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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 15 (1. Maiheft)
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Sprechsaal: "an die kunstübenden Frauen"
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0120

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unter ihren kunstgeübten Händen entstanden Szenen aus Egmont, Faust,
Torquato Tasso .... Die großen Barockvasen wurden im Herbst . . . .
mit hunderten vollerblühten Theerosen gefüllt und behängt, die die junge
Frau aus rosa Cretonne und Foulard .... gefertigt hatte. Die erste
Gesellschaft, die sie im Dezember gab, zeigte ihren Bekannten einen Salon,
wie er ideal schöner nicht gedacht werden konnte. Waldbouquet und
Rosenduft (Essenzen, die in jeder Parfümerie erhältlich sind) erfüllten
alle Räume; man glaubte demzufolge, daß die ... Rosen »echte Natur-
kinder« seien, .... oberhalb der mit Stickereien geschmückten Ruhebank
sah man zwei Kreidezeichnungen, die Eltern Ellens in Lebensgröße dar-
stellend, ihre eigene Arbeit, .... die Krone über dem Speisetisch erhielt
eine plissierte Hülle von blauem Seiden-Crepe, .... wie uns Ellen mit-
teilte, ohne alle Kosten aus dem vorjährigen Ballkleide hergestellt. . . .
Jm Schlafzimmer hatte unser Frauchen Gelegenheit, ihr Malertalent
wiederum zur Geltung zu bringen. Während der gute Mann auf einer
Geschäftsreise begriffen war, . . . wurde mit Pinsel und Palette fleißig
gearbeitet, eine große Wand mit Blumenkörbchen, eine kleinere mit Streu-
blümchen bemalt, in der Mitte Medaillons, zu beiden Seiten der Bett-
vorhänge Bäumchen mit Goldregenblüten behangen, über dem Wasch-
tisch eine vollerblühte Viktoria-Regia, längs der durch die Schränke frei
gelassenen Wandflächen blühende Schlingpflanzen, die sich an Gittern
emporzuwinden schienen . . . und das ehedem unfreundliche . .. Zimmer
in ein kleines Paradies umgewandelt. Auch das weiße Waschservice war
mit Blumen bemalt, die leichten Schränke in braun-gold-bronce mar-
moriert, .... das Kinderzimmer .... ließ sie mit hellblauem Kaschmir
ausschlagen, auf den ihre kunstfertigen Hände Edelweißblumen und Engels-
köpfchen gestickt hatten, das Bettchen .... war mit lichtblauem Kaschmir
bekleidet, darüber auf Goldgestell, das sie selbst mit Goldlack bestrichen,
eine Draperie. . . ."

Jch bin am Ende meiner Kraft, ich gebe den Kampf auf und will
nie wieder einer „Richtung" folgen. Jch habe Kochs „Deutsche Kunst
und Dekoration" vom ersten bis zum letzten Heft durchstudiert und
nirgends auch nur eine Andeutung gefunden, daß die in der Broschüre
verkündeten Anschauungen aus der jetzigen Bewegung hervorgehen, sie
gewissermaßen krönen würden. Wie soll ich den Vertrieb der Broschüre
mit dem oft und laut verkündeten „Programm" des Kochschen Verlags
in Einklang bringen? Mein Mann, der leider nicht auf der Höhe der
Zeit steht, antwortete mir: „Ein Programm ist nur für die Dummen".
Nun raten, nun helfen Sie Jhrer verzweifelnden Abonnentin.

Lose kläiter.

Geälckte vori RickLrä Sckaukal.

Vorbemerkung. Mil den folgenden Gedichten stellcn wir den Lesern
einen unsrer Jungen vor, den in Mährisch Weißkirchen als Arzt lebenden Richard
Schaukal. Er bietet schon vicles, aber er verspricht noch mchr, denn seine Ent-
wicklung ist wirklich vorwärts gegangen, vorwärts vom dekadenten Anempfindcn
und Posen zur natürlichen Aufrichtigkeit. Schaukals Jarbenskala ist noch nicht
gerade reich, er spielt oft auf denselben Tönen und scheint uns in seinen Ge-
dichtbüchern auch mehr Unwichtiges als nötig abzudrucken, da es ihm keines-
tlunstwart

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