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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 9
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Breuer, Robert: Die Sammlung Eduard Fuchs
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0468

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HONORE DAUMIER, RICHTER. AQUARELL

und fruchtbar solcher Dank ist. Auch dadurch
aber weicht aus dieser Sammlung alle Kühle und
Objektivität des Museums; sie wirkt durchaus wie
eine Stätte gemeinsamer, immer lebendiger Arbeit.
Der Austausch unter den dreien scheint dauernd
vor sich zu gehen; etwas Motorisches, etwas Schöp-
ferisches ergreift den Beschauer dieser stillen Samm-
lung. Entwicklungslinien entwirken sich. Wenn
man an die Sammlung Weber zurückdenkt, deren
Auktion kürzlich das Ereignis des internationalen
Marktes war, und sich erinnert, wie diese Samm-
lung stolz darnach gestrebt hat, die Register der
Kunstgeschichte vollkommen zu erfüllen, so muss
man willig sagen, dass solcher kaltblütigen und not-
wendig oft genug qualitätslosen Anhäufung ent-
gegen, die kleine Sammlung Fuchs lehrt, um wie-
viel gesünder und hoffnungsreicher es ist, wenn

nicht das Schema des Alphabetes,
sondern verstehende Leidenschaft,
eitersüchtig und einseitig, das
wählte, was das eigene Wesen be-
fahl.

Fuchs ist ein Schriftsteller; er
verfasste dicke Bücher über die
Geschichte der Karikatur und die
der Sitte. Auch dabei hat er sich
als ein Sammler erwiesen. Der Wert
solcher Bücher steckt nicht zum
wenigsten in der Entdeckung und
Herbeischaffung des Materials. Es
gilt, findig und eifrig zu sein; ein
leichter Grad von Besessenheit muss
sich ordnender Pedanterie gesellen.
Es gilt, die geheimsten Mappen der
Bibliotheken und die letzten Win-
kel der Antiquare zu durchsuchen.
Zumal, wenn man wie Fuchs die
Geschichte des Erotischen und aller
galanten Laster illustrieren möchte.
Die Berufsarbeit hat Herrn Fuchs
gelehrt, seltene Drticke genau an-
zusehen; sie lehrte ihn, aus der
Fülle das Typische zu sondern. Es
war nur konsequent, dass der Histo-
riker des gesellschaftlichen und
politischen Spottbildes mit beson-
derem Eifer nach Gavarni greifen
und in grösster Erregung an Dau-
mier geraten musste. Dass er von
diesem Rebellen, von der Fanfare
der Revolution, bedingungslos
überwunden wurde, erklärt sich um so leichter, als
Fuchs nach seinem Fühlen und Denken ein Re-
volutionär ist. Es dürfte im allgemeinen nicht
schicklich sein, einen Kunstfreund nach Konfession
und Partei zu befragen; für die Sammlung Fuchs
ist es wesentlich, ja entscheidend, dass ein revolu-
tionäres Temperament sie zusammenbrachte. Es
klingt recht literarisch, wenn Fuchs erzählt, wie er
in Daumier den elementaren Ausbruch der Revolu-
tion, in Liebermann deren Objektivierung, in
Slevogt neue Brandfackeln des revolutionären En-
thusiasmus suche und empfange. Wenn man solche
Meinung aber nicht wörtlich nimmt, vielmehr als
ein in knappe Begriffe gebrachtes Bekenntnis vom
innersten Erleben, dann wird einem die determi-
nierte Zusammengehörigkeit dieser Sammlung mit
diesem Menschen restlos erschlossen. Es giebt hier

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