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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Meyer, Bruno: Die neu aufgedeckten Fresken im Dome von Verona, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0057

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101

Die neu aufgedeckten Fresken im Dome von Verona.

102

der vorigen, ist fast mit der eben beschriebenen identisch;
nur sind die unteren Nischen durchsichtig und nnt schönen
Giebeln abgeschlossen, im dritten Geschosse die Nischen
halbrnnd. Zwischen diesen letzteren sind mit mächtiger
ornamentaler Umrahmung vier quadratische Durchsichten
ausgespart; in der Mitte ragt wieder Christus mit der
Weltkugel aus dem Tabernakel empor. Da hier keine
Seitenrisalite siud, sondern statt dessen die Mitte in
ganzer Breite vorspringt, so dehnt sich ein Rundgiebel
nur über der Mitte aus. Rechts und links von diesem
sind zwei sitzende Prophetengestalten angebracht, welche
Spruchtafeln mit Inschriften halten, die ich jedoch nicht
entziffern konnte (es scheinen viele Buchstaben salsch er-
gänzt zu sein).

So schließt das Ganze also gleich der vorigen
Travee ziemlich geradlinig hart oben am Gewölbe ab.
Jn der Mitte der ablaufenden Giebellinie lagern Greife,
die jeder ein Wappen halten.

im weißen Felde Leopard nach
links (heraldisch);
im rothen Felde drei goldene
Rosetten oder Buckel;

links:

rechts:

goldener Winkel, ganzes Feld hell-
blau, mit drei goldenen Sternen.

Unten links erscheint eine köstliche weibliche Heilige,
wie mir scheint (was sie hält, sieht sreilich nicht gerade
einem Pseil ähnlich, oben eher etwa einem Schwamme),
die heilige Ursula, in dunkelroth und blau, mit gelbem,
leichtem Kopftuche; rechts minder schön, wiewohl auch
noch sehr anziehend, die heilige Barbara, in hellblau
und roth, den Kelch mit der Hostie in der Linken, den
Palmenzweig (der jetzt wie ein Messer aussieht) in der
Rechten; im zweiten Geschosse links der Evangelist Mar-
kus (Gewandung grün und gelb) mit dem Löwen, rechts
Lukas (Gewandung roth und blaugrün) mit dem Stiere,
darüber links Iohannes (Gewandung grün und roth)
mit dem Adler, in hohem Alter mit weißem Barte ab-
gebildet, rechts Matthäus (Gewandung blaßroth nnd
orange) mit einem ganz kleinen Engel. In den osfenen
Durchsichten zwischen ihnen stehen hier der heilige Mi-
chael, dort der heilige Georg, zwei jugendliche Gestalten
von wahrhaft raffaelischer Schönheit, leicht an die Tra-
dition der umbrischen Schule gemahnend. Den Giebel
süllt der im Grabe stehende Christus, von vier Engeln
unterstützt, zur Linkeu und zur Rechten je ein größerer
Engel kniend mit den Marterwerkzeugen. Gleich dem
vorigen Fresco zeigt auch dieses unter dem rothen Kar-
^ dinalshute ein Wappen, von oben nach unten
abwechselnd dunkelblau und weiß (over gold)
c" - j horizontal gestreift, mit 6, 5, 4, 3, 2, 1
goldenen Flecken.

Das Wichtigste aber an diesem Fresco ist eine Jn-
schrift im zweiten Stockwerke, welche nach Innen zu
auf zwei nicht kleinen Taseln erscheint, neben zwei Nischen,
die hinter dem Statuenpaare des Antonius Eremita und
des Paulus (?) gemalt sind. Man liest da:

lONVLI^ ^I-V'III-

RID60MTV8 VILxHINO

VLVHUO^BI^ 8LxTMLLI8

Die ganze Malerei sitzt übrigens — mit dem Al-
tare — schief, etwas nach rechts verschoben in der Travee.

Das Fresco in der ersten Travee des rechten Seiten-
schisses, nächst dem Hauptportale, zeigt eine zweistöckige
Marmorarchitektur von zierlichster Renaissancebildung,
unten links und rechts eine viereckig ausgeschnittene
Durchsicht mit Halbrund über dem schönen Gebälke. Die
Säulen sind an dem unteren Theile der Schäfte mit
Akanthoslanbwerk prächtig verziert, das sich nach aufwärts
und abwärts von einer Ringeinschnürung aus entwickelt.
Darüber sind die Schäfte spiralisch gedreht, von unten
herauf je nach außen. Die korinthisirenden Kapitelle
sind vergoldet. Jn dem durchsichtigen Halbrund erscheint
auf gestirntem Himmeksgrunde Christus in Halbsigur,
links bekleidet, mit dem Rohrscepter, rechts segnend, mit
der Weltkugel. Ueber dem Scheitel des Halbrundes steht
je ein kleiner nackter Putto mit rothen Flügeln und
einem rothen Schilde von der Gestalt desjenigen des
Donatello'schen Georg, auf schwarzem Grunde; je zur
Linken und zur Rechten, nach den Putten hingewandt,
befinden sich gemalte plastische Medaillonköpfe.

Höher hinauf zieht sich ein durchlaufendes Gesims
hin, darüber sind zu beiden Seiten halbrunde Nischen,
mit Säulen eingefaßt, die aufwärts nach rechts gedreht
sind, korinthische Kapitelle haben und ein verkröpftes
Gebälk tragen. Der Wandraum zwischen diesen Nischen
wird durch zierliche Wandpilaster in sechs Streifen ge-
theilt, die beiden äußersten wie Fenster gebildet (mit
erhöhten Sohlbänken, der darunter stehenden Statuen
des Tabernakels wegen), die darauf solgenden aus röth-
lichem Grunde mit eingelassenen (gemalten) Medaillons auf
grünem Grunde, die innersten auf grünlichem Grunde.

Der Fries ist sehr reich gebildet. Ileber den glie-
dernden Stützen stehen oben Engelchen, zwischen ihnen
über den Nischen Giebel, sonst Vasen mit kleinen Bäumchen
mit grüner Kugelkrone. Jn der Mitte ist statt dessen
in der Breite von Vase zu Vase eine Nische mit Strahlen-
glorie als Hintergrund für den plastischen Christus mit
der Siegesfahne, die Bekrönung der Tabernakelarchitektur,
gebildet.

Unten in den Durchsichten stehen: links Eusebius,
mit Bischossmütze und Buch und Kirchenmodell auf der
Linken, Gewandung weiß, darüber grün mit Goldver-
brämung; rechts Hieronymus, von dem jedoch nur die
rechte Hand, die ein Kirchenmodell hält, und eine dunkel-
 
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