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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Nekrologe.

184

bleibendes Ehrendenkmal bei allen wahren Künstfreunden
gesetzt hat.

PeterIohann Nepomuck Geiger, am II.Januar
1805 zu Wien geboren, war der Sohn des Bildhauers
Josef Geiger; auch sein Großvater, welcher aus der
Schweiz eingewandert war, bctrieb den gleichen Knnst-
zweig. Leider traf den Knaben schon in seinem neunten
Lebensjahre das traurige Schicksal, der väterlichen Stütze
beraubt zu werden, und wenngleich seine Mutter, die sich
später zum zweitenmale vermählte, und sein Großvater sich
seiner nach Kräften annahmen, so w'ar er doch von jener
Zeit an grvßtenteils auf sich selbst angewiescn, nnd cs
begann für ihn nur allzufrüh eine Perivde, in welcher
er viele bittere Erfahrungen durchzumachen, und harte
Proben zu bestehen hatte, bis sein Genius in uner-
müdetem Streben sich emporringen und dnrch alle sich
entgegentürmenden Hmdernisse Bahn brechen konnte.
Kaum daß Geiger die Zollersche Hauptschule am Neu-
bau in Wien absolvirt hatte, war er schon genötigt, um
sich die nötigen Subsistenzmittel zu verschaffen, zu einem
Gipsgießer in Arbeit zu gehen. Eine geraume Zeit
Harrte er bei dieser rein mechanischen Beschäftigung aus,
doch immer mehr wuchs in ihm der Drang nach selb-
ständigem künstlerischem Schaffen: er versuchte sich in
Holzschnitzereien und Schneiden von Meerschaumköpfen;
doch war der Ertrag dieser Arbeiten ein so kümmerlicher,
daß er gern die sich ihm darbietende Stelle als Bild-
hauer in der Möbelfabrik von I. Danhauser (dem Vater
des nachmals berllhmt gewordenen Malers Josef Dan-
hauser) annahm. So mußte sich der feurige, nach Höherem
strebende Jüngling noch immer zur Handwerksarbeit be-
gueinen; doch benutzte er jede freie Stunde, um sie zu
seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Zeichnen, zu verwenden,
nnd versnchte sich in den mannigfachsten Entwürfen unv
Kompositionen in der Absicht, das Ziel seines sehnlichsten
Wunsches, nämlich die Aufnahme als Schlller an der
k. k. Akademie zu erreichen. Zu diesem Zwecke legte er
eines Tages seine Zeichnungen dem damaligen Direktor
der Akademie vor, dieselben fanden jedoch bei diesem nicht
die cntsprechcnde Würdigung, und es fehltc wcnig, so wärc
ihm seine Bitte um Aufnahme versagt worden, als er
an dem Historienmaler und nachheri'gen Galeriedirektvr
Peter Krafft, welcher das Talent de's jungen Mannes
erkannte, einen warmen Fürsprecher fand und nun endlich
das erschnte Ziel erreichte. An der Akademie, wo cr
bald zu den hervorragendsten Schülern zählte, bildete er
sich vorerst unter den Professoren Schaller und Kähs-
mann in der Bildhauerei aus und ging erst gegen 1830
ganz zu den zeichnenden Künsten und zur Malerei über.
Da er aber nunmehr infolge seiner eifrigen akademischen
Studien die Arbeiten, welche er zu seinem Broterwerb
betrieb, vernachlässigen^mußte, blieben Not und Entbeh-
rungen nicht aus, und Geiger loar mehr als einnial
nahe daran, der Künstlerlaufbahn den Nkiicken zu kehren.
Er trug sich in dieser Zeit unter anderem mit dem Ge-
danken, sich der Arzneiwissenschaft zu widmen, nachdern
er bei einem befreundeten Arzte Gelegenheit gefunden,
medizinische Bücher zu studiren, doch widerstrebte
dieser Berufszweig seiner inneren Natur; es ging aus
diesen Kämpfen schließlich doch die Vorliebe für die Kunst
als Siegerin hervor, und Geiger rang mit dem Aufgebote
aller seiner Kräfte seinen Stndien fortan noch so viel
Zeit ab, um sich durch Meerschaumschnitzereicn, die er
für die berllhmtcn Pfeifcnschneider Noltze und Llltge ver-

fertigte, seinen Unterhalt zu verdienen. Endlich wurde
unsereni Künstler auch Gelegenheit geboten, sein Zeichen-
talent zu verwerten, indem er gegen Ende der dreißiger
Jahre von Anton Ziegler den Antrag erhielt, eine histo-
rische Wochenschrift, welche dersekbe unter dem Titel
„Baterländische Jmniortellen" lieferungsweise herausgab,
mit bildlichen Darstellungen zu illustriren. Geiger lieferte
für dieses Werk nur Konturzeichnungen, die auf Stein
übertragen, dann von anderen Händen mit lithographischer
Kreide überarbeitet und häufig so übel zugerichtet wurden,
daß sie leider wenig vom Geiste der Komposition er-
kennen ließen. Dessenungeachtet fand das Werk vielen
Anklang im Publikuui, und durch diesen Erfolg wurdc
der Herausgeber zu einem neuen ähnlichen Unternehmen
veranlaßt; es waren dies die „Historischen Memorabilien".
Hierzu lieferte Geiger 98 ausgeführte Federzeichnungen,
die nach einem damals neuen Verfahren, an dem aller-
dings noch vielerlei Mängel hafteten, vom Papier auf
Stein abgezogen und so vervielfältigt wurden. Jn diesem
Werke konnte man erst Geigers künstlerische Bedeutung
kennen und würdigen lernen. Die Darstellungen der
verschiedensten weltgeschichtlichen Episoden zeugen von
einer wahrhaft überraschenden Erfindungsgabe und sind,
obschon mit den einfachsten Mitteln wiedergegeben, von
überzeugender Naturwahrheit und viele davon in Auf-
fassung und Gruppirung so grandios, daß sie auch als
in großen Dimensionen wiedergegebene Gemälde von
packender Wirkung sein müßten. Diesen meisterhaften
Blättern folgten nun viele andere ähnliche Schöpfungen,
welche dazu beitrugen, den Ruhm des Künstlers zu er-
höhen und zu befestigen. Hierher gehören die „Blätter
aus der Geschichte Ungarns", „Sagen der Vorzeit",
Jllustrationen zu Boz' Romanen, Randzeichnnngen, Ra-
dirungen u. s. f.

Jn den Beginn der vierziger Jahre fällt Geigers
Bekanntwerden mit Adalbert Stifter und deffen kunst-
sinnigem Verleger, Buchhändler Hekenast in Pest. Für
letzteren schuf der Künstler außer den Vignetten zu Stifters
„Studien" noch viele andere hochinteressante Werke, so
den Cyllus zu Luthers Leben und jenen zu Grillparzers
Dramen.

Mittlerweile war Geigers Ruf auch in die Kreise
des kaiserlichen Hofes gedrungen, und er erhielt vom Erz-
herzog Franz Karl und der Erzherzogin Sofie den ehren-
vvllen Auftrag, deren Söhne, Erzherzog Franz Josef
snunmehrigen Kaiser von Österreich), Ferdinand Max und
Ludwig Viktor im Zeichnen zu unterrichten.

Auch wurden ihm von seiten der kaiserlichen Fa-
milie zahlreiche Aufträge zu teil, die hauptsächlich in
Ausführung von Zeichnungen und Aguarellen bestanden.
Es sind davon zu nennen: Die Schlacht bei Lützen, der
Kampf am Berge Äsel, Einzug des Erzherzogs Leopold
in Brüssel und Sturm französischer Grenadiere im
Engpasse von Malborghetto. Auch fllr das vom Kaiser
dem Papste Pius IX. gewidmete Missale schuf Geiger
viele vortreffliche Blätter. Jm Jahre 1850 begleitete
Geiger den Erzherzog Ferdinand Max auf einer Reise
nach dem Orient. Die von dort mitgebrachten Studien
verwertete er vornehmlich in drei großen, im Auftrage
des E. H. Max gemalten Bildern, deren Gegenstände
ein „Sklavenmarkt.zu Smyrna", ein „Festmahl bei einem
Pascha" und „Eine Fähre" sind, und die gegenwärtig
einen Schmuck des Schlosses Miramar bilden. Die
meisten dieser Werke sind dem großen Publikum mehr
 
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