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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 7
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Behrendt, Walter Curt: Messels Nachfolge
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0373

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achte,

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■ ersetz'1

Selbständigkeit der Gestaltung innerhalb
einer gewordenen, historisch umgrenzten
Formenwelt. Messel stellte den tektonischen
Sinn dieser geschichtlichen Formenwelt wie-
der fest, er entwickelte aufs neue ihren Gat-
tungswert. „Reine Hingebung ans Indivi-
duelle mit dem für die Gattung ausgebildeten
Sinn erzeugt das Beste in der Kunst." Messel
begriff das Problem, das dieses Wort
Schinkels, auf die Baukunst der Gegenwart
bezogen, andeutet.

Indessen, die stolzen Erwartungen für die
künftige Entwicklung der Berliner Baukunst,
die beim allzu frühen Tode dieses stillen
Reformators ausgesprochen wurden,scheinen
doch nur zum geringsten Teil sich erfüllen
zu sollen. Wenn man unter dem Einfluss von
Messeis Wirksamkeit eine architektonisch be-
deutende Erneuerung des Berliner Stadt-
bildes erhoffte, so war bei solcher Rechnung
ein wesentlicher Faktor unberücksichtigt ge-
blieben, nämlich die korrumpierende und
unbesiegbare Macht des spekulativen Unter-
nehmertums. Es scheint dem Schicksal der
Grossstadt unvermeidlich zu sein, dass eine
edle, grossgeartete Baugesinnung gegenüber
den Massenprodukten gewissenloser Bau-
spekulanten sich bestimmend nicht zu be-
haupten vermag, dass ernsthafte Qualitäts-
arbeit nirgends den architektonischen Ge-
samteindruck der Grossstadt entscheidend
beeinflussen kann. Es ist für den, der die
architektonische Umgestaltung der Berliner
City unablässig beobachtet, deprimierend
zu sehen, wie fast Tag für Tag bedeutende
Architekturaufgaben infolge der innerenVer-
kettung aller kommerziellen Interessen jenen
dunklen Ehrenmännern zugewiesen werden,
für die der drastische Berliner den Gattungs-
namen „Bauschieber" zur Hand hat, wie die
durch ihre Situation im Stadtplan bedeuten-
den Bauplätze ungebildeten Stümpern ausge-
liefert werden, damit sie hier ihre würde-
lose Surrogatkunst abladen, und wie in den
meisten Fällen Bauherrund Unternehmer bei
ihren Projekten sich ausschliesslich von un-
verhüllter Profitgier und gesinnungsloser Plus-
macherei leiten lassen. Wie weit wir unter
diesen Umständen heute noch, auch nach den
laut bejubelten Triumphen des Kunstgewer-
bes und der Architektur auf den letzten

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