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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 12
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0498

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UNSTAUSSTELLUNGEN

MANNHEIM
Im Juni eröffnete die Städtische
Kunsthalle eine neue Ausstellung, die
das Zeitalter der Reformation zum
Gegenstand hatte, natürlich vorab in
seiner künstlerischen Auswirkung. Der
Gedanke, eben das künstlerische Schaffen nun aber be-
stimmten kulturellen Symbolen zu unterstellen, erwies sich
als recht bedeutungsvoll, ja als wesentlich, da das Artisti-
sche hierdurch den ihm in jener Zeit gebührenden zweiten
Platz einzunehmen gezwungen war und an seiner Stelle sich
eine unerhörte Fülle bunten, wenn auch oft dämonisch rohen
Lebens tummelte.

Der Holzschnitt, der Buchdruck beherrschten das Feld, da
und dort durch eine Zeichnung, ein Aquarell unterbrochen.
Da sind die Glaubens- und Fehdeschriften der Reformatoren
und ihrer Gegner, die Predigten volkstümlicher Kanzelredner,
die Humanistenschriften und' -Übersetzungen.

Da ist auch die andere Welt der Astrologie und Magie,
der aus ihnen entwachsenden Naturwissenschaft, der Freude
am Fremden und Exotischen und an der Kuriosität, der
Grübelei über die rechte Proportionslehre in der Kunst; da
sind die höfischen Allegorien um Maximilian I., die Schil-
derungen des Bürger- und Soldatenlebens und zuletzt — der
Narretei.

Die Namen der beteiligten Künstler aufzuführen, ist über-
flüssig: sie sind ja genugsam bekannt. Wichtig dagegen, fest-
zustellen, daß auch die Bedeutenden unter ihnen —wie gerade
Dürer — in diesem Zusammenhang als große Anwälte ihrer
Zeit wirken und so einmal dem Schulschema entrückt werden.

L. Moser (Karlsruhe).

PARIS

Unter dem Titel „Exposition d'Art Autrichien" hat
auf die Anregung des Unterrichtsministers Herriot die
österreichische Republik eine Ausstellung von Kunstschätzen
aus dem Kreise des Kaisers Maximilian im Pariser Jeu de
Paume-Museum veranstaltet. Die öffentlichen Sammlungen
Wiens haben freigebig aus ihrem kostbarsten Besitz ge-
spendet, und die Pariser Museen haben einiges beigesteuert.
So ist eine schöne und sehenswerte Ausstellung zustande
gekommen, in der die Namen Dürer und Burgkmair und
Strigel voranstehen und viele andere deutsche Künstler und
Kunsthandwerker hervortreten, die für den Kaiser Max ge-
arbeitet haben. Wo aber ist auf dieser Ausstellung — so
fragt man — die österreichische Kunst, die ihr den Namen
gab? Es ist in Wahrheit eine Ausstellung nahezu ausschließ-
lich deutscher Kunst. Man staunt, daß es fast neun Jahre
nach dem Kriegsende und im Zeitalter von Locarno von
den Veranstaltern offenbar für notwendig erachtet wird,
deutscher Kunst eine falsche Flagge zu geben, um ihr in
Paris Eingang zu verschaffen. Österreich war zu Gast ge-
laden. Aber als „Exposition d'Art Autrichien" durfte es
diese Ausstellung billigerweise nicht nach Frankreich gehen
lassen.

BERLIN

Edvard Münch hat dem Berliner Kronprinzenpalais ein
bedeutendes Gemälde mit der Darstellung zweier Schnee-
arbeiter zum Geschenk gemacht. Die Ausstellung, die hier
in den Monaten April und Mai zu sehen war, ist jetzt nach
Oslo übersiedelt, wo ihr Direktor Jens Thiis ebenfalls die
Räume seines Museums zur Verfügung stellte. Der Erfolg
in Münchs Heimatstadt übertrifft noch den außerordentlichen
Erfolg der Berliner Veranstaltung. Während der ersten zehn
Tage wurden bereits 16000 Besucher gezählt. Erst durch
diese Veranstaltung erscheint Münchs Ruhm in seiner Heimat
völlig gesichert. Es sind Bemühungen im Gange, eine größere
Zahl seiner Meisterschöpfungen dem Museum von Oslo zu
sichern, das bereits eine stattliche Reihe der Hauptwerke
vor allem aus den frühen Schaffensepochen des Künstlers
sein eigen nennt.

EINE AUSSTELLUNG EUROPÄISCHER
KUNST DER GEGENWART IN HAMBURG

Der Kunstverein in Hamburg feiert sein hunderjähriges
Bestehen mit einer internationalen Ausstellung in der Kunst-
halle. Ein Fest in dieser produktiven Weise zu feiern ist
ein schöner Gedanke, um so mehr als den Hamburgern
unseres Wissens zum ersten Mal eine so umfassende Über-
sicht der in Europa heute tätigen Kräfte gegeben wird. Das
Unternehmen hat zudem etwas Selbstloses, weil jede Aus-
stellung mit diesem Programm zu einer gewissen Problematik
verurteilt ist. Wie soll eine solche Übersicht gemacht werden?
Soll sie nur orientieren, oder soll das, was da ist, durch die
Art der Auswahl kritisiert werden? Soll der Stil betont wer-
den oder das persönliche Talent? Gewöhnlich bringen die
Ausstellungsleiter beide Absichten durcheinander: sie kon-
statieren, was da ist und suchen zugleich kritisch zu sichten.
Sobald sie aber mit der Sichtung beginnen, erhebt sich die
Frage, ob genug begabte und vorbildliche Kunstwerke im
gegenwärtigen Europa erreichbar sind für eine Ausstellung
von vier- bis fünfhundert Nummern. Diese Frage, die nichts
mit der Richtung, mit dem Stil, mit Fortschritt oder Reaktion
zu tun hat, muß verneint werden; sie könnte auch dann
kaum bejaht werden, wenn — was bei solcher Gelegenheit
unmöglich ist — das Beste aus den Ateliers, aus den Privat-
sammlungen und öffentlichen Galerien zu vereinigen wäre.

Auch in Hamburg sind diese Schwierigkeiten nicht über-
wunden worden. Es ist anzunehmen, daß nicht zuletzt den
jungen Hamburger Künstlern, die merkwürdig unbeweglich
sind (fast wie Engländer) und sich selbst zu einer Reise nach
Berlin nicht leicht entschließen, einmal gezeigt werden sollte,
was in Europa vor sich geht. Von dieser Ausstellung können
sie aber nicht sehr gefördert werden. Ganz abgesehen davon,
daß der gegenwärtigen Kunst Europas das Befreiende und
Enthusiasmierende fehlt, daß sie geeignet ist melancholisch zu
machen, weil es sich nicht, wie einer der Festredner gesagt
haben soll, um eine Darstellung „paneuropäischer Ideale",
sondern bestenfalls paneuropäischer Ideologien handelt, daß
auf dieser ganzen Kunst ein Fluch zu liegen seheint, weil

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