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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 18 (2. Juniheft 1901)
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M.: Björnsons "Laboremus"
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Pudor, Heinrich: Die Kunst des Quartettspiels
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0243

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im dritten Akte Lydia ein Loblied auf die „große Leidenschaft" an-
stimmt, antwortet Langfred, der innerlich schon gerettet ist: „Das
habe ich auch wo gelesen." Björnson will eben im Namen der Moral
Ansichten zu Leibe, die er in der norwegischen Literatur der letzten Jahre
gcstaltet gesehen hat. Es scheint ihm, daß von der Liebesleidenschaft bei
Jbsen und bei Gunnar Heiberg („Der Balkon") zuviel Aufhebens gemacht
worden sei, und in diesem Sinne ist denn von einem alten Wider-
sacher der sogenannten Bohämeliteratur, von Christian Collin, sein Werk
auch sofort verstanden worden. Wenn von der Liebesleidcnschaft als
von einer von aller Sünde lösenden Kraft gesungen worden ist, so er-
hebt er als Hüter der Moral dagegen Einspruch im Namen des ge-
sunden bürgerlichen Denkens und Empfindens. Bis zu einem gewissen
Grade kann man die Tendcnz von „Laboremus" vergleichen mit der
von „Ueber unsre Kraft". Wie er dort den leidenschaftlichen, inbrünstigen
Glauben, der das Wunder auf die Erde herabziehn möchte, und den
Glauben an eine Erlösung durch politisches Martyrium als unheil-
bringend hinstellt, weil die Grenzen menschlicher Kraft überschreitend,
und ein Programm bescheidener Reformarbeit befürwortet, so verurteilt
er hier die Liebesleidenschaft, die seste, von der Moral gezogene Grenzen
überschreiten möchte, und findet auch hier das Heilmittel in gesunder
Vethätigung innerhalb gegebener Grenzcn. Hier wie dort eine Mahnung,
sich zu bescheiden, und ein Verkennen der Schönheit machtvoller Lciden-
schast, ohne deren Gestaltung große Kunst niemals auskommcn und ge-
deihen wird. M.

vie kiunst äes Quarteltspiels.

Die höchsten Geuüsse in der musikalischen Kunst gewährt das
Ouartettspiel. Es ist die intimste Kunst und dic eigentliche Haus- und
Heimkunst. Wenn abcr irgendwo, so gilt hier das allbekannte Wort
„das Schöne ist schwer", und daher erklärt es sich vielleicht, daß das
Quartcttspiel in unscrcr den mühelosen Genuß suchenden Zeit lange nicht
diejenigc Verbreitung gefunden hat, die es verdient.

Die Schwicrigkeit des Streichquartett-Spieles liegt vor allem darin.
daß es von vier Personen auf vier Jnstrumenten ausgeübt wird, aber in
bestimmtem Sinne doch sv klingen soll, als ob es von ein er Person auf
einem Jnstrumente vollzogen würde. Hierin licgt das und O des
künstlerischen Streichquartett-Spieles. Das harmonische Zusammenwirken
ist wichtig überall da in der Musik, wo mehrere Menschen zu einem
einheitlichen Ganzen sich verbinden sollen, also im Orchcster, im Chor-
gesang, in der Kammcrmusik, im mehrstimmigen Gesange. Besonders
aber im Streichquartett ist das Ensemble, d. h. also das Zusammen-
spiel, die wichtigste Frage. Denn das Wesen des Streichquartetts liegt
darin, daß es ein vollkommcnes Ensemble, gleichsam eincn Einklang
ergibt. Nach dieser Richtung sind dic Jnstrumente zusammcngestellt:
die Bratsche hat zwischen dem Diskant der Violine und dem Baßton
des Violincellos zu vermitteln. Und das glciche Gesetz beherrscht die
Komposition und dic Harmonien.

Schon was die Harmonien bctrisst, ist das Zusämmenspicl, wenn
es einen Einklang ergebcn soll, äußerst schwierig und nur durch eine

2. Iuniheft iyoi
 
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