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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 24 (2. Septemberheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0555

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Attgenierneres.

Runctsckau

* Unsere Rundschau fällt in
diesem Hefte recht dürftig aus. Das
liegt nicht an der stillen Sommerzeit,
sondern an Umständen, die mit einem
Wechsel der Druckerei zusammen-
hängen. Wir denken, die Leser werden
zur Nachsicht bereit sein, angesichts
der erfreulichen Mitteilung, daß der
Kunstwart-Verlag nun seine eigene
Druckerei bekommt. Schon unser
nächsteS Heft, das erste des fünfzehnten
Jahrgangs, das übrigens den Kunst-
wart auch in einem neuen Umschlag
zeigen wird, wird dort hergestellt
werden.

* Jn Sachen der „Arbeiter-
kunst"' schreibtuns Herrvr. H. Pudor,
daß es in seinem Aufsatze (Kw. XlV,
19, S. 253 oben) nicht heißen solle:
um Kunst, sondern um Kant ver-
stehen zu können, bedürfe es einer
gründlichen logischen und historisch-
philosophischen Schulung. Der Fehler
ist augenscheinlich von dem Maschinen-
schreiber gemacht worden. Natürlich
erübrigen sich durch diese Änderung
des Textes die Bemerkungen, die wir
an diese Stelle geknüpft haben.
lvusik.

* Von Gerhard Schjelderup
liegt nun der Klavierauszug eines in
Prag wiederholt aufgeführten Musik-
dramas „Norwegische H o chzeit"
(Leipzig, Breitkopf L Härtel) vor. Das
Werk bildet anscheinend die Probe auf
seine im Kunstwart s. Zt. entwickelten
Grundsätze, und dieser Umstand ver-
anlaßt mich — ähnlich wie wir's mit
dem künstlerischen Schaffen unserer
regelmäßigen Mitarbeiter halten —
darüber mehr im Ton einer Anzeige
denn einer Kritik zu berichten. Wie
starke Anregungen die dramatische und
erzählende Wortdichtung von Nor-
wegen her empfangen hat, besagen die
blotzen Namen Jbsen und Björnson.
Jn der Tonkunst haben Kjerulf, Grieg,
Sinding überall Geltung als Vertreter
Kunstwart

des „nordischen Stils". Nur musik-
dramatische Jmpulse sind von Skan-
dinavien bisher nicht ausgegangen,
und es wäre gar nicht unwahrschein-
lich, daß auch da ein neuer, noch nicht
ausgeschüpfter srischer Quell zu Tage
spränge. Schjelderup, der erste nennens-
werte nordische Musikdramatiker, hat
das Jdeal der Wirklichkeitsoper auf
seine Fahne geschrieben. Er holt seine
Stoffe aus dem Volksleben, worin,
wie er glaubt, die seelischen Kräfte
des Menschen ursprünglicher und reiner
zu finden sind, er will den idealen
Reichtum des wirklichen Lebens auf-
zeigen. Das ist ein Gedanke, den der
Verismo seinerzeit tothetzte (Schjel-
derups Werk ist vor der „Cavalleria"
entworfen worden), der aber, in ehr-
licher Weise durchgesührt, ohne Zweifel
eine Erweiterung deS künstlerischen
Bodens bedeutet. Schjelderup ist ein
ehrlicher Künstler, aber sein Werk ist
ein ttebergangsprodukt, noch kein reiner
Typus, er wird sich noch mehr aus
dem Bannkreis Wagners reißen müssen.
Denn das junge Küchlein der rea-
listischen Volksoper steckt noch halb in
der Wagnerianischcn Eierschale. Jch
gehöre nicht zu denen, die in jedem
chromatischen Motio, in jedem ver-
minderten Septimakkord den„Tristan",
in jedcm pochenden Hornrhythmus,
in jeder wilden Geigensigur die „Wal-
küre" wittern, und doch bezeichnen
diese Werke die Punkte, wo Schjelde-
rup mit den beiden Polen seines
Wesens sich anlehnen konnte. Charak-
teristisch für dcn Norweger ist ja das
eigentümliche Jn- und Nebeneinander
rauher, ja roher Kraft und zartester
Fühlsamkeit, wie wirs schon in der
Edda, in den Balladen und Söjur
finden. Seine Phantasie hat etwas
Grausames, Kaltes, Erhabenes, das
den eisstarrenden Felsbergen seiner
Heimat verwandt ist, abcr sie ist ander-
seits nicht minder schöpferisch in jenem
süßen, überschwänglichen Fühlen, das
 
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