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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 14 (2. Aprilheft 1901)
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Rundschau
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Unsre Noten und Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0096

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den äuhcrn Schmuck, den Flitter, den
Farbenwiderschein, die umgebende Na-
turschönheit zum Wesen eines Frauen-
bildes; denn was ich von einem Ding
nicht trennen kann, das gehört zu
seineni Wesen. Da nun jeder Mcnsch,
selbst der nüchternste, sciue Seclcn-
eindrücke nicht durch den Verstand,
sondern durch die Phantasie erhült, da
ferncr farbige uud glänzcnde Eindrücke
sich am tiefsten cinhaken, da cndlich
des Mannes Herz hauptsächlich durch

optischen Schwefel und Phosphor ent-
zündet wird, darum schmücken sich die
Frauen. Jhr Jnstinkt sagt ihnen, daf;
ein Naturgesetz <ich meine das Gesetz
von der Unteilbarkeit der Phantasie-
bilder) auch den weisesten und er-
fahrensten Mann, trotz aller Bcsser-
wisserei scines Vcrstandes, immer
wieder uiiauSweichlich dazu zwingt,
den szenischen Appnrat dem Wert der
kleinen Schauspielerinnen beizuzählcn.

Larl 5pitteler.

Unsre I^olen uncl Lilcler.

Unsere Musikbeilage bringt nachträglich das durch einen böson Zufall
im >2. Hest vertauschte Zechlied vom alten Thomaskantor Schein, dessen
Werke jetzr bei Breitkopf und Härtel von vr. Prüfer ncu h crausgegeben
wcrden. Ferner ein Lied von Franz Mikorep, auf dessen Begabung im
Kunstwart bereits öfter hingewiesen wurde. Das seinem op. ,o cntlchnte Stück
mag dem als Ergänzung dienen. Das betreffende, Freunden des Licdersangs
bestens zu cmpfehlende Liederheft enthält unter anderem noch cinen sehr
stimmungsvollen Gesang „Blühender Mohn" und ein frischzugigcs Wandcr-
lied; erschienen ist es im Verlage von Alfred Schmid (Unico Hensel) in
München.

Daß wir als erstes unsrer dicsmaligen Bilder dcn Lesern Böcklins
»Gestade der Seligen" bringen dürfcn, vcrdanken wir dcm liebenswürdigen
Entgegenkommen der Verlagsbuchhandlung Phil. Reclam in Leipzig, die üver
das Veroielfültigungsrecht dieses hcrrlichen Bildes für dcn Buchdruck zu ver-
fügen hat. Jn die Schöpfung des Werks spielt jene Szene aus dcm zweiten
Teile des Faust hincin, die uns Chiron und Heleua zcigt — wer aber von
dieser Vision erst in der Tiefe bcrührt ist, dem wird Chiron wie Helena glcich-
gültig — weil er selbsl diese wunderbare Traumlandschast mit erlebt. Sie
zeigt vollendet ausgereist, was in Böcklin bei der „Jnscl dcs Lcbens" erst
aufblühte. Sehen wir nicht ins Elysium hinein? Jn ein hellenisches Selig-
keitsland, in deni alles in Schönheit aufgegangen und der Gottesdienst Tanz
gcworden ist? Tiefblau der Himmel, über dem die Wolken schwimmen, weisz
wie die Schwäne in seinem Spiegelbilde, der azurnen Flut; cwig frühlings-
grün das Land und von ewigen Blumcn durchblüht; in den Bäumcn Säusel-
wind, der niemals schweigt und Vogelgesang, bis in die Fernen hin, wo d er
Himmel zur Erde in Liebe niedcrsteigt. —

Die Bilder zu S ch ultzc-N au m b urg s Aussatzc erklärt dieser Aufi'atz
selbst. Wir halten die „Kulturarbeiten", von dcnen er handelt, mit sür die
allerwichtigsten unserer Zeit, insofern die ästhetische Kultur in Fragc kommt und
noch ein großes Stück in die sittiiche Kultur hinein. Deshalb bitten wir all
unsre Frcunde, gerade jetzt zur wiedcr beginucndcn Bauzeit diese Fordcrungen
nach wahrhaftigcm Ausdruck recht in Auge und Herzen zu halten.

^i Jn letzter Stunde. sA.) — Der Hcrzog Wildfang-Rummet. Von

Richaid Batka. — Kulturarbeiten. y. Von Paul Schultze-Naum-
burg. — Ueber Gartenkunst. Von Camillo Karl Schneider. — Sprechsaal:
Noch einmal: Das Deulsch in der Schule. Von Bruno Baumgarten. — Lose
Blätter: Aus Gcrhart Hauptmanns „Michael Kramcr". — Rundschan. — No-
tenbeilage: Johann H. Schein, Trinklied; Franz Mikorey, Lied. — Bilderbei-
lagen: Arnold Böcklin, Gestade der Seligen; Abb. -<2—-fy zu Schultze-Naum-
burgs Aufsatz „Kulturarbeiten".
 
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