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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 9
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Harms, Ernst: Der malende Strindberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0368

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AUGUST STRINDBERG, ALPENMOTIV

GALERIE THIEL, STOCKHOLM

Anordnung beim Leser eine starke Vision des Ge-
schilderten hervorrufen konnte." Auch schreibt er
manchmal unmittelbar aus der Vorstellungsweise
eines Malers heraus. So ist ein Stück in „Lokal-
farbe" geschrieben, „aus der er hin und wieder
einen Pinselstrich nimmt" oder er erzählt, ganz
unabhängig von seiner eigenen Malerei: „Indem er
Farbe und Zeichnung beobachtete, indem er sah
wie die Bäume gegen die Luft standen, wie sich
das Terrain in der Farbe machte...", ja man findet
sogar solche Uberschwänglichkeit: „...daß eine
paradiesische Landschaft Genuß und Wollust malt".

*

Selbst mit Malerei beschäftigt hat sich Strind-
berg von frühester Jugend an. Und es ist wohl
das Interessanteste an diesem Teil seiner Schaffens-
tätigkeit, wie sich sein Verhältnis dazu in den
verschiedenen Lebensperioden gewandelt hat.

Aus dem Knabenalter berichtet er selbst sein
Zeichnen aus bloßem kindlichen, alles kennen-
wollenden Nachahmungsdrang. Er kopiert die

Zeichnungen des älteren Bruders und ist befrie-
digt, als er weiß, wie man so etwas macht. Doch
hat er sich auch damals schon selbst konterfeit,
wie ein erhaltenes Selbstporträt beweist.

Der Student dann, der sich in seinen eigent-
lichen Fähigkeiten sucht, tritt unmittelbar an die
Farbe selbst heran. „Eine grüne Landschaft mitten
in den Nebeln dieses furchtbaren Winters hin-
malen und an die Wand hängen können, das wäre
etwas!" „Ist Malen schwer?" fragt er deshalb im
„Sohn einer Magd" den Malerfreund. Er lieh sich
Staffelei, Farben, Pinsel. Dann ging er nach Hause
und schloß sich ein. Aus einer illustrierten Zeitung
nahm er eine Zeichnung, die eine Schloßruine dar-
stellte, die kopierte er. Als er die blaue Farbe wie
einen klaren Himmel wirken sah, wurde er sen-
timental. „Und fortan malt er" aus dem Bedürf-
nisse, seine zerfließenden Gefühle Form annehmen
zu sehen, vielleicht auch, um sie auf eine hand-
greifliche Art auszudrücken, denn die kleinen fei-
nen Buchstaben lagen tot auf dem Papier und
konnten nicht so offen und mit einem Schlage ihm
sich selber zeigen. Er dachte nicht daran, Maler
zu werden, im Kunstverein auszustellen, Gemälde
zu verkaufen. An die Staffelei treten war für ihn,
sich hinstellen und singen. Auch sucht er Anschluß
an einen Kreis junger Maler mit ähnlichen anti-
naturalistischen Ansichten: „Man müßte sein Inneres
malen, nicht Stöcke und Steine abzeichnen, die ja
an sich bedeutungslos und nur dadurch, daß sie
durch den Schmelzofen des wahrnehmenden und
empfindenden Subjekts eine Form erhalten können.
Darum wurde nicht draußen studiert, sondern man
malte zu Hause aus der Erinnerung und mit Phan-
tasie." Trotzdem sind alle Arbeiten dieser Zeit,
bis etwa 1873, von rein naturalistischem Gepräge
und halten sich formal innerhalb der damaligen
Stilkonvention des Nordens. Zum Motive haben sie,
was er selbst erzählt: „Immer malte er das Meer,
mit der Küste im Vordergrund, knorrige Kiefern,
einige nackte Schären weiter draußen..."

Völlig änderte sich sein Verhältnis zurMalerei und
damit auch der Charakter seiner Bilder von dem Zeit-
punkte an, da die eigentlichen Seelenkämpfe begon-
nen. Von diesem Augenblick an fehlen aber auch die
breiten Selbstberichte über seine bildnerische Tätig-
keit: es sind die literarisch schweigsamen Zeiten, in
denen das Malen die Hauptbeschäftigung wird. Perio-
den des Malens und der literarischen Produktion wech-

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