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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Die neu aufgedeckten Fresken im Dome von Verona, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0048

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Die neu aufgedeckten Fresken im Dome von Verona.

den Pilastern steht man kleine gemalte Relieffiguren,
fast unkenntlich (was ihre Bedeutung Letrifft). Der
nntere linke Theil der Dekoration ist durch ein Grabmal
zerstört; rechts steht in hellgrünem Mantel und reich
gemaltem Gewande, deffen Zeichnung restaurirt ist,
und deffen Grund rosa gewesen zn sein scheint, eine
Heilige mit Buch und Palmenzweig. Zwischen den
Stockwerken sind in natürlicher Farbe köstliche kleine
nackte geslügelte Bnben musicirend dargestellt, vier auf
jeder Seite, getrennt zn se zweien durch eine Vase. Es
ist dieses die einsachste der Dekorationen.

Sehr viel reicher ist schon diejenige der zweiten
Travee; hier zeigt sich eine koloffale zweistöckige Archi-
tektur, aber weniger der eines Hauses als der eines
Schrankes ähnlich. Unten ist jederseits eine größere Mittel-
nische von glatten korinthischen Säulen mit Bronzekapi-
tellen eingeschloffen, die ein verkröpftes Gebälk mit rundem
Giebel tragen, je zu den Seiten eine schmalere Nische
einfach zwischen den ersteren gleichen korinthischen Säulen.
Jn der linken Nischengrnppe ist nur in der rechten Seiten-
nische der Apostel Thaddäns (inschristlich) ziemlich er-
halten*), rechts in der linken Nische ein — wie es
scheint — weiblicher, wenigstens bartloser Kopf. Dar-
über spielen auf dem Gebälke sünf stehende ungeflügelte
reizend naive Putten, die drei mittleren nackt, die äußeren
bekleidet. Trefflich plastisch herausmodellirt heben sie
sich von dem in viereckige schwarze Felder getheilten
Zwischenstücke ab. Aus der gegenüber liegenden (linken)
Seite sind auch von diesem höheren Streifen nur die
drittehalb inneren Figuren erhalten.

Das obere Stockwerk ist aus jeder Hälfte durch
sechs korinthische Säulen auf niedrigen Untersätzen und
mit steinernen Kapitellen gegliedert; ein verkröpftes Ge-
bälk läuft darüber hin. Auf jeder Seite entstehen
zwischen den Säulen zwei runde geschlossene und zwischen
ihnen eine viereckige durchsichtige Nische. Jn diesen
stehen links Paulus (Gewandung roth und blaugrün),
Petrus (Gewandung weiß und gelb) und wahrscheinlich
Johannes — er ist außer dem Buche ohne Attribute
— (Gewandung weiß und grün), rechts der Apostel Phi-
lippus — nur mit einem Stabe charakterisirt — (Ge-
wandung hellblau und dunkelgelb), dann. der Apostel
Andreas (Gewandung zinnober und dunkelbraunviolett),
und ein dritter ohne jedes Abzeichen (Gewandung hell-
blau und hellgrün). Die sechs mittelsten Jntercolum-
nien (wenn man zwischen den beiden Gruppen von je
sechs Säulen eine Mittelsäule annimmt, welche dem
Raume nach gerade hineinginge,) stnd wagerecht in zwei
Reihen geschieden, so daß sie kleine viereckige emgerahmte

*) Zwischen der ersten und der zweiten Wanddekoration
ist der barocke architektonische Hintergrund eines späteren
Denkmales beseitigt worden, aber ohne Erfolg ftir die ur-
sprünglichen Werke.

Nischen bilden, in denen kleine grau in grau gemalte
Statucn stehen, lauter Engelgestalten, wie es scheint.
Von der unteren Reihe derselben ist jedoch wegen der
Tabernakelumrahmung nur je rechts und links ein Ober-
körper eines kleinen Engels zu sehen.

Oben über den Verkröpfungen (in auffallender
Weise schneidet die Architektur ohne eigentliche Beendi-
gungssormen ab) stehen zwölf zum Theil allegorische
Statuen; die vier in der Mitte scheinen die großen
Propheten zu sein, die übrigen sind weiblich und als
Glaube, Wahrheit, Gerechtigkeit, Mäßigkeit u. s. w.
charakterisirt, und zum Theil sehr schwach charakterisirt;
wenigstens sind die Attribute sehr schwer zu erkennen.
Die von mir für Propheten gehaltenen Figuren tragen
Spruchbänder in den Händen, auf deren einem ich ganz
deutlich Daniel, auf eiuem anderen ziemlich zuverlässig
Ieremias gelesen habe. Die Gestalten setzen sich grau
in grau trefflich gegen den blauen Himmelsgrund ab,
der in der Mitte sich zu einer Mandorla überhöht. Jn
dieser thront Christus (oder Gott Vater: hinter dem
Haupte erscheint in Gold das bekannte gleichseitige Dreieck).
Unter dieser Gestalt sindet sich noch folgendes Wappen-

^ Silber auf
dunklem
Grunde.

In der dritten Travee zur Linken ist von der ge-
malten Architektur originaliter nur das obere Stockwerk
erhalten; es ist der ersten ähnlich gebildet, nur reicher,
mit schwarzen SLulen, auch vor der Mitte, mit einem
ganz streng römischen Gesims, das auf dem hohen Friese
durch Thierschädel verziert ist, und mit trefflichen natur-
sarbigen geflügelten Puttenpaaren auf den Untersätzen
der je zwei Säulen an den Risaliten. Äuf dem sehr
schön beendigten Gesims sind über den letzteren Voluten-
eckstücke und gegen einander geneigte Füllhörner ange-
bracht, in der Mitte sechs sitzende geflügelte Putten,
schwere Fruchtguirlanden haltend, Alles gran in grau.
In den mit muschelförmigen Wölbungen geschlossenen
Nischen steht links Paulus (Gewandung roth und
hellgrün), rechts Petrus (Gewandung roth und gelb).
Unter den Apostelnischen auf dem Zwischenfriese sitzen
je zwei den vorgedachten ähnliche Putten mit gleichen
Gnirlanden vor einer Vase.

Aus der Tabernakel-Architektur dieser Nische ist in
drei getrennten farbigen plastischen Figuren die Ver-
kündigung dargestellt: rechts am Fuße des Bogens Maria,
links der verkündigende Engel, oben auf der Fiale Gott
Vater, stehend, etwas zu Ersterer hingewandt. Zu dieser
Gruppe hat sich in dem gemalten Hintergrnnde merk-
würdigerweise die Ergänzung gefunden: Eine gemalte
doppelte Cherubim- und diese umziehende Regenbogen-
glorie umgiebt Gott Vater; hiuter der Maria und dem
 
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