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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 24 (2. Septemberheft 1901)
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Avenarius, Ferdinand: Zum Dürer-Bunde! Ein Aufruf
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0514

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Vierzehn Jahre lang schreiten wir nun unsern Weg. Mit den
Zeiten hat auch der Kunstwart sich geändert — die Klärung unserer
Ziele erlaubte neben dem Aufräumen allmählich ans Mitbauen zu gehn.
Auch über unsre Zeitschrift hinaus werden Bücher-, Bilder- und
Notenveröffentlichungen, „herausgegeben vom Kunstwart", beim Bau zu
stützen und zu ergänzen suchen. Und doch fragt es sich: sind wir jetzt nicht
so stark, daß wir neben dem Allen für unser deutsches Kunstleben ein großes
Untcrnehmcn weit über alle Kunstwart-Kreise hinaus versuchen könnten?
Dem Kunstwart selbst, so sehr er sich noch ausbreiten mag, sind ja
durch Form und Jnhalt die Grenzen immerhin enger gezogen als Gottlob
der deutschen Geistesregsamkeit bei „Gebildeten^ und „Ungebildeten"
überhaupt. Soll's besser, tiefer, echter werden, muß es aber aufgrünen
schier überall. Wie kommen wir da weiter, wenn wir nicht versuchen, uns
auch mit denen zu verbünden, von denen uns manchen Zielen gegenüber
Stand oder Bildung, Glauben oder Denken, politisches Meinen oder
sonstwclches Parteiwesen trennt, um die Ziele, vor denen wir Bundes-
genossen in voller Kopf- und Herzensüberzeugung sind, mit unsrer
gesammelten Kraft zu erstreben?

Jch denke heut nicht an das, was ich früher einmal von einem
idealen Bunde der Jntelligenz im Gegensatze zu unsern Goethebünden,
wie die meisten sind, gesagt habe. Zu den Aufgaben jenes Bundes
der Jntelligenz, die ich damals zu umschreiben suchte, ist auch heute die
Zeit noch nicht da, denn hier müßten Dinge, die vom politischen Partei-
leben beschlagnahmt worden sind, zunächst aus diesem herausgelöst
werden. Wäre dabei in unserm öffentlichen Hadern und Hetzen schon
Aussicht auf Erfolg? Wir wollen nicht ermüden, solch einem Bunde der
Geister vorzuarbeiten, aber ihn jetzt schon zu bilden, könute nur unpraktischer
Jdealismus versuchen, und unpraktischer Jdealismus ist ein Diamant
aus Thau. Wir brauchen einen, der schneiden kann. Schueiden auch,
was ganz ähnlich aussieht, wie er selber. Genug Gebiete aber, aus denen

Amrstwart 2. Septemberheft 190z

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