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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Sammlungen und Ausstellungen. — Vermischte Nachrichten.

15. Mai 1876 in Hannover einzuliefern. Zwei Prämien
von 2000 und 1000 Mark kommen sür die beiden relativ
besten Entwürfe zur Vertheilung. Diese preisgekrönten Ent-
würfe gehen in das Eigenthum des Komitö's über, doch
braucht keiner derselben zur Ausführung zu gelangen. Zu
Preisrichtern sind ernannt: Münzmedailleur Brehmer, Bau-
rath Hase, Professor Fr. Kaulbach, Baurath Köhler und
Stadtdirektor Rasch in Hannover.

Sammlnngen nnd Ä.usstellungen.

8. Düsscldorf. Jn der Ausstellung von Bismeyer und
Kraus befaud sich jüngst ein ausgezeichnetes Gemälde von
Adolf Seel, welches die allseitige Aufmerksamkeit auf sich
lenkte. Es stellte einen arabischen Hof in Kairo mit einigen
Figuren und Maulthieren dar, und war ebenfo lobenswerth
in der malerischen Gesammtwirkung wie in der feinen Durch-
führung der Einzelheiten. Das interessante Motiv gewann
in der 'geistreichen Behandlung Seel's eine Anziehungskraft,
die Jeden fefselte, und die gelungene Charakterisirung der
Staffage steigerte den Werth des Ganzen. Ein kleines
Schlachtenbild von Emil Hünten war von überraschenöer
Lebendigkeit und großer Wahrheit des Tons. Es zeigte die
Eroberung eines französischen Geschützes durch preußische
Jnfanterie und Jäger bei Beaumont. Jn wildem Ansturnr
nahen sich die Tapfern dem abfahrenden Geschütz, dessen
Pferde sie niederschießen, während sich die Bedeckung zur
Wehre setzt. Der Hergang war mit außerordentlicher Ge-
wandtheit dargestellt, und die tresfliche Behandlung der Land-
schaft gereichte dem Künstler noch zur besondern Ehre. Eine
Parforcejagd von Anton Becker bekundete ein fchönes Ta-
lent sür naturalistische Wiedergabe der Natur und wußte
Antheil zu erregen, während eine italienifche Fruchthändlerin
von Adolf Graß trotz der sichtlich darauf verwandten Mühe
durchaus kalt ließ. Eine stilvoll komponirte Landschaft des-
selben Malers hatte kein glücklicheres Loos. Der „Abend
in Holland" und ein kleineres Thierstück von R. Burnier
bewiefen auf's neue die bekannten Eigenschasten dieses Mei-
sters: eine glänzende Lichtwirkung und überzeugende Wahr-
heit der Stimmung bei allzu flüchtiger Ausführimg im Ein-
zelnen. Die einfachen Landschaften von G. Oeder muthen
stets durch echt künstlerische Behandlungsweise und eine sin-
nige Ausfassung der Natur an und bewiesen das ernste
Streben des begabten Künstlers. Recht lobenswerth erschien
ein Damenporträt von Müller von Bonn, dem sich ein
kleines Bildniß von Karl Sohn vortheilhaft anschloß. —
Bei Ed. Schulte fanden wir ebenfalls mehrere gute Porträts
von Otto Rethel, A. Siegert und besonders ein großes
Kniestück von C. Bertling, wohingegen Julius Geertz
und H. Ewers gänzlich verfehlte Arbeiten auf diesem Felde
geliefert hatteu. Ein Genrebild von I. Scheurenberg,
eiue Dame, die lesend durch einen Wald geht, wollte uns
auch nicht in gleicher Weise zusagen, wie die letzten Bilder
dicses Künstlers. Es entbehrte einigermaßen °der Frische
und vermochte weder durch Ausfassung noch Behandlung dem
Beschauer ein Jnteresse für den einfachen Gegenstand abzu-
gewinnen. Andreas Achenbach glänzte dagegen in einem
Motiv von Antwerpen wieder im vollen Licht seiner emi-
nenten Befähigung, die sich in Darstellung der verschieden-
artigsten Stimmungen und Gegenden gleich bewandert er-
weist, so daß uns jedes neue Bild mit neuer Bewunderung
erfüllt. Eine kleine Landschaft von A. Rassmussen erschien
ebenfalls recht lobenswerth, und von den sonstigen neuen
Bildern haben wir noch ein Thierstück von Fritz L ange mit
Anerkennung namhast zu machen.

Vermischte Uachrichten.

„Die Mauernbrecher von Nürnberg". Unter diesem
Titel verösfentlicht H. Allmers über den von uns wieder-
holt in gleichem Sinne besprochenen Gegenstand nachfolgenden
Artikel: „Wenn ehrwürdige und bedeutsame Baudenkmale
der Vergangenheit endlich den ewig nagenden Witterungs-
einflüssen zum Opfer wurden, oder in dunklen Zeiten durch
Barbarenhand zu Grunde gingen, oder auch erst in unsern
Tagen dringenden und zwingenden Verhältnissen weichen
mußten, so mag uns immerhin tiefe Wehmuth erfüllen, wenn
wir die Stätte betrachten, wo sie einst das Herz erfreuten

oder erhoben durch Schönheit und Größe. Aber wir fügen
uns in's Unabwendbare, weil die Vernunft uns sagt, daß
es wohl so kommen mußte. — Wenn aber Werke, die einst
der Stolz und Ruhm der Väter, zugleich wichtige, ja einzige
Kulturdenkmale, dazu ein herrlicher Schmuck ihrer Stadt
und endlich durch ihre Festigkeit und malerische Schönheit
das bewundernde Entzücken von Tausenden sind, — wenn
solche Werke von den Nachkommen ihrer Erbauer noch in
unsern verständnißvollen Tagen, gänzlich ohne Noth, sondern
eigentlich nur aus bloßer Modernisirungssucht vernichtet
werden, so darf man solches nur als eine schmachvolle
Frevelthat bezeichnen. Und eine solche begeht jetzt Nürn-
berg, indem es seinen herrlichsten Schmuck, ein wahres
Unicum altdeutscher Befestigungskunst, seine alten malerischen
Stadtmauern niederzureißen im Begriffe ist. — Zwar scheint
man ein gewisses Schamgefühl dabei nicht ganz unterdrücken
zu können, denn man,schiebt allerlei Gründe vor, sich zu
rechtfertigeu, aber die Triebfedern lassen sich nicht so leicht
verdecken, und diese sind einerseits das unsinnige Streben,
aus der alten Reichsstadt, und koste es was es wolle, eine
moderne zu machen, andererseits und etwas versteckter die
Spekulatiön auf Bauplätze, mit andern Worten das Geld-
machen. Daß aber die beklagenswerthe Zerstörung der Ring-
mauer nicht nothwendig ist, liegt klar zu Tage. Wird die
Stadt dadurch beengt? Wird Wohnungsnoch hervorgerufen?
— Ganz und gar nicht; draußen ist Raum sür sie, sich aus-
zubreiten, so weit sie will, was ja auch sort und sort statt-
sindet. Wird der Verkehr zwischen draußen r:nd drinnen
durch sie gehindert? — Ebenfalls nicht und wäre es der
Fall, brauchte man ja nur noch ein paar Thore mehr anzu-
legen. Oder fordern Gesundheitsrücksichten gebieterisch den
Fall der Mauern? — Auch dieses nicht, denn so viel die
Wasserversorgungs- und Abzugsanlagen rc. auch zu wünschen
übrig lassen, Nürnberg gehört trotzdem zu den gesünderen
Städten des deutschen Binnenlandes. Und sollte nun auch
der leere Graben etwas Versumpfung und schlechte Luft er-
zeugen, so genügt eine entsprechende Kanalröhre und eine
mäßige Dampfpumpe, um Beides zu beseitigen. Wehren sie
endlich dem Zutritt von Luft und Licht? Und auch dieser
Grund erweist sich nichtig, wie sehr man ihn hervorhebt!
Von allen alten Städten gleicherGröße hatNürnberg durchweg
die hellsten und breitesten Straßen, denen die nur 15—18
Fuß hohe Stadtmauern wahrlich nicht im Stande sind, Luft
und Sonne zu rauben, was indessen dafür erstehende drei
Mal höhere Häuser und moderne Miethkasernen in ganz an-
derem Maße thun würden. Genug, nichts erweist sich be-
gründet, nichts ist stichhaltig, um das beklagenswertheTreiben
der Nürnberger Stadtbehörde zu rechtfertigen. Vollends
beklagenswerth aber wäre erst die Umwandlung des ehrwür-
digen Nürnbergs in eine moderne Stadt. Noch dürfen seine
Bürger mit Stolz auf ihre Vaterstadt blicken, denn einzig
steht sie da im deutfchen Reiche. Modernisirt würde sie sein
wie hundert andere; ihr hoher Reiz, ihre mächtige Anziehungs-
kraft wären dahin. Etwas Aehnliches erlebten wir jüngst in
Norddeutschland. Was mußten sich die Lüneburger und
mit Recht nicht alles sagen lassen, als sie ihr sogenanntes
Rathssilber, jenen Schatz alter Prachtgefäße verkauften. Nobel
war es auch nicht von ihnen, denn nothwendig war es nicht.
Und doch sollten die Sachen ja nicht eingeschmolzen, nicht
wie Nürnbergs Mauern zerstört werden, sondern gerade durch
ihren Verkauf an den Staat und ihre Aufstellung im Ge-
werbemufeum zu Berlin wurden jene Prachtarbeiten deutscher
Goldschmiedekunst nun erst Allen zur Freude und zum Nutzen
zugänglich. Nichts desto weniger wurde dieser Verkauf von
der öffentlichen Meinung streng gerichtet. Daß aber in Nürn-
bergs stolzer Mauerkrone, selbst zum Theil noch ein Zeugniß
von Albrecht Dürer's umfassendem Geiste, nicht nur jene
Stadt, sondern auch das Vaterland ein herrliches Baudenkmal
einziger Art besitzt, ist eine längst ausgemachte Thatsache
und eben darum darf Deutfchland dessen Erhaltung auch
geradezu fordern. Hierzu hat es nicht nur das moralifche
Recht, fondern sogar die Pflicht. — König Ludwig von Bayern
hat nach langem Widerstreben dem Drängen endlich nach-
gegeben und den Abbruch der Mauern gestattet. Der Kaiser
und Kronprinz des deutschen Reichs, Nürnbergs angestammte
Burggrafen, haben, wie verlautet, vergebens ihre Bitten
dagegen erhoben, auch in der Presse ließen sich berechtigte
und geachtete Stimmen leider ohne Erfolg vernehmen. —
 
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