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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 17 (1. Juniheft 1901)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0222

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er wohl weitz, datz sie einst bedingend für ihn gewesen sind und die ihm trotz-
dem so fremdartig und ungehörig vorkommen, rvie das Märchen vom Pfann-
kuchenhaus. Das schwebte dem alten Goethe vor, als er seiner Biographie
den Vexirtitel Dichtung und Wahrheit gab, den er übrigens, so tief er den
Punct, auf den Alles ankommt, auch bezeichnet, aus Rücksicht auf's Philisterium
nicht hälte wählen sollen. ' (An Hedde, ;858.)

(Dank.) Am unglücklichsten ist der Mensch, wenn er durch scine
geistigen Kräfte und Anlagen mit dem Höchsten zusammen hängt und durch
seine Lebensstellung mit dem Niedrigsten verknüpft wird. Wenn es ihm auch
nach und nach durch die geistige Ausdehnung gelingt, seine Fesseln zu sprengen,
so geht ihm doch die reine Freude am Daseyn verloren und aus seinem Wesen
entwickelt sich etwas Herbes, Bitteres, worin andere einc Krankheit, aber keine
Sünde sehen sollten. Ein solcher Mensch sieht sich, trotz des ihm an- und
eingebornen Stolzes zu Zeit seiner Entwickelung gezwungen, ohne Wahl von
Jedermann, der eben will, sich Verpslichtungen auflegen zu lassen, und geräth
hiedurch in einen unausgleichbaren Zwiespalt mit sich selbst, indem er, der
all sein Denken und Sinnen auf das Geistige gerichtet hat, und der, was man
zuweilen gar an ihm rühmt, die irdischen Dinge nicht sclten zu gering schützt,
dennoch für eine unbedeutende Geldunterstützung, oder für einen mit Schaam
und Quaal besuchten Tisch cine ewige Dankbarkeit bezeigen soll. Wie der
Baum unmittelbar durch sein Grünen und Blühen für enipfangenen Regen
und Sonnenschein den Dank abträgt, so sollte auch der Mensch, dem man
seines Geistes wcgen Hülfe und Beistand leistet, durch Früchte des Geistes
seiner Erkenntlichkeit hiefür genug thun können; doch diese naturgemähe Art
der Compensation gefällt den wenigsten Wohlthätern, und zu einer anderen,
zur Erwiedcrung einer Empfehlung durch cine Gegen-Empfehlung u. s. w.,
findet sich die Gelegcnheit; so heih sie der Verpslichtete auch ersehncn mag,
nicht immer schnell genug. Der Wohlthäter, nicht erkennend, dah jeder Mensch
in seinem Wohlthun stets nur die Erledigung seiner pcrsünlichen Dankespflicht
gegen den höchsten Wohlthäter, gegen Gott, der ihm gnädig das fröhliche
Geben und dem Bruder das harte Nehmen zutheilte, sehen sollte, macht nun
gar leicht ungehörige Ansprüche, die er, wie sich von selbst versteht, für höchst
gerechte hält; der Verpflichtete hinwiederum kann sich nicht überzeugen, dah
eine Wohlthat, und wäre es dio gröhte, seine menschliche Freiheit aufheben
und ihn zum Sclaven eines sremdcn Willens machen könne, er behauptet mit
Würde seine heiligen Rcchte, und hofft, dah die Zukunft ihm eincn Anlah zur
Bethätigung seiner Dankbarkeit darbieten wird. (An Amalie Schoppe, ;8^o.)

Kunclsckau.

Liter»tur.

* Eine Berliner Gesell-
s ch af tssatire.

Heinrich Mann glaube ich wie-
derholt ini »Simplizissimus* begegnet
zu sein, ohne dah ich freilich seiner
Jndividualität ansichtig gewordcn
wäre: seine kleinen Geschichten dort
waren nicht anders als die der andorn
Erzähler auch, ein teils pikanter, teils
tkuastwart

spöttischer Zeitvcrtreib. Sein neues
Buch indeh, „Jm Schlaraffenland"
tMünchen, Langen, q Mk.) zeigt ihn
als einen Satiriker von nicht gcwöhn-
licher Begabung. Er schildert in die-
scm „Roman unter feinen Leuten",
wie ein armcr Teufel von Student,
dem das künftige Schulamt daheim
gar zu grau dünkt, mit Aufgcbot starker
 
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