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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 23 (1. Septemberheft 1901)
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Weber, Leopold: Österreichische Provinzkunst
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Schwindrazheim, Oskar: Von deutscher Bauernkunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0466

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Auch Ludwig von Fickers Drama „Und Friede den Menschen"
ist ein Heimatswerk mehr dem Stoff und dem Dialekt als dem Wesen
nach. Mir wenigstens stellt es sich als ein jugendlich unreifes Tendenz-
stück dar, in dem der Auror die eigne Empörung gegen konfessionell ver-
härtete Priesterstrenge ungeschickterweise seinen Tirolerleuten in den Mund
legt; dic werden nämlich kaum in größerer Anzahl Partei gegen den
Priester ergreifen, wenn dieser eine Sterbende nicht absolviert, die ihm
die Reuerklärung verweigert.

Die Skizzen und Novellen „Staub" des Freiherrn Philipp von
Bittersdorf endlich halten sich überhaupt unter dem Niveau des für
den Kunstwart Besprechenswerten; sie sind einfach zu unbeträchtlich;
die Nührseligkeit, die sich darin auf Kosten der Lebenswahrheit breit
macht, reiht sie den kurzen Feuilletonerzählungen in den Tages-
blättern an.

Zum Schluß möchte ich mich noch ausdrücklich dagegen verwahren,
als ob ich mich mit diesen Ausführungen gegen die östreichische Heimats-
kunst an sich wenden wollte; ich wüßte wahrhaftig nicht, aus welchen
Gründen wir im Reich uns feindselig ihr gegenüber verhalten sollten.
Die echte neue soll uns jederzeit willkommen sein, wie die alte, die
eines Anzengruber und Rosegger und auch eines Pichler, bei uns ge-
schätzt und geliebt war und bleiben wird. x. weber.

Von cleulscker kauernkunsk.

Die deutsche Bauernkunst ist tot! Lang und breit, schwarz auf
weiß hat man's schon bewiesen gelesen, daß sie tot sein muß, und
warum sie tot sein muß. „Von den Toten nur Gutes" — ein paar
anerkennende Worte, ein „Lebensläufle" wie man in Schwaben sagt,
wie's der Pastor jedem Verstorbenen spendet, und damit hat man sie
begraben — gewähnt. Was hat man in der Kunst nicht schon alles
zu begraben gewähnt! Jede neue Richtung, jeder neue Stil hat erst
den Vorgänger tot geschlagen, dann, nachdem man meinte, er sei ganz
und gar unwiderruflich mausetot, hat man, dadurch selbstverstündlich mild
gestimmt, ihn unter anerkennenden Worten — für seine Zeit habe er
alles Mögliche geleistet, manchmal sei er sehr nett gewesen u. s. w. —
begraben, mit Nummer versehen und seinen Namen in das große Ne-
gister, die Kunstgeschichte, eingetragen. Aber merkwürdig, wenn wir die
Kunstgeschichte durchblättern, finden wir, daß so ein Totgeschlagener sehr
oft wieder aufgestanden ist und in verjüngter Gestalt ganz fröhlich lange
Zeit wicdcrum geherrscht hat.

Die Antike war doch gewiß sehr tot, als die Gotik in Europa
herrschte, und trotzdem sehen wir sie in der Renaissance wieder die erste
Violine spielen. Ja, wir sehen sie im Empire, etwas geschwächt zwar —
sie hatte sich wohl nicht lange genug ausgeruht — nochmals aus Ruder
gelangen. Mit der Gotik, mit dem Rokoko und anderen Stilen ist's
gerad so gegangen. Und wie auf dem Gebiete der Architektur und des
Kunstgewerbes, so ist es auch in Malerei und Bildhauerei des öftern
so gewesen, daß eine Kunstart, die man für völlig abgethan hielt,
nach so und soviel Zeit wieder auslebte. Das Mißtrauen, welches

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