Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1901)
DOI Artikel:
Göhler, Georg: Musikalische Erziehung, [4]
DOI Artikel:
Schultze-Naumburg, Paul: Kulturarbeiten, [8]: Landstraßen und Wege
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0029

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Volkslied und Choral. Jn den Mittelklassen wird sich in der Haupt-
sache die theoretische Fundierung im Anschlusse an das Gelernte zu voll-
ziehen haben, in den Oberklassen endlich soll die Einführung in das
Verstäudnis der Kunst unbedingt die Hauptrolle spielen und im rein Ge-
sanglichen dem Schüler vor allen Dingen, was ja erst nach der Mu-
tation sich konseguent und mit Nutzen durchführen läßt, ein Begriff von
den Funktiouen seines Gesangsorganes gegeben werden. Diese bisher gänz-
lich vernachlässigtc llnteriveisung halte ich sür außerordentlich ivichtig
selbst für die sogenannten stimmlosen Schüler, da jedenfalls cin wenig
mehr Kenntnis des eigencn Leibes keincm Gymnasiasten schaden kann
und wohl fast alle Schüler Lunge und Kehlkopf wenn auch nicht zum
Singen, so doch zum Reden brauchen. Und gut Sprechen, rcin inecha-
nisch genommen, gehvrte eigentlich auch mit in die künstlerische Er-
zichung des Menschen.

Man sieht, ich habe sür das eigentliche Chorsingen auf dem Ggm-
nasium wenig Sympathie, am wenigsten für Männerchorsingen. Aber
das Ggmnasium braucht nun einmal für seine Festlichkeiten einen Chor.
Gs wird einem kundigen Lehrer nicht schwer fallen, einen solchen sich
einzurichten, indem er aus allcn Klassen die Begabtesten auswählt.
Diese werden auch gern — er wähle nur ja nicht zu vicle — zu einer
Extrachorsingstunde kommen, nur muß dicse in Zukunft Nebensache sein und
nicht wie bisher sein ganzes Jnteresse in Anspruch nehmen. Das Wich-
tigste ist der bildende und erziehende eigentliche Unterricht, dessen Wir-
kungen zwar keine Oberschulkommission bewundert, dic aber jeder der
Schüler später im Leben spürt. Und das sollte denn doch die Haupt-
sache sein! Georg Göhler.

Rullurarbeilen. 8.

Landstraßen und lvege.

Ich führe meine Hörer weiter, über Brücken und Straßen, über
Dörfer und Städte — und überall zeigen die Bauten nns dasselbe Bild.
Ueberall trcffen wir auf Reste alter Kultur, und überall ist diese alte
Kultur selbstbewußt, ehrlich und vornehm. Und überall treffen wir eine
ncue Kultur, wenn man nicht sagen will: Unkultur, die unvornehm,
verlogen und charakterlos ist.

Und diese Erscheinungen sind uns Jahre-, Jahrzehntelang an den
Augen vorübergeglitten und habcn nicht zu dcnken gegeben? Kommt dcnn
die Erwügung nicht geradezu zum Greifen aufdringlich zu uns, die Er-
wägung: daß das nicht so weiter gehen darf, daß, wenn keine Hilfe
kommt, in ein paar Jahrzehnten aus Deutschland für Auge, Phantasie
und Lebensfreude eine Stätte des Grauens und der Oede wird?

Auf allen und auf allen Gebieten ist es ja dasselbe, überall wo
heute der Mensch in die Natur eingreift, thut er's plump und roh, wo
frühere Zeiten es mit überlegenem Sinn und seinem Verständnis für
Bedingung, Mittel, Zweck und für Ausdruck thaten. —

Heute möchte ich einmal von Landstraßen und Weganlagen erzühlen.

Die Abbildung 39 ist die Reproduktion eines Bildes von mir, das
ich hier als Beleg mit ansühren muß. Die Leser entsinnen sich vielleicht
dessen, was ich in einem der vorigen Hefte von meinem Schaffen als

I. Aprilheft >yot
 
Annotationen