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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0182

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351

Kunstgeschichtliches.

352

Thatm seiner ruhnwollsten Regenten — setbst nber-
tresfen. Ohne Frage gehören diese Fresken zu den her-
vorragenvsten Kunstwerken dec Neuzeil, und mit Necht
sind und bleiben sie ein Anziehungspunkt sür alle Be-
sucher Stuttgarts. Jedes der Bilder zeigt einen großen
kühnen Wurf, eine glückliche Wahl des Stoffes und
dessen volle künstlerische Bewältigung. Besonders tritt
der farbenkundige Meister mit einer Leuchtkraft und
Sättigung des Kolorits auf, wie es harmonisch wirk-
samer kaum noch bei anderweitigen Fresken wahrge-
nommen wird. Fünf Säle des königl. Residenzschlosses
sind mit diesem kostbaren Schmucke, wohl dem schönsten,
den sie sich geben konnten, ausgestattet, unv mit Ehr-
furcht vor den Manen des wackeren, füngst heimgegan-
genen Meisters wird sie jeder Besucher betreten.

Die Bilder beginnen in dem ersten der oberen
Säle mit der Belagernng Stuttgarts durch Kaiser Ru-
dolf von Habsburg und der heldenmüthigen Gegenwehr
Graf Eberhard's des Erlauchten, 1286, dem Einzug
Herzog Eberhard's im Bart in Tübingen, 1495, und
dem Sieg des Grafen Ulrich des Vielgeliebten über die
Städter bei Eßkingen, 1449. Der zweite Saal zeigt
die Flucht des Grasen Eberhard, des Greiners, aus
Wildbad, 1367, den Sieg Eberhard's, des Greiners,
über das reichstädtische Heer bei Döffingen, 1388, und
die Schlegler bei Berneck, 1367. Ein in diesem Saale
angebrachtes Sürporte stellt die Württembergia dar,
welche den gefallenen Grafen Ulrich betrauert, ein an-
deres ihm gegenüber die Viktoria, welche ihm ven
Siegeskranz reicht. — Jn den Sälen des unteren Stock-
werkes beginnt der erste mit der Darstellung Gras Eber-
hard's des Erlauchten, Kaiser Heinrich dem VII. von
Lupemburg Trotz bietend, 1309. Es folgt Henriette
von Mömpelgardt, den Grafen Friedrich von Zollern
gefangen nehmend, 1423, und sodann Kaiser Karl IV.,
von dem Gegenkaiser Günther von Schwarzburg bei
Mainz überfallen, und von Gras Eberhard, dem Greiuer,
gerettet, 1349. Jm zweiten Saale sieht man: Gras
Eberhard im Bart auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem,
1468, sodann dessen Vermählung mit Barbara Gonzaga,
1474, und dessen Ritterschlag am heiligen Grabe, 1468.
Jm dritten Saale sind dargestellt: der Besuch Graf
Eberhard's im Bart bei dem Fürsten Lorenz von Me-
dicis, 1482; die Verleihung der goldenen Rose an den
Grafen Eberhard im Bart, 1482; dessen Belehnung
mit der Herzogswürde durch Kaiser Mapimilian, 1495,
und Kaiser Maximilian am Grabe Eberhard's im Bart,
1499.

Nach Vollendung dieser großartigen Schöpfungen,
welche mit geringen Unterbrechungen eine sast 18jährige
Thätigkeit in Anspruch nahmen, wandte sich Gegenbaur
wieder zur Oelmalerei, und außer einem Altargemälde
(Maria mit dem Kinde) für seine Heimatstadt Wangen,
waren es hauptsächlich wieder die idealen Gestalten der
griechischen und römischen Mythe, welche ihm den Stofs
zu den koloristisch so reizenden Darstellnngen boten.
Auch die Bildnißmalerei fand in ihm einen eminenten
Repräsentanten, und besonders in Damenporträts wußte
er den vollen Schmelz seiner feinen blühenden Farbe
niederzulegen. Aber noch einmal sollte ein großes mo-
numentales Kunstwerk seine ganze Kraft in Anspruch
nehmen, als er mit der Ausschmückung des weißen Saales
im königl. Residenzschlosse zu Stuttgart betraut wurde.
Als sür den übrigen architektonischen Schmuck geeigneter,

wählte er die Oelmalerei und verstand es, in geistvollster
Weise die ihm für Bildwerke überwiesenen Felder mit
einem seinem inneren Wesen nach zusammenhängenden
Cyklus auszustatten. So schmücken den Plafond des
Saales drei Bilder. Das mittlere größte Feld zeigt
das Hauptbild: Helios. Jn hellem Glanze strahlt der
Himmel, und Helios aus dem von vier Rossen gezogenen
Sonnenwagen verkündet den Morgen. Ihn umgeben
die Musen und die blumenstreuenden Horen, vor welchen
die Jünglinge, welche den Thau ausgießen, herschweben.
Jn den zwei kleineren Ovalfeldern des Plasonds
sieht man links: Bacchus und Ariadne, und rechts:
Venus und Eros. Ucber dem Bogen links: vom Wein
erhitzte muthwillige Genien, und rechts über dem Or-
chester: fröhlich mustcirende Amoretten. In den vier
Ecknischen finden sich die vier Elemente symbolisch dar-
gestelll und zwar durch: Ceres und Jason (Erde), Aeolus
und Aeola (Luft), Pluto und Proserpina (Feuer) und
Neptun und Thetis (Wasser). Der Plafond der Loge
zeigt in drei Medaillons Amoretten mit Pseil und
Bogen. Gewiß begreisen wir die tiefe Sinnigkeit
dieser ganzen Konzeption, welche sür einen glänzenden,
sestlichen Lustbarkeiten geweihten Raum nicht glücklicher
und entsprechender gedacht werden konnte. Und mit
welchem seinen Farbenzauber wirken diese Gemälde auf
den weißen, nur mit Gold dekorirten Marmorwänden!

Gegen Ende des Iahres 1860 war auch diese
große Arbeit vollendet, und wir finden den thätigen
Meister wieder mit Stasfeleigemälden, theils Bildnissen,
theils religiösen und mythologischen Bildern beschäftigt.
Aber machte sich allgemach das herannahende Alter
fühlbar, so traten auch vie Erscheinungen eines Brust-
und Halsleidens störend und oft mit gefährlicher Hestig-
keit auf. Dies veranlaßte unseren Meister, wie Eingangs
gesagt, ein milderes Klima aufzusuchen und den Winter
in Rom zuzubringen. Allein so oft er mit dem Früh-
jahr nach Sluttgart zurückkam, brachte er unter dem
klassischen Himmel Italiens mehr und mehr gereifte
Arbeiten mit, und es rastete sein feuriger Schaffenstrieb
nicht, bis der Tod ihm sein Halt gebot. Möge ihm in
seinem geliebten Rom die Erde leicht sein! Wi'r aber
wollen sein Anvenken, wie er es verdient, treu in Ehren
halten, und wenn wir die Besten und Edelsten nennen,
aus welche unser Vaterland mit Stolz blickt, so wird
neben Schick, Danneker und Wächter auch Anton von
Gegenbaur's Gedächtniß fortleben.

kittll'tgeschichtliches.

Die Ausgrabungen von Olympia. Der Deutsche Reiclch-
Anzeiger enthält folgenden dritten Bericht: Die letzten Be-
richte der Herren I)r. Hirschfeld und Bötticher reichen öis
zum 27. Januar. An der Ostfronte hatte man die zireite
Tempelstufe freizulegen begonnen. Von Westen her mrd
der Graben in der Richtung auf den Tempel mehr und mehr
vertieft, um auch hier den ursprünglichen Boden zu erreichen.
Die Fundstücke, welche in der letzten Woche zu Tage kamen,
find dreierlei Art: inschriftliche Denkmäler, kleine im Boden
zerstreute Alterthümer, Bildwerke und Statuenpostamente.
Unter den Denkmälern erster Gattung ist eine fast unver-
fehrte Bronzetafel, 0,55 hoch, 0,24 breit, am 21. Januar
füdlich von der Südwestecke des Tempels gefunden. Sie ift
mit einem Giebelfeld gekrönt und von zwei korinthischen Pi-
lastern eingefaßt. Jnnerhalb Lerselben befindet fich eine Jn-
fchrift von 40 Zeilen, an denen kein Buchstabe fehlt; unten
nn der Tafel find drei Zapfen, mit denen sie in einen Stein-
sockel eingelasfen war. Die Jnschrift ist in elischem Dialekt
 
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