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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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39'

Personalien — Denkmalpflege — Denkmäler

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Aus Paris kommt die Nachricht von dem Tode von
Moritz Kann, einem der größten Kunstsammler unserer Zeit,
dem älteren Bruder des im vorigen Jahre verstorbenen
Rudolf Kann. Wie dieser, der über seine herrliche Samm-
lung keine Bestimmung hinterließ, so besaß auch Moritz
Kann eine ausgewählte Sammlung von kostbaren Stücken,
unter denen sich Bilder von Rembrandt, zahlreiche von
Jacob Ruisdael, Aelbert Cuyp und den übrigen hervor-
ragenden Meistern der holländischen und flämischen Schule,
vornehmlich aber kunstgewerbliche Stücke von eminentein
Wert befinden. Die »Voß. Ztg.« äußert die Befürchtung,
daß diese Sammlungen ebenso wie die Kunstschätze des
Bruders von den Erben auf den Markt gebracht und viel-
leicht als Ganzes in amerikanischen Besitz übergehen werden.

In Auvers-sur-Oise ist der Maler Eugen Murer, ein
alter Freund von Murger, der sich vornehmlich als Aqua-
rellist und Pastellist betätigt hat, gestorben.

In Ostermundingen in der Schweiz ist, 73 Jahre alt,
der Professor der Kunstgeschichte an der Universität Bern
Paul Vollmar gestorben. Er war von 1872 bis 1900 Lehrer
an der Kunstschule und seit 1890 auch Professor der Kunst-
geschichte an der Berner Universität. Gleichzeitig war er
als Maler und Zeichner tätig und hat sich um die schweize-
rische Nalionalliteratur durch eine reiche publizistische
Tätigkeit und die Gründung der Zeitschrift >Schweiz«
große Verdienste erworben. Besonders hat sich der Ver-
storbene auch um die Schaffung des schweizerischen Salons
und um die Erkämpfung der von der Regierung gewährten
Kunstkredite verdient gemacht.

In Stuttgart ist kürzlich der Bildhauer Paul Müller
im Alter von 85 Jahren gestorben. Er war ein Schüler
Schillings-Dresden und hat außer der vortrefflichen Eber-
hardsgruppe in den Stuttgarter Schloßanlagen ein Herzog-
Christoph-Denkmal auf dem Stuttgarter Schloßplatz, die
Statue Goethes in der technischen Hochschule daselbst
und zahlreiche andere bedeutende Werke geschaffen. Eben-
falls in Stuttgart ist der Oberbaurat Karl Walter, Direktor
der Kgl. Baugewerkschule, verschieden. Von seiner umfang-
reichen künstlerischen Tätigkeit legen eine große Anzahl
öffentlicher und Privatbauten der sechziger und siebziger
Jahre Zeugnis ab.

Am 5. Mai starb in Helsingör der dänische Marine-
maler A. C. Riis-Carstensen, 61 Jahre alt (seine Familie
stammt aus Hadersleben). Er hatte in seiner Jugend als
Seemann weite Fahrten gemacht, in Quebec sich im Zeich-
nen geübt, besuchte von 1864 an die Kopenhagener Aka-
demie und hatte mit seinen ersten drei Marinen, die er 1868
ausstellte, Erfolg. Doch zog es ihn immer wieder fort;
in New York, Grönland, Ägypten und auf den Antillen
hat er gemalt. Reiche Amerikaner und Engländer kauften
seine Bilder gern, in der Heimat aber wurde er verkannt
(zwar zeigten seine zuletzt aus dem dänischen Westindien
heimgebrachten Bilder eine nachlässige Behandlung der
Sujets), und das verbitterte ihm seine letzten Jahre, bg.

PERSONALIEN
Der Direktor des Großherzoglichen Museums und des
Goethe-Nationalmuseums in Weimar, Geheimer Hofrat
Dr. Carl Ruland, hat um seine Versetzung in den Ruhe-
stand gebeten und die Leitung der Geschäfte bereits seil
Anfang Mai niedergelegt. Ruland, ein geborener Frank-
furter, steht im zweiundsiebzigsten Lebensjahre, war früher
Vorstand der Privatsammlung des Prinzgemahls Albert,
in welcher Stellung er den bekannten Raffaelkatalog der
Windsor-Sammlung verfaßt hat; 1876 wurde er nach Wei-
mar als Museumsdirektor berufen, 1886 übernahm er die
Direktion des Goethe-Nationalmuseums, nachdem dieses
durch Erbschaft in Staatsbesitz übergegangen war. Der

Wunsch für ein langes otium cum dignitate begleitet den
greisen Gelehrten auf seinem weiteren Lebensweg.

Charles Holroyd, der hervorragende englische Ra-
dierer und bisherige Kurator der Tate-Gallery, ist zum
Direktor der Londoner National Gallery ernannt worden.

Als Nachfolger des verstorbenen Geh. Kommerzienrats
Thieme ist Max Klinger in den Vorstand des Leipziger
Kunstvereins gewählt worden und hat die Wahl ange-
nommen.

Rom. Die Ausstellungsjury hat dem deutschen Bild-
hauer August Kraus den Müllerpreis von 12000 Lire für
seine Bronzestatue »Bocciaspieler« zugesprochen.

DENKMALPFLEGE

Heidelberg. Die ehemalige Kirche und Kapelle der
Kaiserpfalz, die bisher als Kuhstall benutzt wurde, ist von
der Stadt angekauft worden und soll demnächst wieder
hergerichtet, als Museum einem edleren Zwecke dienen.

Gegen die Wiederherstellung der Erfurter Peters-
kirche hat sich neuerdings auch der frühere Konservator
der Provinz Sachsen, Dr. O. Döring, in einem Aufsatz der
Leipziger Bauzeitung ausgesprochen. Der Verfasser be-
schäftigt sich mit den Fragen, welchen praktischen Nutzen,
welchen künstlerischen wissenschaftlichen Wert der Bau,
für den man Hunderttausende ausgeben will, zu bieten
vermag. Er bezweifelt die Möglichkeit, die Peterskirche
dem alten Zustand wahrheitsgemäß nachzubilden und tritt
nur für eine sorgsame Erhaltung des Baues in seinem
jetzigen Zustande ein.

Leipzig. Die Sächsische Regierung hat nunmehr die
Mittel für die Restaurierung der aus dem Abbruch des
Römischen Hauses geretteten berühmten Prellerschen Odys-
see-Fresken und für deren Aufstellung in der großen Halle
der Leipziger Universitätsbibliothek bewilligt. Professor
Donadini-Dresden, der die Fresken meisterhaft von den
Wänden gelöst hat, wird auch ihre Neuaufstellung über-
wachen.

Die Denkmalpflege hat sich jüngst mit dem Zustand
der kostbaren Fresken in der Basilika des heiligen Franz
von Assisi, die durch die Unbilden der Witterung sehr
gelitten haben, beschäftigt. Simone Martinis Schilderungen
sind durch Regenwasser, das von den Wänden herabsickert,
stark beschädigt. Neuerdings sind auch die Fresken der
Giotto-Schüler in der Unterkirche bedroht, so daß zu
befürchten steht, daß diese Wandgemälde ebenfalls durch
Wassermassen dem Untergang geweiht sind. Man hofft
sehr auf ein tatkräftiges Eingreifen der Regierung zum
Schutz der bedrohten Kunstschätze.

DENKMÄLER

Für das Virchow-Denkmal in Berlin wählte das
Preisgericht den Entwurf von Fritz Klinisch. Darob ist in
der Berliner Presse ein mit ziemlicher Heftigkeit geführter
Streit entbrannt. Die Polemik hat es zuwege gebracht,
daß die Ausführung des Entwurfs von Klimsch sehr in
Frage gestellt ist.

f.- Die Erstellung eines Denkmals in Genf für Phili-
bert Berthelier, den Führer in der Befreiung der Stadt
von der savoyischen Herrschaft, ist gesichert. Ein Verein
hat zu diesem Zweck 10000 Frs. gesammelt, 10000 Frs.
steuert die schweizerische Kunstkommission bei. Der Bild-
hauer Regazzoni soll das Denkmal ausführen, das man im
Frühjahr 1907 enthüllen zu können hofft.

Am 6. Mai wurde dem dänischen, auch deutsch schrei-
benden Dichter Jens Baggesen (f 1826; sein Grab auf
dem alten Friedhof in Kiel) in seiner Geburtsstadt, dem
kleinen Korsör auf Seeland, ein Denkmal enthüllt. Die
Statue hat der Bildhauer Julius Schultz entworfen. Sie
 
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