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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 9
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Breuer, Robert: Die Sammlung Eduard Fuchs
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0470

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houetten und den berstenden Massen dieser Bestien.
Ein Peitschenschlag reisst durch die Luft; in jäher
Diagonale stösst die animale Kraft mitten durch
die Fläche. Ein irdischer Vorgang wurde ins My-
thologische gesteigert; allein dadurch, dass die Natur
auf wenige, gespannte, sich ewig entladende Hiero-
glyphen gebracht ist. Mit geballter Faust wurde
ein Rhythmus niedergeschrieben, und doch blieb
die Natur unverletzt. Man fühlt das von den Pferden
gestampfte Wasser, fühlt das Behagen des Tieres,
das links am Rande bis zum Bauch im Fluss steht;

same Groteske, zu der Daumier die mit Harmlosig-
keit verhüllten Figuren des Moliere entkleidete.
Das sind nicht mehr Spassmacher, die zum Ver-
gnügen der Hofgesellschaft einen bäurischen Watteau
tanzen; der Witz ward zur Grimasse, hinter der ver-
zerrten Fratze lauert die Grausamkeit auf die her-
vorbrechenden Takte der Carmagnole. Es ist be-
wundernswert, wie diese Wandlung des Themas in
jedem Molekül des Farbauftrages zum Ausdruck
kommt. Noch leuchtet ein letzter Schimmer von
Watteaus Edelgestein; unbändige Kraft aber zer-

110NORE DAUMIER, PARLAMENTARIER. SEPIAZFICH.NUNG

man hört das Wiehern um das Haupt, das sich ge-
spenstisch hinter der Massivität des einen Lastgaules
heraufhebt. Es giebt auf dieser Tafel Stellen, die
an den Fries des Parthenon denken lassen. Das Er-
staunlichste aber bleibt die Wirkung der Leeren.
Von dort, wo keine Farbe sitzt, strömt vielfache
Kraft.

Die kleine, kaum zwei Hand grosse Holztafel
„Scapin und Pierrot" erinnert sehr an die grössere
Leinewand der Sammlung Henry Rouart. Was vor
uns liegt, ist kaum mehr als eine Notiz und doch
gewittert in diesen wenigen Pinselhieben die grau-

fetzte die Epidermis der Miniatur und entrenkte
das Vollendete zu wilder Monumentalität. Auch
in solcher Art wirkte ein barockes Element; die
Dramatik des Barockes ist das Pathos aller Revolu-
tionen.

Was Fuchs sonst noch von Daumier besitzt, ist
gut geeignet, aus der Vorstellung des Kennenden
den Dämon des gallischen Rembrandt wachzurufen.
Ein Aquarell zeigt den typischen „Richter"; als ein
Phantom der Nacht taucht die Gefühllosigkeit aus
dem Dunkel. Medusenhaft wirkt das selber zum
Ornament erstarrte Antlitz. Was Delacroix von

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