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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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585

Korrespondenz aus New-Dork.

586

Paar Rndirnngen zu Hülfe nehmen mußte, da der
Katalog nicht weniger als 752 Nummern auf-
weist. Hätte der Fortschritt in der Kunst mit deni
Anwachscn der eingesandtcn Werte gleichen Schritt ge-
halten, so gäbe es jetzt freilich glänzende Erfolge zu
berichtcn; aber so gut auch der Anlauf war, alles
erreichtc man doch noch nicht. Zwar liegen die noch
gar nicht sv lang verflossenen Zeiten wvhl fiir immer
hinter uns, wo man anßer einigen guten Landschaften
manchmal nur eiu paar Bilder fand, die sich mit
Jnteresse betrachten ließen, nnd wv die Ehrenplätze
nicht selten schrccklichcn Bionstrositäten eingeräumt
warcn, dercn einzige Berechtigung in dem Umstande
lag, daß sie von Mitgliedern der Akadcmie angefertigt
waren. Scit dem Aufschwunge, welcher in diesen Blättern
Iviederholt anerkannt worden, hat man unbedingt einen
hvheren Staudpuukt erreicht; man legt eincn strcngcrcn
Maßstab au. Aber nachdem dic fvrtschreitcnde Entwickc-
lung sich mehrere Jahre auf erfrculiche Weise kund-
gegeben hat, scheint in der letzten Zeit ein gewisscr
Stillstand eingctretcn zu sein, zumal insoweit sich die
Kunstcntwickelung in den akademischen Ausstellungen
reflektirt. Es ist eben eine Durchschnittsausstellung,
ganz respcktabcl, aber, die Landschafteu auSgcnvmmcu,
uuter dcuen sich schvnc, ausgezeichnctc Werke befindcn,
herrscht die Mittelmäßigkeit vor. Hunderte Vvn Genre-
bildcrn köuntc man aufzählen, an dcncn gerade kein
schreiender Fehler zu rügen ist, die alle ihre guten Seiten
haben und doch kcine Spmpathie, keinen Funken von
Jutcressc erweckeu könneu. Da sind Vvrzüglich Kinder,
große und kleine, vornehme und Straßenjungen iu
den verschiedenartigen Beschäftigungen und Spielen,
welche die Tage des Durchschnittskindes ausfüllen, zärt-
liche Mütter, weichliche, sentimentale, schnippische,
schmollende, naive, gezierte, kokette nnd ernsthafte junge
Mädchen in möglichen und unmvglichen Positionen,
Vorgänge aus dcm häuslichen, dem städtischen oder
dcm Landleben, znm Teil rccht verdienstlich ausgeführt,
verunglückte Persönlichkeiten aus Romanen und Ge-
dichtcn, willkürlich „Julia" oder „Miranda" genannt,
welche den gemeinsamen Grundzug der Allgemeinheit,
der Jnhaltlvsigkeit und des Mangels an Jdee uud
Humor in sich tragen. Zwei ziemlich große, etwas
ansprnchsvolle Bilder, „Richclicu" von Tojetti, welches
zu 4000 Dollars angesetzt ist, und „David, welcher
die Herden seines Vatcrs hütet", dcr abcr cben so gut
jemand ganz anderes sein könnte, von Andersvn,
gehören in die Kategorie der rein konventionellen Werke,
welche namentlich aus den Pariser Ateliers alljährlich
hundertweise hervorgehen, blvße Schulbilder, in denen
die Modelle von Profession ohne einen Funken von
Charakter und Originalität wiedergegeben sind. Mehr
Leben und Ausdruck zeigt sich in einer wohlausgeführten

Scenc aus dem Ausstande in der Vendse im Jahre
1793, vonHovenden, obgleich auch er den Gegenstand
noch nicht hinreichend zu bewältigen verstanden hat,
um den Beschancr zu ergreifcn und in dic Situativu
zu versetzen. Als vortrefflich, voll Leben und Jndi-
vidualität ist ein klcines Porträt — angenschcinlich
das cines Künstlers — Vvn demsclben Maler zn riihmen.
Auch ein alter Ncger, der in dem Duste des
Opossums schwclgt, das vvr ihm im Ofen brät, ist
eine lebendige und crgötzliche Gestalt, Edgar M.
Ward hvlt seiuc Vorwiirfe ebcnfalls aus dem Südeu
und malt Seeneu aus dcm Plantagcnlebeu, ein Ge-
biet, auf dem der Künstlcr cine reiche Ausbeute findeu
könnte; allein Ward hat so wcnig wic die Mchrzahl
der Maler, welche sich schon vor ihm daraus vcrsucht
haben, die Einsicht gehabt, den schönen, höheren Typus
der schwarzen Rage zu crfasscn und in Momenten und
Situativuen darzustellen, welche bci dem Beschauer
mehr als höchstens ein flllchtiges Lachen erregeu köunen,
anstatt eine tiefere Sympathie hervorzurufen, wie es
nubcstritteu die Statuctten von Jvhn Nvgers tl>uu,
obgleich auch dieser realistisch nur dcn gewöhnlichen
Typus, jedoch iu gefälliger Fvrm giebt, Die Meisten
tischen uns im Grunde immer wieder nur die Kari-
katur des Negers, den lächerlichen Neger auf, wie er
in den schwarz angemalten Miustrcls erscheiut, Nehmen
die Maler sich nicht die Zeit, edlere Modelle aufzu-
suchen, odcr sind sie vvm amerikanischen Farben- nnd
Nasscnvorurtcil angesteckt, das den Ncgcr so abschrcckcnd
und affcnartig als möglich sehcn will, um die nichts-
wiirdige Behandlung zu rechtsertigen, die man ihm im
Süden noch immer widersahren läßt? Ganz abgesehen
von dicser Tendenz sind Wards Neger zum Überfluß
hart in Ton uud Farbe, mit grellen Lichtern und
scharsen Schatten, I, G, Brvwn, dcr Darstcllcr
des New-Avrkcr Straßcujungcn, hat außer mchrercn
Excmplarcn dieser Gattung, die aber nicht besvnders
bemerkenswert sind, eine alte Frau dargestellt, welche
die gepreßten Blumen — Andenken aus ihrer Jugend —
betrachtet, die zwischen die Blätter eines Buches ein-
gelegt waren. Das Bild trägt den Namen „Imnx,
ionF UAv", und ist zwar technisch schwach, aber lcbens-
und stimmungsvoll. Einer der typischen Zeitungs-
jungen, der sein Frühstück mit den Sperlingen teilt,
von Frederick Dielmann, giebt ein bescheidenes, hei-
teres Stück Wirklichkeit in tüchtiger Ausführung, Auch
Edwarv Morau hat eiu ansprechendes Bild cincr
Fischcrfamilie ausgestellt, welche am Meeresstrande nach
dcn heimkehrendeu Fischcrböten späht. William und
James Beard stclleu alljährlich ihrc Tierbilder aus,
Obgleich keineswegs glticklich in der Ausführung,
verstehen sie sich auf ihren Gegenstand und könnten
weit besseres leistcn, wenn sie die Tiere nur als Tiere
 
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