsseldorf, Frankfurt! Dann würden die
Museen heute aus reichem Schatz schöpfen können.

im einzelnen Falle zu untersuchen, was den Antrieb
zum Sammeln gegeben haben mag. Dabei muss
der oft zitierte Zufall ausscheiden. Wer zum Samm-
ler wird, weil er einmal ohne besondere Absicht
ein Kunstwerk erworben hat und dadurch Ge-
schmack gewinnt, pflegt wohl im zufälligen Anlass
den Beweggrund zu sehen. Er irrt: zum Sammler
war er durch seine Natur bestimmt, sonst wäre der
Anlass nicht zum Antrieb geworden. Auch ein
anderer Beweggrund, der in Ländern älterer, nie
gestörter Kultur, wie in England, der am meisten
verbreitet ist, die Überlieferung, fehlt in Deutschland

FRANZ KRUGER, NACH DER JAGD

SAMMLUNG MAX LIEßERMANN', BERLIN

Von den Museen zu verlangen, dass sie mit
der Produktion hätten Schritt halten sollen, wäre
für das neunzehnte Jahrhundert eine Ungerech-
tigkeit.

Dem Sammler selbst wird es nun freilich zu-
nächst gleichgültig sein, was der Volkswirt von
ihm hält. Es fühlt sich als Wesen von Fleisch und
Blut, das sein eigenes Leben führen, sein eigenes
Glück finden will. Als solches muss er betrachtet
werden, wenn man ihn nicht nur als Faktor in der
Volkswirtschaft begreifen will.

Es wird psychologisch immer von Interesse sein,

noch. In der englischen Gesellschaft gehören Sam-
melthätigkeit oder doch Kunstbesitz zu den still-
schweigend zu übernehmenden Pflichten. Dies
Motiv des gesellschaftlichen Zwanges wirkt in Eng-
land so stark, dass selbst zugewanderte Deutsche
die wenig Verkehr mit Engländern haben, zu sam-
meln beginnen, sobald ihre wirtschaftliche Stellung
es verlangt. Ob sie Neigung und Bedürfnis haben,
kommt nicht in Frage.

Scheidetnun der Zufall grundsätzlich,und scheidet
in der Praxis heute noch für Deutschland die Über-
lieferung aus, so bleiben nur zwei Gruppen von
Motiven übrig: Sammeln aus Lebenspolitik und
Sammeln aus angeborenem Beruf.

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