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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 17 (1. Juniheft 1901)
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Kunowski, Lothar von: Durch Kunst zum Leben: Selbstanzeige
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0210

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hang in der gesamten Kunstgeschichte rvir nicht außer Acht lassen, wiewohl wir
den Künstler in sein Spezialgebiet begleiten und die Mittel zur Selbstbestim-
mung des Geistes untersuchen. Jm sittlichen Leben, in der Liebe wurzelt der
Genius, der Traditionen nicht fürchtet, sondern sich dicnstbar macht, um per-
sönlichen Erlebnissen zu allgemein-verständlichem Ausdruck zu verhelfen.

Jch hoffe, daß diescs Buch nicht nur dem bildonden Künstler, sondern
allen, die ihr Anschauungsvermögen zu entwickeln und dadurch scharfsichtiger
für alles Lebendige zu werden trachten, willkommen und der Ueberlegung wert
erscheinen wird. Je entschiedener das deutsche Volk sich anschickt, die Wirklich-
keit zu formen und zu bilden, statt bloß zu denken und zu dichten, um so
inniger muß eines jeden Verhältnis zu der Kunst werden, die Vorbild jeder
Lebenskunst und sichtbaren Formengebung ist.

Lothar von Aunowski.

Lose kläller.

Kus cler krLcklese von frieckricl» I)ebbels lZrieken.

Vorbemerkung. Die beiden Bände, die eben R. M. Werner alS
„Nachlese" Hebbelscher Briefe bei B. Behrs Verlag sE. Bock) in Berlin heraus-
gegeben hat, enthalten nicht etwa nur minder wichtige Korrespondenzen, als
die Bambergsche Sammlung, sondern eine ganze Anzahl von schr wertvollen
Stücken. Von Hebbels Wesselburner Zeit durch all seine Lebensjahro hin bis
nahe an seine Gruft begleitet der Leser den Briefschreiber, und manche nicht
unbekannte Seite Hebbels tritt jetzt in hellster Beleuchtung hcrvor. Wie lehr-
reich ist in dieser Beziehung allein der lange „Memorial" an seine „Wohl-
thäterin", die Schoppel Uebrigens ist keineswegs alles „angenehm", was wir
durch die unbeabsichtigte Selbstschilderung dieser Briefbestünde ersehen — mit-
unter glauben wir etwas von dem Fluch der „schlcchten Kinderstube" und des
Kampfs mit Armut und Beschränktheit zu spüren, wcnn wir selbst bci Hebbel
Züge des Kleinlichen und einen uns unoerständlichen Respekt oor äußcrlichen
Werten durchschimmern sehen oder, wenn er so blind ist, daß cr in Otto Ludmig
nur seinen„Mit-Esser" sieht und mit Verachtung von Richard Wagners „Krüppel-
holz" u. s. w. spricht. Wer sich dadurch crnstlich stüren ließe, zeigte nur, daß er
in der Bedingtheit des „Helden" durch seine Zeit das Tragische nicht zu er-
kennen vermöchte. Daß jcne Umstände Kleinliches bis an Hcbbel heranbrachtcn,
war tragisch, denn wenn einer seinem eigentlichen Wescn nach groß war, war
er's. Auch diese Briefe spiegeln an hundert Stellen dieses Unterthanmachen der
Welt unter den Genius, der thatsächlich wieder ihn beherrscht, dieses leiden-
schaftliche Erfassen des Seienden, um das Bild davon zum Weihegeschenk um-
zuschmelzen. Die folgenden Proben werden von der Bedeutsamkeit der Ver-
öffentlichung am besten zeugen.

(Talcnt und Gold.) Dies ist überhaupt mcin Unglück, ich verstehe
mich nicht auf das Bearbeiten der Goldminen meines Talents, oder viel-
mehr, ich zittre vor dem Fluch, der Jeden verfolgt, welcher mit dem Edelsten
des Geistes und dcs Herzens schmählichen Wucher treibt. Wenig Menschen
(heut zu Tage nur die Verschnittenen und die Lumpe l) sind so glücklich, in den
Bedürfnissen der Zeit zugleich ihre eigncn Bedürfnisse zu erblickcn; den Anderen
bleibt Nichts, als die hurte Wahl zwischen dem Gott und den Silberlingcn.
Noch Wenigere aber haben ein Recht, auf ihre Persönlichkeit ein Gcwicht zu
Aunstwart
 
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