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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 16 (2. Maiheft 1901)
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Söhle, Karl: Mozarts grosse Messe in C-Moll
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Schultze-Naumburg, Paul: Kulturarbeiten, [10]: Brunnen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0164

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et sepultus sst". Aus dem fünfstimmigen „Sanktus" sei endlich noch
die pompöse, großzügige „Os-mnM'-Doppelfuge hervorgehoben. Das
Zurückgreifen auf die Musik des „Kyrie" im „^Znus ckei" gibt der
ganzen Komposition eine eigentümliche ringartige Geschlossenheit und den
weihevollsten Ausklang. Rarl Söhle.

Rullurarbeilen. 10.

Brunnen-

Das Prinzipielle, mit dem ich bisher meine einzelnen Schilderungen
einleitete, wiederholt sich bei allen andern Gebieten, die ich jetzt streifen
möchte, in nahezu gleicher Weise. Es wird deshalb genügen, in Zu-
kunft immer nur etwas über den Sonderfall zu sagen.

Jn Abb. 58 und 59 zeige ich zwei Brunnenanlagen, von denen
die eine außerordentlich schön, die andere hochgradig häßlich ist.

Bisher sagten von solchen Anlagen die Leute: die lassen sich
überhaupt nicht vergleichen. Denn die eine ist eben malerisch schön
und die andere ist architektonisch. Jene ist durch Zufall schön ge-
worden, und diese hat man elegant gestalten wollen.

Jch behaupte, daß diese Ausfassung ein großer Jrrtum ist. Der
Brunnen 58 ist keineswegs durch Zufall schön geworden, sondern von
Grund an mit Geschmack richtig und schön angelegt. Es gibt bei
solchen Dingen nämlich gar keinen „Zufall", — wenn über die Anlage 5st
noch so und soviel Jahrhunderte gehen, so wird sie davon ganz gewiß
nicht schöner. Was soll das überhaupt heißen, eine Brunnenanlage mit
gemauerter Brunnenftube, mit Röhrenleitung und Treppenanlage sei
durch Zufall entstanden? Es ist doch kein Naturprodukt, sondern die
Brunnenmacher und Maurer müssen doch eines Tages gekommen sein
und müssen nach der einheitlichen Jdee eines Mannes, der eben die
Gestaltung dieses Brunnens ersann, planmäßig das Werk begonnen
haben. Und was uns heute noch an dieser Anlage entzückt, das ist
nicht das Ruinöse oder das grün Umrankte, sondern eben die Jdee des
Urhebers, der den Zweck des Brunnens in vollkommener Weise zum
Ausdruck zu bringen wußte. Alles ist sachlich und praktisch bis zum
äußersten. Auf bequemer Treppe erreicht man die Brunnenstube mit
mit dem Schöpfbecken. Rechts davon spendet eine Röhre Wasser zum
Tränken der Pferde und zum Unterstellen der Eimer. Der kleine
Weg, der den Berg hinausführte, ist nicht unterbrochen, sondern die
breite Treppe findet ihre Fortsetzung in der zweiten, kleineren, die nach
links oben weiter sührt. Die große Futtermauer schützt die Straße
vor dem Abbröckeln des Bergterrains. Die Brunnenstube ist unmittel-
bar in den Felsen gehauen und nur der größeren Haltbarkeit wegen
schlicht ummaueri. Keine „Verzierung", als eine schlichte Tafel mit
naiver Jnschrift, „schmückt" den Brunnen, abcr dabei ist das Ganze von
einer Anmut und einer Poesie, als ob es von Böcklin erfunden wäre.
Ja, warum in aller Welt, so sragt man nun, macht man denn
heute nicht mehr so etwas? Jch glaube. wenn die Leute ganz auf-
richtig würen, würden sie verschämt sagen: „ach, das schickt sich doch
nicht mehr für unsl Wir Md doch ein großes und reiches Volk ge-
worden. Und wcnn wir eincn Brunnen machen, dann muß er drch
Kunstwart
 
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