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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Arbeiterkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0279

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Arberterkunst.

Heinrich Pudor sendet uns den folgenden Aufsatz. Es ist gut, daß
iu der Oeffenllichkeit laut und vernehmlich gesagt wird, was er darin
sagt, denn iu privaten Gesprächen läßt sich's schon oft genug hörcn, auf
private Gespräche kann man aber nicht öffentlich antworten. Hören wir
also zunächst Heinrich Pudor und sagen wir dann, wo wir ihm bei-
stimmen und wo nicht. Pudor also schreibt uns:

„Jn Amerika hat der bekannte Orchesterdirigent Damrosch vor kurzem
ein Jnstitut für den Musikunterricht der arbeitenden Klassen begründet
und ist im Begriff, mit Hülfe des Millionärs Andrew Carnegie ein
Gebäude zu errichtcn mit Studiensälen, einer Bibliothek, einem Museum
uud einem großen Konzcrtsaal. Jn Kopenhagen hat der Komponist Ed.
Gricg vergangencu Dezembcr in cinem Versammlungsgebäude für Arbeiter
ein Konzert vor einem nur aus Arbeitern und kleiuen Handwcrkern be-
stehenden Publikum gegeben und am Schluß in einer kurzen Nede gesagt:
»Dieser Abend ist mir die Verwirklichung meiner Jugendträume. Jch
wüusche, daß Arbeiterkonzerte wie diese, die die Aufgabe der Kunst zu
erfülleu suchen, gedeihcn und Nachahmung in allen Ländern der Welt
sinden mögen.« Jn Berlin haben seit Ostern s895, wie Prof. Stampf
iu den »Preußischen Jahrbüchern« berichtet, vierundzwanzig Aufführungen
klassischer Musikwerke vor insgesamt 56000 Zuhörern stattgefunden, die
sast ausschließlich dem Arbeiterstande angehörten. Jn derselben Stadt
werden in den Museen, die kein Sperrgeld, auch nicht als Garderobe-
gcbühr, erheben, volkstümliche Führer zum Preis von s0 Pfennigcn ver-
kauft. Jacobowski hat sogar den Versuch gemacht, Goethe durch Aus-
gabe von sO Pfennig-Bänden dem Volke näher zu bringen. Bei wcitem
am bemcrkcnswertesten sind die Bcstrebnngen des Vereins »Freie Volks-
bühne« in Berlin, auf die wir weiter untcn noch des Näheren zu sprechen
kommen.

„Alle diese Versuche, welche für unsere vom demokratischen Jdeale
sich nährende Zeit charakteristisch sind, sind sehr gut gemeint und gut

Kunstwart z. Iuliheft zyot
 
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