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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Nekrologe.

672

cinem gewissen Hans Mader, in die Lehre gegeben
wurde. Hier fördertc ihn durch Rat und That der
bekannte Professor der Ästhetik Al. Flir. Bald mnßte
er wieder in die Miihle zurückkehren; er wurde Ge-
selle und wanderte als solcher dem Handwerksbrauch
cntsprechend über Graz nach Ungarn, dann nber Wien
und Salzburg in die Heiniat zurück. Er hatte das
zwanzigste Jahr erreicht. Endlich siegte der innere
Drang der Künstlerseele; er ging 1844 nach München
zu Kanlbach und blieb endlich bei Schraudolf. Nur
vor dcn Meistcrwerken der Glyptothek schwankte er über
seinen Bernf, er glanbte sich eine Zeitlang znm Plastiker
bestimmt, bis er sich völlig über sich selbst klar wnrde.

Äm Frühsommer 1851 betrat er die Hallen des
Kaiserdomes zn Speyer. Er sagt: „Jch kann dir die
Gefühle nicht schildern, die mein Herz durchflnteten
und überwältigten, als ich zum erstenmale diesen Teni-
pel deutscher Kunst und deutschen Geistes betrat. Da
trat ich vor in den Hnuptchor. Die Verklärung der
Mntter Gottes, ihre Krönnng als Königin aller
Engel »nd Heiligen — auf das reichste und geist-
vollste dnrchgeführt, strebtc mir entgegen. Die höchstc
Bewnndcrnng der Kunst nnd fromme Andacht er-
hoben mich, und hier kam ich znr Überzengung, daß
das Leben und die Verklärung der Gottesmutter das
Jdeal, das Höchste, das leuchtende Vorbild der ganzen
Menschheit nnd daß ihre Verherrlichung die höchste
und schönste Ausgabe christlicher Kunst sei." Damit ist
der Sinn des Mannes und seine Richtung charakte-
risirt. Schraudolf verwendete ihn in Speyer als Ge-
hilfen. Jm Somnier 1852 malte er die zwei ersten
Bilder: Die Weissagung Simeons bei der Darbringung
Jesu und den zwölfjährigen Jesus im Tempel al
fresco, 1853 die Vision Davids und Abrahams, für
welche er im Winter zuvor die Kartons gezeichnet
hatte. Nebenbei sei erwähnt, daß auch ein anderer
Tiroler im Dome zu Speyer ^ mitarbeitete, Franz
Hellweger, der sich später der Ölmalerei zuwendete
und ihm im Tode vorausging.

Nach Tirol zurückgekehrt, fand Madcr anfangs
wcnig Beachtung. Da brannte die Kirche zu Bruneck
ab; Hellweger übernahm die Ölgemälde und wußte es
zu vermitteln, daß an Mader die Fresken übertragen
wurden; er hattc hier das Werk eines trefflichen Tiroler
Meisters, des Al. Schöpf zu ersetzen. Der Himmelfahrt
Mariä, welche die Flammen verschlangen, widmete Gilni
ein schönes Gedicht. Mader malte acht Jahre, von
1858—1866; den Winter verbrachte er stets in MLnchen
mit der Anfertigung der Kartons; wir können Herrn
Albert Jele unbedingt zustimmen: daß sie das Ferdinan-
denm für seine Sammlungen erwerben sollte. Durch sie
reiht sich Mader den besten Meistern deutscher christlicher
Kunst an, wie er denn auch später durch Diplom zum Mit-
glied der Akademie der bildenden Künste ernannt wurde.
Wie er bezahlt wurde, das gehört auch in die moderne
Kunstgeschichte! Die ersten Jahre erhielt er neben
freier Wohnung je 800 Fl., mit Worten achthundert
Gulden, und dann 1200 Fl.! Er hatte aber niit diesem
Cyklus aus dem Leben Maria's seinen Ruf begründet.
Als die Gerüste weggenommen wurden, küßte ihm ein
alter Bauer die Hand und sagte: „Eine Hand, die so
himmlisches machen kann, verdient, daß sie geküßt
werde. Gott vergelt's Euch, was Jhr uns und unsern
Nachkommen hier gemacht habt". Der Sohn des

Bolkes hatte eben aus dem Volke und sür das Gemüt
des Vvlkcs geschaffen. Der Frcskencyklus von Bru-
necken erschien später photographirt, ein Blatt davon
brachte die Leipziger Jllnstrirte Zcitung in Holzschnitt.

Jn jener Zeit vereinigte er sich auch mit Albert
Neuhauser und den Architekten v. Stadl zur Grün-
dung der Glasmalereianstalt, eines Kunstinstituts, wel-
ches später zu so großer Ausdehnung, zu wahrem
Weltrufe gedieh. Es war am Herzjesusonntag 1861,
als sich die drei Männer in Sterzinz zusammenfanden.
Mader gehörte dem Jnstitnte bis zu seinem Tode als
Gesellschafter an und lieferte wenigstens 150—160
Kartons zu Gemälden. Jn der letzten Zeit beteiligte er
sich vorzugsweise als künstlerischer Korrektor an der
Leitnng der Anstalt; er wollte zur Glasmalerei übcr-
gehen, wie er denn auch im Sinne hatte, ein Ölge-
mälde größeren Stiles zu versuchen; es sollte aus der
Tiroler Geschichte die Zusammenkunft Friedrichs mit
der leeren Tasche und des Herzogs Ernst des Eiserncn
auf Schloß Kropfsberg darstellen.

Jn den Jahrcn 1867—1873 malte er am Ge-
wölbe der Kirche zu Steinach, welches ein Brand zer-
stört hatte, seinen großen Cyklus: das Leben Jesu,
welcher mit der Ausgießung des heiligen Geistes
abschließt. Darauf folgten die Fresken in der Kirche
zu Kematcn, aus dem Leben der heiligen Magdalena;
das Martyrium des heiligen Viktor und die vier
Evangelisten. Auch der Friedhof zu Jnnsbruck ver-
dankt ihm drei Fresken; als Kvmpositionen nicht her-
vorragend, zeigen sie die meisterhafte Technik Maders.
Jm linken Seitenschiffe der Jnnsbrucker Hofkirche malte
er als Altarblatt den Tod des heiligen Josef al fresco.
Der letzte Auftrag und zugleich der großartigstc,
welchen er in sechs Jahren zu bewältigen Hoffte, rief
ihn in die Pfarrkirche zu Jschl; er hat dies Werk nahezu
vollendet. ^ Die Farbenskizzen sind fast fertige Stasfelei-
bilder in Öl, er verfertigte sie, „um", wie er sagte, „das
dürftige Fresco so satt und tief wie nur möglich zu
stinimen nnd über dessen Wirkung im voraus klar zu
sein". Am 10. Januar traf ihn der verhängnisvolle
Schlagsluß. Er erholte sich wieder und zeichnete, als
er den Stift wieder fassen konnte, sür die Tiroler
Glasmalereianstalt die sieben Freuden Maria's. Sie
waren für die drei Chorfenster der Franziskanerkirche
in Graz bestinimt. Jm Mai arbeitete er angestrengt
an der Himmelfahrt und Krönung Mariä. Es war
sein letztes Werk!

Damit schloß ein schönes, edles Leben. An seinem
Grabe trauert eine Witwe mit sieben Kindern. Man
kann seine Malweise als lyrisch-episch bezeichnen; sie
geht ihrer Gattung nach nicht auf mächtige dramatische
Wirkungen aus. Seine Kompositionen sind wohl er-
wogen, der Ausdruck der fein durchgeführten Gestalten
ist rein und innig. Mader ist ein Urenkel Fiesole's, dessen
Hauptwerke er freilich erst, nachdem sein Stil schon
ausgereift war, zu Florenz kennen lernte, das er zum
erstenmal vor etlichen Jahren besuchte. Er bildet mit
Schraudolf und Overbeck eine Gruppe; über die
anderen Nazarener erhebt ihn die vollendete Beherr-
schung der technischen Mittel. Wer wird ihn ersetzen?
Auch in Tirol sterben die christlichen Maler aus!
 
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