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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 12
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Rothenstein, John: William Rothenstein als Porträtzeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0480

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W. ROTHENSTEIN, BILDNISZEICHNUNG MENZEL

den vordringenden Deutschen als Trophäen zurück-
behalten. Später schloß er sich der kanadischen Armee
an, die er auf ihrem Marsch nach Köln begleitete, wo
er bis zum folgenden Jahr blieb. Kurz nach seiner
Rückkehr in die Heimat wurde er, in Anerkennung
seiner Verdienste als Lehrer und Beschützer der
jungen Künstlergeneration, zum Präsidenten des
Royal College of Art ernannt und teilte nun seine
Zeit zwischen der Ausübung seines Berufs und der
Verwaltung des ihm unterstellten Kunstinstituts.

Wenn auch William Rothenstein vor allem
und unausgesetzt seiner Kunst lebt (jetzt eben
entwirft er eine dekorative Wandmalerei für die
St. Stephanshalle im Parlamentsgebäude), fand er
Zeit sich auch literarisch zu betätigen, und das erste
in englischer Sprache erschienene Buch über Goya
hat ihn zum Verfasser. Vornehmlich aber inter-
essierte ihn auch in dieser späteren Phase seines
Lebens das Porträt. Während er meist in Pastell
zeichnete, machte er sich nun auch die Lithographie

und den weichen Bleistift dienstbar, um seine Bild-
nisse zu schaffen, deren Qualität in dieser Periode
von 1905/1906 so hervorragend war, daß nur die
Werke aus einer viel späteren Zeit ihnen an die
Seite zu stellen sind. Zwischen 1906 und 1911 ist
die Ausbeute an Porträts geringer, auch zeigen sie
nicht ganz die frühere Frische. Ein erneuter Auf-
enthalt in Indien im Jahre 1911 verjüngte und er-
höhte aber seine produktive Kraft. Diese Wie-
dergeburt äußerte sich bei seiner Malerei in
einer größeren Farbigkeit, bei seinem gezeichneten
Werk in der Tendenz, mehr Nachdruck auf die
reine und zarte Linie als auf Schattierung zu legen.
In dieser Zeit bis zum Jahre 1917 schuf er eine
Fülle charakteristischer Porträts. Als sich dann die
östlichen Einflüsse ausgelebt hatten, gewann die
dreidimensionale Zeichnung wieder die Oberhand,
aber die Linie behielt ihre Zartheit, Sicherheit und
Genauigkeit, und gerade in den letzten acht Jah-
ren schuf Rothenstein seine bedeutendsten Porträts.

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