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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0166

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Nekrologe.

328

327

abgesehen von der Kunst unserer Väter und Großväter,
welche kaum mehr als Mitleid erfährt, die kunstge-
werbliche und kunstgeschichtliche Vergangenheit so ziem-
lich aller Völker und Zeiten zu schätzen weiß und mit
der gleichen Liebe oder Toleranz verfolgt. Privatsamm-
lungen und öffentliche Museen haben gleichmäßig bei-
gesteuert; wir finden Hellenisches und Ägyptisches, Werke
der altertumlichen und der entwickelten griechischen
Kunst, Antiken aus London, Paris und Neapel, Wohl-
bekanntes und entschiedene Novitäten; Marmor, Bronze,
Holz und Terrakotta ist vertreten, die Kleinbildnerei
und die Monumentalkunst in Statuen und Reliefs.
Man sieht, die Auswahl war auf vielfältigsten gegen-
ständlichen Reiz bedacht, und der nicht bloß in seiner
Heimat geschätzte Herausgeber wie sein Mitarbeiter,
Herr G. Maspero vom Colldge de France, der die
vervffentlichten ägyptischen Monumente erläutert, haben
in einem leichten gefälligen Texte, der zugleich wissen-
schaftlichen Anfvrderungen zu genügen bestrebt ist, alles
aufgeboten, um dem Genießenden auch über die Dornen
archäologischer Jnterpretation hinwegzuhelsen.

Tafel I reproducirt die im Louvre befindliche
Metope, Herakles mit dem Stier, von dem Zeustempel
in Olympia, Tafel II die beiden von Visconti „De-
meter und Kora" genannten Figuren vom Ostgiebel
des Parthenon, Tafel III ein von Carapanos in Kon-
stantinopel erworbenes Relief, das der Verfasser in den
Anfang des fünften Jahrhunderts setzt, einen Bogen
schießenden Herakles darstellend. — Tafel IV und V
geben zum erstenmale ein treues höchst willkommenes
Bild der altgriechischen Marmorreliefs, welche Miller
aus Thasos in den Louvre gebracht hat, drei zusammen-
gehörige Platten, welche die Verkleidung eines (in
spätchristlicher Zeit als Grabmal benutzten), wie es
scheint grottenartigen Nymphaion bildeten: die Jrregu-
laritäten der Plinthe, auf der die Figuren stehen, könntcn
sich so erklären, daß die beiden kleineren Platten (auf
Tafel V) im rechten Winkel nach vbrn an die Haupt-
platte anstießen. — Die auf Tafel VI und VII abge-
bildeten beiden Bronzefiguren aus Herkulaneum, zu den
sogenannten „Tänzerinnen" gehvrend, hält der Ver-
fasser für Originale der peloponnesischen Kunst aus dem
Anfange des vierten oder Endedes fünften Jahrhunderts.
— Bei der vortrefflichen altgriechischen Bronzestatuette
der Sammlung Oppermann auf Tafel VIII, Herakles
mit Bogen und Keule in gewaltsamer Angrifsstellung
nach dem Typus der MUnzen von Tyros, und bei
Tafel IX—XIII mit griechischen Thvnreliefs und
tanagräischen Thonstatuetten machen sich hin und wieder
die Mängel des photographischen Verfahrens fühlbar.
Unter den Tcrrakotteu hat das Relief der Sammlung
Rnyet auf Tafel X besonderes Jnteresse, die Darstel-
lung emes Leichenzuges, ein gegenständlich seltenes

Stück, in verschiedenen Einzelheiten lehrreich sür die
Kenntnis der griechischen Bestattungssitte. — Taf. XIV
bildet ein Prachtexemplar ägyptifcher Porträtskulptur
aus dem Louvre, den aus Kalkstein gearbeiteten Kops
eines ägyptischen Schreibers der 4. oder 5. Dynastie
nach der Bestimmung von Longpörier und Maspero,
Tafel XV drei im Louvre befindliche ägyptische Holz-
^ statuetten aus Theben, welche der 18. und 19. Dynastie
zugeschrieben werden.

B.

Nekrologe.

Jules Jacquemart 1°. Am 26. September v. I. erlag
j zu Nizza, erst 43 Jahre alt, Jules Jacquemart, einer
> der tüchtigsten französtschen Kupferstecher und Radirer,
einem langwierigen Lungenleiden. Er wurde am
i 3. September 1837, als Sohn des bekannten Kunst-
I gelehrten und Schriftstellers. Albert Jacquemart, in
Paris geboren. Vom Vater für den Kaufmannsstand
bestimmt, wurde er erst spät der Kunst zugefllhrt.
i Gleichwohl erhielt er bereits 1864 für zwei Gouache-
i malereien, Tierstücke zu Dekorativzwecken, die er im
Salon aüsstellte, eine Medaille. Der glänzende
Erfolg seiner Radirungen für das von Albert Jacque-
mart 1865 veröffentlichte Prachtwerk: LliLtoirs ur-
tistiguo, iuäurctrislls st ooMiuoroiuIs äo lu poroo-
luills veranlaßte ihn, sich ganz der Radirkunst zu
widmen. Die großen Tafeln für Barbet de Jouys'
reich ausgestattele Arbeit I-ss Asiumss st fo^uux äs
1u oourolllls brachten Jacquemarts geniale Virtuo-
sität in der Wiedergabe der aus dem verschiedensten
Materiale zusammengesetzten Meisterwerke des alten
Kunstgewerbes noch besser zur Geltung. Er besaß das
Geheimnis, alle Nüancen der Edelmetalle und Edel-
steine, des Emails, Porzellans u. s. w. so treffend in
Schwarz und Weiß wiederzugeben, daß kein Stoff den
ihm eigenen Charakter einbüßte. Eine Probe aus
Barbet de Jouys' Werk wurde den Lesern dieses Blattes
seinerzeit vorgeführt. Für die Lisioirs äs 1u didlio-
plülis lieferte er hundert wohlgelungene Blätter und
führte daneben mit rastlosem Eifer eine bedeutende An-
zahl von vortresilichen Stichen sür die Xuuulss ur-
oüsoloZIcjuss und die duLstts äss Lsuux-Xrts
aus, welche überwiegend Prunkstücke aus Pariser Pri-
vatsammlungen zum erstenmale vor die Offentlich-
keit brachten. Auch dipE Originale seiner höchst selten
gewordenen Stiche nach Ölgemälven alter und moderner
Meister: der den Lesern wohl bekannte „Soldat
und das lachende Mädchen" nach van der Meer, Ma-
rinen nach van Goyen und Porträts nach Franz Hals,
Rembrandt, Greuze, Fragonard und Reynolds, bestnden
sich fast alle in Pariser Privatgalerien; bemerkenswert
darunter sind namentlich „Der Leser" und „Die Kaiserin
zu Nancy", beide nach Meiffonier. Unter seinen eigenen
Kompositionen nach der Natur zeichnen sich mehrerc
im Äuftrage der Looists äss ucjuutortistss aus-
geführte Blätter aus. Der Salon von 1866 und dic
Pariser Weltausstellung von 1867 brachten Jacqucmart
neue Auszeichnungen, 1869 wurde er Ritter der Ehrsn-
legion. Jm Jahre 1872 nnternahm er eine Serie
 
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