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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Berggruen, Oscar: Die Selleny-Ausstellung im Wiener Künstlerhause, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0076

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139

Kunstliteratur. — Vermischte Nachrichten,

149

es läßt sich daher schwer bestimmen, ob er, mit den ge-
stellten Aufgaben sortschreitend, zu einer sreieren Ver-
arbeitung des errungenen Stoffes, zu einer größeren
Selbständigkeit der Komposition und somit zur Schöpfung
von Naturbildern großen Stiles gelangt wäre. Zu
dem halben Hundert ausgeführter Oelbilder, welches
die Ansstellung enthält, lassen sich fast durchweg die
Original-Studien nachweisen, und eine Vergleichung
der letzteren mit den ersteren zeigt deutlich, daß zwar
der Künstler sich in seinen Bilvern nirgends von ver
Natnr entfernt, daß er aber auch kaum jemals den Ver-
such einer freien Komposition gemacht hat. So findet
sich zu dem großen Bilde der Jnsel Sanct Paul außer
zahlreichen Detail-Studien eiue völlig kongruente Ori-
ginalaufnahme, und das Gleiche gilt von dem Oelbilde
des Felsentempels von Mahamalaipur, zu dem übrigens
ein tresflich ausgeführter Doppelgänger in Wasserfarbeu
vorhanden ist, der auch keine Original-Aufnahme zu
sein scheint. Sogar ein „Verzauberter See" mit phan-
tastischer Stassage, auf den wir später zurückkommen,
ist nicht, wie man Anfangs glauben möchte, Prodnkt
sreier Verwendung tropischer Motive, sondern die Aus-
führung einer schönen Skizze des gleichnamigen See's
snonntLckn") in Manila. Wenn Selleny
sich trotzdem, wie wir im Folgendeu sehen werden, sogar
zur Schöpfung prähistorischer Landschaften, also reiner
Phantasiegebilde aufgeschwungen hat, so können wir darin
nur eine die Regel bestätigende Ausnahme und einen
Ausfluß jenes Dranges nach Universalität erblicken, der
unsern Künstler sogar antrieb, vereinzelte Kostümstudien,
Porträts und Jllustrationen von Schubert'schen Liedern
zu malen. Sein Kolorit ist übrigens auch in Oelfarben
immer angemessen, kräftig und naturgetreu; ja, es stei-
gert sich dort, wo das Thema es erheischt, zu blendender
Virtuosität, wovon beispielsweise die opake, von Jnnen
heraus beleuchtete Gewitterwolke über der „Jnsel Sanet
Paul" oder, unter den Aquarellen, der „Sonnenunter-
gang im südlichen Ocean", Zeugniß ablegt. Leider
stört bei den meisten seiner Oelbilder, namentlich aus
älterer Zeit, ein violetter Ton, von dem selbst die aus
früheren Jahren stammenden Aquarelle nicht srei sind,
und welcher beispielsweise dem meisterhaften Aquarelle
der Stadt Graz etwas Naturwidriges Luftton verleiht.

Oskar Berggruen.

kunstliltratnr.

'A. v. Cohausen und E. Wörncr, Römische Steiubrüche
auf dem Felsbera au der Berastraße. Darmstadt.
L. Brill. 8.

Jeder, der eiumal die Bergstraße besucht hat, kennt auch
den Felsberg und die aus den Abhängen desselben befind-
lichen sogenannten Steinmeere, in deren einem eine nicht
fertig gewordene Säule aus Syenit von kolossalen Diinen-
sionen (9,25 M. lang) liegt, melche das Jnteresse aller Be-
sucher in hohem Grade in Anspruch zu nehmen pflegt, und
an ivelche daher mancherlei Vermuthungen und Sagen über

Ursprung und Bestimmung derselben geknüpft worden sind.
Von dieser Säule auSgehend, haben die oben genannten Ver-
fasser nun ein kleineS Buch geschrieben, in welchem sie in
kritischer Weise die bekannten' älteren, zum Theil bis in's
fünszehnte Jahrhundert zurückreichenden Nachrichten über
diese Säule zusammenstellen, diese, sowie einige in ihrer
Nähe besindliche Steine mit Spuren künstlicher Bearbeitung,
in technischer Beziehung untersuchen und dann, indem sie
diese Steine als historische Urkunden betrachten, aus ihnen,
in Verbindung mit Nachrichten über antike Steinbrüche in
Aegypten und Pannonien, interessante Schlüsse über die am
Felsberge zur Zeit der Herrschaft der Römer im Betriebe
gewesenen Steinbrüche ziehen. Von der Großartigkeit dieses
Betriebes erhalten wir ein Bild durch den Nachweis, daß
in den Rheinlanden noch mehr als 80 Säulen von ähnlicher
Beschaffenheit vorhanden sind. Die Verfasser nehmen an,
daß alle diese Säulen im Alterthum sür Gebäude am Rhein
gefertigt worden sind. Die Untersuchung ist sowohl in Be-
tresf ihrer Methode als der gewonnenen Resultate von hohem
Jnteresse und großem Werthe. Erwünscht wäre nur, daß
die Versasser ihren Gesichtskreis noch etwas erweitert und
auch Nachrichten über die anderen (ob antiken?) Steinbrüche
im Odenwalde (siehe z. B. einen Bericht in der Nürnberger
Presse 1875, Nr. 106) und über die Gebäude, an welchen
diese Säulen ursprünglich verwendet worden sind — eine
von mir in der „Archäologischen Zeitung", Jahrgang XXX,
Seite 80—81 ausgesprochene Vermuthung Haben sie nicht
acceptirt — sowie über die Zeit ihrer Herstellung gegeben
hätten. Selbst wenn sie keine bestimmten, sicheren Mitthei-
lungen hätten machen können, wären die Andeutungen und
Vermuthungen so gründlich untersuchender und mit so um-
fassender Sachkenntniß ausgerüsteter Männer doch immer
von Wichtigkeit gewesen, und würden unter Umständen viel-
leicht Andere aus den richtigen Weg sühren. 1t. U.

^ Thausing's Biographie Dürer's. Als reife Frucht
langjährigen Stüdiums ünd scharfsinniger Durchforschung des
gesammten reichen Materials ist soeben M. Thausing'S
„Dürer, Geschichte seines Lebens und seiner Kunst" bei E. A.
Seemann in Leipzig erschienen. Den Blick streng auf seinen
Gegenstand gerichtet und nur dann ablenkend, wenn die
unabweisliche Nöthcgung dazu in der Sache selbst liegt, zeich-
net uns der Verfasser mit sester Meisterhand ein klares Bilv
von dem Lebensgange Dürer's und der Entwickelung seines
künstlerischen Schaffens. Nicht nur der Fachmann wird die-
sen sorgsam und geistvoll geführten Linien mit Befriedigung
folgen; Thausing's Buch ist auch trotz aller seiner schwer-
wiegenden Gelehrsamkeit ein rechtes Buch für die weiteren
Kreise der Gebildeten unseres Volks, die sich an der herz-
erhebenden Größe Dürer's, wie sie uns hier so warm und
beredt vor Augen geführt wird, erfreuen und erbauen werden.
Die prächtige typographische AuSstattung und Jllustration des
Buches wird unsern Berichterstatter vom heurigen Christmarkt
veranlassen, der neuen Dürer-Biographie auch in seinem
Gebiete gebührend Erwähnung zu thun. Die eingehende
wissenschaftliche Besprechung derselben muß selbstverständlich
der Zeitschrist vorbehalten bleiben. Der Jnitial an der Spitze
unserer heutigen Nummer ist dem Werke entlehnt.

Vermischte Nachrichten.

Das Weihgcschenk der Deutschen für Michelangelo. Wir
sind jetzt in der Lage, das vollständige Verzeichniß der
deutschen Akademien, Kunstgenossenschaften, Vereine, Künstler
und Kunstfreunde, welche sich an dem vom Freien Deutschen
Hochstift in Frankfurt zu Ehren Michelangelo's gewundenen
silbernen Eichenlaubkranze betheiligt haben, im Nachstehenden
mitzutheilen. Das von Meister Schürmann in Frankfurt
gearbeitete prachtvolle Werk, das in Florenz allgemeine Be-
wunderung erregte, hat inzwischen in der Casa Buonarroti
seine bleibende Aufstellung gefunden. Hier das Verzeichniß
der Stister:

Deutsche Kunstgenossenschast, Lokal-Verein zu Berlin.
Königl. Sächsische Akademie der bildenden Künste zu Dresden.
Städel'sches Kunstinstitut zu Frankfurt a. M. Königl. Bayer.
Akademie der bildenden Künste in München. Künstlergenossen-
schaft zu Stuttgart. Großh. Sächsische Malerakademie zu
Weimar. Genossenschaft der bildenden Künstler zu Wien.
Kunstvexein in Baden-Baden. Breslauer Künstlerverein und
 
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