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weithin aus, so daß wir zum Beispiel die künstlerischen Ein-
flüsse in Freiburg, Rottweil und Wimpfen nicht ohne Straß-
burg erklären können.
Eine wertvolle Erweiterung des Bandes ist die Heran-
ziehung der Kunstdenkmäler der deutschen Schweiz. Auch
sie haben mit ihren Kunstzentren in Münster, St. Gallen
und Basel einen wesentlichen Einfluß auf Deutschland aus-
geübt. (Regensburg, Reichenau, Elsaß.) Die lombardischen
Steinmetzschulen, die St. Gallener Miniaturen, Ilolbein und
die Kleinmeister des sechzehnten Jahrhunderts verknüpfen
innig die Kunstentwicklung der beiden nachbarlichen Länder.
Professor Dr. Konrad Escher, Zürich, hat die dankenswerte
Aufgabe der Beschreibung dieser Gebiete übernommen und
sie würdig dem Rahmen des Handbuchs eingefügt.
Die Frage der Literaturangabe ist nicht immer ganz glück-
lich gelöst. Schon daß sie meist wegfiel, ist bedauerns-
wert. Man hätte zum mindesten die betreffenden Inventar-
bände zitieren und bei der Erwähnung größerer Monogra-
phien stets auf die letzten Forschungsergebnisse verweisen
sollen, wie dies im zweiten Band des Handbuchs von J. Kohte
mustergültig durchgeführt wurde.
Die Hauptakzente liegen, wie bei der ersten Auflage,
in den architektonischen Denkmälern des neunten bis sech-
zehnten Jahrhunderts. Alle späteren Epochen werden zu
wenig berücksichtigt. Auch der Blick nach rückwärts in die
Antike enttäuscht. Es wirkt fast grotesk, wenn man in Trier
in der Porta Nigra nur den romanischen Einbau der St. Si-
meons-Kirche erkennt, ohne auch nur mit kurzen Worten
den römischen Bau zu charakterisieren. Bei den wenigen
Resten antiker Monumente in Deutschland wäre es erfreu-
lich, wenn man auch sie in das „Handbuch" aufnähme.
Sicherlich würde es jeder Kunstfreund und Forscher be-
grüßen, wenn er bei seinem Aufenthalt in alten Römer-
städten einige Zeilen über die erhaltenen Denkmäler finden
würde.
Die Plastik wird fast nur stilkritisch eingeordnet, wenn
sie mit der Großarchitektur in Beziehung steht. An Altären
und Chorgestühlen wären viele Schulzusammenhänge auf-
zuweisen, doch müßte man hierbei auch die Bestände unserer
Museen berücksichtigen oder auf andere Werke des gleichen
Meisters verweisen.
Einige kleine Fehler hätten schon in dieser Auflage be-
richtigt werden können: so sind zum Beispiel in Mannheim
die großen französischen und niederländischen Gobelins des
siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts aus dem Schloß
schon seit 1918 in den Besitz des Großherzogs von Baden
übergegangen. Das Zeughaus ist längst nicht mehr „Leih-
haus", sondern Museum und das „jetzige Gefängnis" dient
schon mehr als ein Jahrzehnt anderen Zwecken. In Heidel-
berg vermißt man die Erwähnung von Stift Neuburg, in
Hirschhorn bleibt die Ersheimer Kapelle als Grablege der
Herren von Hirschhorn unberücksichtigt. Bei der Erwähnung
der Burg Windeck erkennt man nicht, daß zwei Burgen, Alt-
und Neu-Windeck, nebeneinander bestehen usw.
Wir erkennen die Schwierigkeit, im Rahmen eines knap-
pen Handbuches das Wesentliche zu formulieren, erkennen
aber auch, daß manches hätte besser ausgeglichen werden
können. Trotz aller dieser kleinen Mängel, die in einer
neuen Auflage sicherlich berichtigt werden, ist das „Hand-
buch" für jeden ein unentbehrlicher Begleiter, der in knappe
sachlicher Form viel Wesentliches übermittelt.
Fritz Neugaß.
FranzRoh,N ach-Expressionismus. Leipzig, Klink-
hardt & Biermann.
Das Buch unternimmt es, die letzten fünf Jahre euro-
päischer Malerei auf den gemeinsamen Nenner der so heftig
beredeten, mit soviel Hoffnungen behangenen neuen Sach-
lichkeit zu bringen. Und sein fin mot ist, daß alle voraus-
gegangenen, einander vielfältig widersprechenden Strömun-
gen, jene ungezählten Ismen in diese neue Sachlichkeit -
die man besser Dinglichkeit nennen soll — als in einen
großartigen Abschluß eingegangen seien: ja, daß hier erst-
mals wieder seit geraumer Weile eine Synthese von geisti-
ger Vorstellung und sinnlicher Erfassung, auf worringerisch
von Abstraktion und Einfühlung vorliege, also eine wahr-
haft bedeutende künstlerische Höhe erklommen sei. Das
alles ist, soviel Außerordentliches auch behauptet wird, in
einer prägnanten, vor allem Überschwang freien Sprache
dargestellt, ist zumal in den Eingangskapiteln durchsetzt
mit manch scharfsinniger Bemerkung, manch überspannen-
dem, ja bedeutendem Aspekt. So steht dies Buch um viele
Stockwerke über der heute üblichen Kunstschreiberei, die
von einer Mode und für eine Mode in ebenso knapper Zeit
angefertigt zu sein scheint, als sie Geltung behält. Das sei
hier nachdrücklich betont: denn es könnte der Titel des
Buches so manchen heute und mit Recht skeptisch Gewor-
denen von seiner Lektüre abhalten. Die aber lohnt sich auf
jeden Fall, auch dann, wenn man dem Verfasser das allerdings
recht Wesentliche entgegenhalten muß, daß sein Ansatz irrig
ist und darum auch sein Schluß. Daß nämlich diese neue Sach-
lichkeit eine allzu gewaltsame Rückverdinglichung auf expres-
sionistische Fiktionen ist und der Gewachsenheit, der natür-
lichen Distanz zu den Dingen allzu ferne; daß diesen selber
aber die tragende Bedeutung mangelt, da sie, losgelöst von
einer geistigen Totalität, bloße Fetzen sind und darum nicht
der zusammenbindende Grund, auf dem allein unsre Kunst
als darstellende neu sich konstituieren kann. Daß ferner
mit der Schärfe seiner Gedanken des Verfassers Auge nicht
Schritt hält, da sonst die gegebene Bildauswahl anders aus-
gefallen wäre und nicht — vom Vergreifen hinsichts der
Qualität ganz abgesehen — Beispiele zur Illustration der
neuen Sachlichkeit gebracht würden, die nur phänotypisch,
aber keineswegs genotypisch hergehören. Daß endlich das
Schlußkapitel, in dem die Wendung zur neuen Sachlichkeit
auch auf anderen Geistesgebieten soll erwiesen werden, das
sichere Gefühl dafür vermissen läßt, wo eigentlich die Ge-
wichte liegen. — Alles in allem: Dies Buch kann recht
nachdenklich stimmen: ist doch das gedankliche Bild, das
darin aufgerichtet wird, dem gemalten, das es spiegeln soll,
an Bedeutung, ja an Wirklichkeit um etliches überlegen.
Aber vielleicht — wir möchten sehr es hoffen — daß dem
Gedanken- das Malbild noch nachfolge; es ist ja einmal
so geworden und nicht nur bei uns Deutschen, daß dem
Tun das Denken, dem Schaffen das Bewußtmachen voraus-
zugehen habe. —
Emil Preetorius.
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weithin aus, so daß wir zum Beispiel die künstlerischen Ein-
flüsse in Freiburg, Rottweil und Wimpfen nicht ohne Straß-
burg erklären können.
Eine wertvolle Erweiterung des Bandes ist die Heran-
ziehung der Kunstdenkmäler der deutschen Schweiz. Auch
sie haben mit ihren Kunstzentren in Münster, St. Gallen
und Basel einen wesentlichen Einfluß auf Deutschland aus-
geübt. (Regensburg, Reichenau, Elsaß.) Die lombardischen
Steinmetzschulen, die St. Gallener Miniaturen, Ilolbein und
die Kleinmeister des sechzehnten Jahrhunderts verknüpfen
innig die Kunstentwicklung der beiden nachbarlichen Länder.
Professor Dr. Konrad Escher, Zürich, hat die dankenswerte
Aufgabe der Beschreibung dieser Gebiete übernommen und
sie würdig dem Rahmen des Handbuchs eingefügt.
Die Frage der Literaturangabe ist nicht immer ganz glück-
lich gelöst. Schon daß sie meist wegfiel, ist bedauerns-
wert. Man hätte zum mindesten die betreffenden Inventar-
bände zitieren und bei der Erwähnung größerer Monogra-
phien stets auf die letzten Forschungsergebnisse verweisen
sollen, wie dies im zweiten Band des Handbuchs von J. Kohte
mustergültig durchgeführt wurde.
Die Hauptakzente liegen, wie bei der ersten Auflage,
in den architektonischen Denkmälern des neunten bis sech-
zehnten Jahrhunderts. Alle späteren Epochen werden zu
wenig berücksichtigt. Auch der Blick nach rückwärts in die
Antike enttäuscht. Es wirkt fast grotesk, wenn man in Trier
in der Porta Nigra nur den romanischen Einbau der St. Si-
meons-Kirche erkennt, ohne auch nur mit kurzen Worten
den römischen Bau zu charakterisieren. Bei den wenigen
Resten antiker Monumente in Deutschland wäre es erfreu-
lich, wenn man auch sie in das „Handbuch" aufnähme.
Sicherlich würde es jeder Kunstfreund und Forscher be-
grüßen, wenn er bei seinem Aufenthalt in alten Römer-
städten einige Zeilen über die erhaltenen Denkmäler finden
würde.
Die Plastik wird fast nur stilkritisch eingeordnet, wenn
sie mit der Großarchitektur in Beziehung steht. An Altären
und Chorgestühlen wären viele Schulzusammenhänge auf-
zuweisen, doch müßte man hierbei auch die Bestände unserer
Museen berücksichtigen oder auf andere Werke des gleichen
Meisters verweisen.
Einige kleine Fehler hätten schon in dieser Auflage be-
richtigt werden können: so sind zum Beispiel in Mannheim
die großen französischen und niederländischen Gobelins des
siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts aus dem Schloß
schon seit 1918 in den Besitz des Großherzogs von Baden
übergegangen. Das Zeughaus ist längst nicht mehr „Leih-
haus", sondern Museum und das „jetzige Gefängnis" dient
schon mehr als ein Jahrzehnt anderen Zwecken. In Heidel-
berg vermißt man die Erwähnung von Stift Neuburg, in
Hirschhorn bleibt die Ersheimer Kapelle als Grablege der
Herren von Hirschhorn unberücksichtigt. Bei der Erwähnung
der Burg Windeck erkennt man nicht, daß zwei Burgen, Alt-
und Neu-Windeck, nebeneinander bestehen usw.
Wir erkennen die Schwierigkeit, im Rahmen eines knap-
pen Handbuches das Wesentliche zu formulieren, erkennen
aber auch, daß manches hätte besser ausgeglichen werden
können. Trotz aller dieser kleinen Mängel, die in einer
neuen Auflage sicherlich berichtigt werden, ist das „Hand-
buch" für jeden ein unentbehrlicher Begleiter, der in knappe
sachlicher Form viel Wesentliches übermittelt.
Fritz Neugaß.
FranzRoh,N ach-Expressionismus. Leipzig, Klink-
hardt & Biermann.
Das Buch unternimmt es, die letzten fünf Jahre euro-
päischer Malerei auf den gemeinsamen Nenner der so heftig
beredeten, mit soviel Hoffnungen behangenen neuen Sach-
lichkeit zu bringen. Und sein fin mot ist, daß alle voraus-
gegangenen, einander vielfältig widersprechenden Strömun-
gen, jene ungezählten Ismen in diese neue Sachlichkeit -
die man besser Dinglichkeit nennen soll — als in einen
großartigen Abschluß eingegangen seien: ja, daß hier erst-
mals wieder seit geraumer Weile eine Synthese von geisti-
ger Vorstellung und sinnlicher Erfassung, auf worringerisch
von Abstraktion und Einfühlung vorliege, also eine wahr-
haft bedeutende künstlerische Höhe erklommen sei. Das
alles ist, soviel Außerordentliches auch behauptet wird, in
einer prägnanten, vor allem Überschwang freien Sprache
dargestellt, ist zumal in den Eingangskapiteln durchsetzt
mit manch scharfsinniger Bemerkung, manch überspannen-
dem, ja bedeutendem Aspekt. So steht dies Buch um viele
Stockwerke über der heute üblichen Kunstschreiberei, die
von einer Mode und für eine Mode in ebenso knapper Zeit
angefertigt zu sein scheint, als sie Geltung behält. Das sei
hier nachdrücklich betont: denn es könnte der Titel des
Buches so manchen heute und mit Recht skeptisch Gewor-
denen von seiner Lektüre abhalten. Die aber lohnt sich auf
jeden Fall, auch dann, wenn man dem Verfasser das allerdings
recht Wesentliche entgegenhalten muß, daß sein Ansatz irrig
ist und darum auch sein Schluß. Daß nämlich diese neue Sach-
lichkeit eine allzu gewaltsame Rückverdinglichung auf expres-
sionistische Fiktionen ist und der Gewachsenheit, der natür-
lichen Distanz zu den Dingen allzu ferne; daß diesen selber
aber die tragende Bedeutung mangelt, da sie, losgelöst von
einer geistigen Totalität, bloße Fetzen sind und darum nicht
der zusammenbindende Grund, auf dem allein unsre Kunst
als darstellende neu sich konstituieren kann. Daß ferner
mit der Schärfe seiner Gedanken des Verfassers Auge nicht
Schritt hält, da sonst die gegebene Bildauswahl anders aus-
gefallen wäre und nicht — vom Vergreifen hinsichts der
Qualität ganz abgesehen — Beispiele zur Illustration der
neuen Sachlichkeit gebracht würden, die nur phänotypisch,
aber keineswegs genotypisch hergehören. Daß endlich das
Schlußkapitel, in dem die Wendung zur neuen Sachlichkeit
auch auf anderen Geistesgebieten soll erwiesen werden, das
sichere Gefühl dafür vermissen läßt, wo eigentlich die Ge-
wichte liegen. — Alles in allem: Dies Buch kann recht
nachdenklich stimmen: ist doch das gedankliche Bild, das
darin aufgerichtet wird, dem gemalten, das es spiegeln soll,
an Bedeutung, ja an Wirklichkeit um etliches überlegen.
Aber vielleicht — wir möchten sehr es hoffen — daß dem
Gedanken- das Malbild noch nachfolge; es ist ja einmal
so geworden und nicht nur bei uns Deutschen, daß dem
Tun das Denken, dem Schaffen das Bewußtmachen voraus-
zugehen habe. —
Emil Preetorius.
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