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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Vermischte^Nachrichten.

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angelegte Natur und hat sich den herben Stoff in seiner
Weise mit Glück zurechtgelegt. Ohne Zweifel danken es ihm
Viele, daß er das Gräßliche der Scene gemildert hat. Zu-
dem bilden eine feine, forgfältige Zeichnung und schöne
Linienführung wie anerkennenswerther Sinn für schöne und
anmuthige Formen Verdienste, denen wir nicht allzu oft
begegnen. Auch die Farbe harmonirt mit der Auffafsung
des Gegenstandes. Jul. Kronberg imitirt in seinem
Bacchanten-Fries auf Goldgrund Makart allzu handgreiflich.
Fehlt es ihm auch nicht an Phantafie, so doch jedensalls an
Grazie: die ganze Gesellschast fieht aus wie ein in's Klasfische
übersetzter Brouwer. Geradezu abgeschmackt nmß man es
nennen, daß Kronberg fich nicht mit weißen Faunen begnügte,
fondern auch einen Negersaun erfinden zu sollen glaubte.
Wenn sein Vorbild es mit der Zeichnung Lisweilen bedenk-
lich leicht nimmt, ift das eine Schwäche, die man vielleicht
dem bedeutenden Meifter nachfieht, dem Nachahmer nie.
Fritz Aug. Kaulbach und .Profeffor Alex. Wagner
brachten Kostümporträts, Erinnerungen an das herrliche
Künstlerkoftümfest des heurigen Karnevals. Während das
Bild des Ersteren mit.feiner feinen Formgebung, seiner
reichen Modellirung, seiner unübertrefflichen Zeichnung, mit
der köstlichen Frische, dein süßen Schmelz der Farben und
der trefflich geordneten Gewandung verräth, wie sehr sich
der Künftler das Studium der alten deutschen Meister hat
angelegen sein lafsen, finden wir von alledem in drei Bild-
nissen Wagner's das schrofffte Gegentheil, namentlich bei
einem Lehrer an der erften Kunftanstalt des Königreichs
doppelt verletzende grobe Zeichnungsverftöße, wie fie keinem
Schüler nachgesehen werden dürfen. Noch weniger glücklich
war sein Kollege an der Akademie, Ferd. Barth, mit seinem
Tafso, der wahrscheinlich auch als „Historisches Bild" gelten
soll, denn es war ihm, da er eine Gruppe brachte, Gelegen-
heit gegeben, zu zeigen, daß auch das Komponiren zu seinen
schwachen Seiten gehört. Wie es möglich ist, daß fich ein
Künftler einen Tafso und eine Leonore so vorftellt, wie wir
fie auf Barth's Bilde sahen, bleibt gerade unverständlich.
Ein ganz hübsches historisches Genrebild brachte Herm.
Schneider in seinem „Van Dyck, die Kinder Karl's I.
malend", wenn die Kömposition auch etwas fester geschlofsen
sein könnte und der Merfter felbft nicht gerade an das
Theater zu erinnern brauchte. Cornicelrus hat seiner
hübschen „Novize" die ausrichtige Theilnahme nicht blos der
Männer, sondern auch der Frauen zu erwerben gewußt.
Uebrigens macht das Bild den Eindruck, als sei es ein aus
einer größeren Komposition herausgeschnittenes Stück. Boß-
hardt's „Politik im Klofter" gefällt vielleicht Manchem
weniger, weil es überhaupt an dre leidige Politik erinnert.
Brandt brachte einen virtuos gemalten „Uhlan im Dorse"
und Jan Chelminski, der eine ftaunenswerthe Frucht-
barkeit entwickelt, gleich drei und noch dazu recht brave
Soldatenbilder: Vorpoften, Ordonnanz und Dragoner und
Bellinghusar, in welchen er das Knitterige, das seiner jüngft
ausgeftellten „Parforce-Jagd" so weh that, glücklich ver-
mied. — Das Thiergenre war durch ein größeres Bild von
Heinr. Lang vertreten: „Das Einfangen von Weidepferden",
das dem Künftler, einem der beften in diesem Fache, alle
Ehre macht. Daran reihte fich ein köstlicher „Widderzwei-
kampf" von Lebling, einem Schüler Piloty's, der viel ver-
spricht. — Von den bedeutenderenLandschaftern hatte Langko
einen prächtigen Eichenwald, Staebli eine brillant gemalte
„Partie an der Limmat", Herm. Baisch einen poesievollen
„Frühlingsmorgen", C- Ebert einen gewaltig packenden
„Sturm im Walde", Horst Ha cker ein sehr plaftisch wirken-
des Bild und Correggio einen sehr verdienftlichen „Jakobs-
See bei Polling" eingesendet. — Baade hängt mit treuer
Liebe an seiner nordischen Heimat und zeigte diesmal die
nächtliche Fahrt eines Dampfers in den Scheeren Norwegens
mit jener ergreifenden Wirkung, welche jeder wahren Poefie
zu Gebote fteht. Von mehr als gewöhnlichem Jntereffe war
eine Anzahl Skizzen und Studien des trefflichen Fritz Bam-
berger und (in Aquarell) eine Reihe italienischer Skizzen
von A. Behles, welche namentlich große Sicherheit in der
Perspektive verrathen. Durch ftilvolle und doch freie
Haltung thaten fich hervor vier mit der Feder gezeichnete
Entwürfe, zur Ausführung in Sgraffito bestimmt und die
vier Jahreszeiten darftellend. — Von Ungerer war eine
recht fleißig durchgebildete und sauber in weißem Marmor

gemeißelte Kindergruppe ausgeftellt. Auch Heinr. Ruf hat
fich wieder einmal eingefunden und einen recht frischen
„Trompeter von Säckingen" und zwei Relief-Medaillons:
„Nacht" und „Morgen" gebracht, edel an Form und voll
feiner Empfindung.

Dermischte Nachrichten.

Bautzener Silbersund. Auf dem Flur des zweiten
Stockes des Bautzener Rathhauses stand feit Menschengedenken
ein alter hölzerner Kaften, welchen man immer nur mit eitel
Papier gefüllt geschätzt hatte. Als der Rath beschlofsen, den
Kaften anders zu verwenden, fand man, daß das Papier
nur als Decke gedient hatte, und es fanden fich folgende
Gegenstände, über deren seiner Zeit ftattgefundene Depo-
nirung auf dem Rathhause bis jetzt Nichts in Erfahrung ge-
bracht werden konnte: 1) Ein Pokal, Silber vergoldet, in
Form einer Ananas, aus welcher fich künstlich in Silber ge-
triebene Blüthen und Blätter entwickeln, 33 Cm. hoch, mit
der Jahreszahl 1072. 2) Ein Becher mit Deckel, Silber

vergoldet, in Form eines fich nach oben erweiternden Cylin-
ders, getragen von kugelförmigen Füßen. Der einfache
Deckel ist gleichfalls mit einer Kugel geschmückt; 19 Cm hoch,
mit der Jahreszahl 1684. 3) Trmkschale mit Deckel, Silber,
Jnnenfläche vergoldet, in Form einer einfachen Vase, der
Deckel geschmüüt mit dem ziemlich derb gearbeiteten Wappen
der Sechsstadt Bautzen; 3o Cm. hoch, mit der Jahreszahl
1734. 4) Sieben Stück Eßlöffel von feinem Silber, Stiele
und Anfänge der Kelle reich mit plastischem Schmuck der
Spät-Renaissance geziert. 5) Ein goldener Fingerring und
einige Petschafte und Stempel, von welchen das Nähere noch
zu bestimmen ift; auch die Frage, aus welchen Werkftätten
die Gegenftände hervorgegangen, bleibt noch zu erörtern.
Sämmtliche Gegenftände find vom Rathe Lem städtischen
Museum übergeben worden. (Dresd. Anz.)

R. Das Münchener Handzeichnungs- und Kupferstich-
kabinet hat kürzlich eine namhafte Anzahl von Aquarellftudien
des k. Hofmalers Leopold Rottmann erworben. Sie haben
ausschließlich Partien aus dem bayerischen Oberlande zum
Gegenstande, meist Lieblingspunkte und Jagdftände des
Königs Maximilian II., und dienten dem wackeren Künftler
zur Benutzung, als er für den König eine Reihe von Album-
bildern in Aquarell auszuführen hatte: eine Technik, in
welcher er es bekanntlich zu seltener Meifterschaft brachte.

R. An der Münchener Kunstakademie find gegenwärtig
330 Schüler eingeschrieben, von denen 150 Bayern und 180
Nichtbayern find. Unter letzteren befinden fich 33 Preußen,
12Württemberger und Badenser, 38Angehörige vonOefterreich-
Ungarn, 19 Amerikaner, lORusfen, 10 Schweizer, 7 Schweden
und Norweger, 4 Serben, 2 Engländer, 1 Rumäne, 1 Jta-
liener, 1 Belgier und 1 Australier.

8. Schwerin. Am Eingange der vorderen Schloßbrücke
Hieselbft sind kürzlich zwei kolossale Gruppen von „Obotriten-
kriegern, welche ihre Rosse zum Kampfe rüsten", aufgestellt.
Modellirt sind dieselben vom Bildhauer Genschow in Ber-
lin. Während der Modellirung der erften Gruppe erkrankte
Genschow so schwer, daß er die Ausführung der zweiten
Gruppe dem Bildhauer Manthe daselbst übertragen mußte.
Der nach den Modellen wohlgelungene Guß ift in der
Czarnikow'schen Gießerei in Berlin ausgeführt worden.
Größere Werke der Plastik find in Zinkguß bisher nicht ge-
liefert worden. Die Gruppen find nämlich 12 Fuß hoch.
Die erfte ftellt ein wild fich ausbäumendes Pserd dar, das
von dem mit einem Bärenfell bekleideten Obotriten mit
energischem Griff in den Zügel gebändigt wird. Die zweite
Gruppe ftellt ein fich zum Hochsprunge aufschwingendes Pferd
dar, das ebenfalls von einem markigen Obotriten in feinem
Vorhaben gehemmt wird. — Die beiden Roffe und ihre Bän-
diger find recht lebendig und wahr dargestellt. Das in
bräunlichem Ton gehaltene Kolorit des Guffes läßt die Schön-
heit der Modellirung vortheilhaft zur Geltung kommen. Die
Grundidee, die fiegende Kraft des Menschen über das Thier,
ift so glücklich zum Ausdruck gelangt, daß man die Gruppen
als vollendete Meifterwerke betrachten kann. Die monumen-
tale Wirkung ist eine harmonisch abgeschloffene und verleiht der
Brücke des herrlichen Refidenzschlofses einen neuen Schmuck.
 
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